Hintergrund

Berlin wäre kein Novum Koalitionen ohne Sieger - das gab es bereits

Stand: 12.02.2023 22:15 Uhr

Eine Regierung ohne die Wahlsieger? In Berlin ist das rechnerisch möglich. In anderen Bundesländern und auch im Bund gab es diese Konstellation bereits. Profitiert hat davon in der Vergangenheit auch ein amtierender Ministerpräsident.

Nach der Abgeordnetenhauswahl in Berlin ist auch eine Koalition ohne Beteiligung der Wahlgewinner von der CDU möglich. Dazu müssten SPD, Grüne und Linke trotz der Unzufriedenheit der Wähler ihre Zusammenarbeit fortsetzen.

Neu wäre dieses Modell nicht: Auch in anderen Bundesländern gab es bereits Regierungen ohne die stärkste Landtagsfraktion - zuweilen gab es nur einen Abstand von einem Sitz zum regierenden Zweitplatzierten, mitunter aber auch einen viel größeren. Eine Auswahl:

Kretschmann, Ramelow und von Beust haben es vorgemacht

Als der Grünen-Politiker Winfried Kretschmann 2011 in Baden-Württemberg erster Ministerpräsident seiner Partei wurde, stellte die CDU trotz Verlusten mit 60 Sitzen die stärkste Fraktion im Stuttgarter Landtag. Doch Grüne (36 Sitze) und SPD (35 Sitze) bildeten eine Koalition gegen Schwarz-Gelb (zusammen 67 Sitze). Damals war die Zufriedenheit mit der Regierung von CDU-Ministerpräsident Stefan Mappus allerdings noch niedriger als nun in Berlin.

Auch in Thüringen wurde die Regierung an der stärksten Fraktion vorbei gebildet, als der Linken-Politiker Bodo Ramelow 2014 erstmals zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Damals holte seine Partei 28 Sitze im Parlament - sechs weniger als die CDU. Zusammen mit SPD und Grünen reichte es aber für die notwendige Mehrheit von 46 Sitzen.

Die CDU des Hamburger Bürgermeisters Ole von Beust erreichte nach der Wahl 2001 33 Sitze in der Bürgerschaft. Stärkste Kraft war damals die SPD mit 46 Mandaten. Von Beust schaffte aber zusammen mit 6 Sitzen der FDP und 25 Sitzen der Schill-Partei den Sprung an die Spitze des Rathauses.

Brandt wurde Kanzler mit zweitstärkster Fraktion

Auch auf Bundesebene gab es bereits Regierungen ohne die stärkste Fraktion: Als Willy Brandt 1969 zum ersten SPD-Bundeskanzler gewählt wurde, hatte die CDU/CSU-Fraktion 13 Sitze mehr als die Sozialdemokraten. Doch zusammen mit den 31 Sitzen der Liberalen stand die SPD/FDP-Mehrheit im Parlament.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die ARD am 12. Februar 2023 ab 17:45 Uhr.