Wahlkreiskarte Niedersachsen

Landtagswahl in Niedersachsen Wo die Parteien ihre Hochburgen haben

Stand: 10.10.2022 13:18 Uhr

Die Grünen haben ihre Hochburgen in den Städten - mit Ausnahmen. In den katholischen Ecken Niedersachsens wählte man CDU, an der Nordsee war die SPD spitze. In einer Stadt ist die AfD auffallend stark.

Von Holger Schwesinger, tagesschau.de

Volksparteien mit klaren Hochburgen - auch beim Glauben

In Niedersachsen gibt es noch etwas, was bei Landtagswahlen in Deutschland sonst zur Seltenheit geworden ist: zwei Volksparteien, die klare Hochburgen haben. So sind der Nordwesten und der Südosten des Bundeslandes traditionell eher rot, der Südwesten und der Nordosten eher schwarz. Grundsätzlich ist das auch bei dieser Wahl so geblieben - allerdings mit einigen Verschiebungen zugunsten der SPD. In insgesamt acht Wahlkreisen, in denen 2017 noch die CDU die stärkste Kraft war, ist dies nun die SPD - wenn auch oft nur mit eher geringem Vorsprung.

Die klaren Hochburgen der SPD liegen aber auch 2022 in den Regionen, in denen sie traditionell stark ist: Landesweit kommt sie auf 33,4 Prozent, in einigen Wahlkreisen im Nordwesten an der Nordsee hingegen auf mehr als 40 - mit einem Spitzenwert von 43,4 Prozent in Emden/Norden. Werte nahe 40 Prozent erreicht sie aber auch im Südosten - am und im Harz.

Die Hochburgen der CDU liegen hingegen weiterhin im sehr ländlich geprägten Südwesten des Bundeslandes - mit einem Spitzenwert von 46,7 Prozent im Wahlkreis Vechta. Der Abstand zum landesweiten Ergebnis ist hier noch größer als bei der SPD: Im Landesschnitt kommt die CDU auf 28,1 Prozent - fast 19 Prozentpunkte weniger als in Vechta.

Und noch etwas zeigt sich in Niedersachsen, was ansonsten in vielen Bundesländern keine Rolle mehr spielt: Es scheint einen Zusammenhang zwischen präferierter Partei und Konfession zu geben: Die überwiegend katholischen Ecken des Landes sind fast alle CDU-Hochburgen. Und auch ein Blick auf die Daten der Wahlforscher von infratest dimap zeigt: Unter Katholiken kommt die CDU auf 44 Prozent, unter Protestanten nur auf 29. Die SPD hingegen erreicht bei den Protestanten 37 Prozent, bei den Katholiken nur 28.

Grüne (nicht nur) in Großstädten stark

Die Grünen sind eine Partei, die traditionell vor allem in Großstädten stark ist. Das zeigt sich auch in Niedersachsen erneut - wobei es hier auch ein paar Ausreißer gibt. Als Großstadt gilt nach geographischer Definition alles ab 100.000 Einwohnern - und davon gibt es in Niedersachsen sechs (Hannover, Braunschweig, Oldenburg, Osnabrück, Wolfsburg, Göttingen) plus zwei, die so gerade über dieser Grenze liegen (Salzgitter, Hildesheim).

Landesweit kommen die Grünen auf ein Stimmenanteil von 14,5 Prozent, in großstädtisch geprägten Wahlkreisen ist es oft das doppelte: in Oldenburg-Mitte/Süd 28,5 Prozent, in Hannover-Mitte 32,6 Prozent und in Göttingen-Stadt sogar 33,5 Prozent. Aber es gibt auch kleinere Städte wie Lüneburg oder ländliche Regionen, in denen sie auffällig gut abschneiden. Im Wahlkreis Lüneburg - der neben der Stadt auch Umlandgemeinden umfasst - kommen sie auf 26,1 Prozent, im sehr ländlich geprägten Wahlkreis Elbe immerhin noch auf 18,1 Prozent.

In letzterem profitieren die Grünen mutmaßlich vom Thema Atomkraft, denn hier liegt auch das Wendland, wo viele Bürger über Jahrzehnte gegen ein geplantes Atommüll-Endlager protestiert haben. In den anderen Grünen-Hochburgen hat es viel mit der Bevölkerungsstruktur zu tun. So ist Lüneburg ähnlich wie Göttingen oder Oldenburg eine sehr studentisch geprägte Stadt mit vielen jungen Wahlberechtigten mit hoher Bildung. Beides sind Merkmale - das zeigen die Daten von infratest dimap immer wieder - die bei den Grünen eine große Rolle spielen. Und genau in solchen Städten ist es den niedersächsischen Grünen erstmals auch gelungen, Direktmandate bei einer Landtagswahl zu gewinnen: eines durch die Spitzenkandidatin Julia Willie Hamburg in der Landeshauptstadt Hannover, die beiden anderen in Göttingen und Lüneburg.

Umgekehrt gibt es in Niedersachsen aber auch Großstädte, in denen sich die Grünen schwer tun. Das ist zum einen Wolfsburg, eine Stadt, in der mehr als 60 Prozent der Beschäftigen in der Industrie arbeiten - die allermeisten bei VW. Hier kommen die Grünen nur auf 11,8 Prozent - was klar unter ihrem Landesschnitt liegt. Zum anderen ist das der Wahlkreis Salzgitter - der ebenfalls stark industriell geprägten "Soeben-Großstadt". Hier sind die Grünen mit 8,3 Prozent sogar nur einstellig.

Wo die Grünen stark sind, ist die AfD schwach

Blickt man auf die Wahlkreiskarte von Niedersachsen zeigt sich eine Tendenz recht deutlich: Wo das Grün besonders satt ist, ist das Blau eher blass - und umgekehrt. Landesweit erreicht die AfD 10,9 Prozent. In allen oben beschriebenen "Grünen-Hochburgen" bleibt sie einstellig, in Göttingen wäre die AfD sogar an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Ausnahme von dieser Logik ist der Landkreis Elbe, was damit zu tun haben dürfte, dass der flächenmäßig sehr groß ist und sehr unterschiedlich strukturierte Gemeinden umfasst.

Allerdings hat die AfD nicht so deutlich herausragende Hochburgen wie die Grünen. Der Abstand zwischen dem Landesschnitt von 10,9 Prozent und dem besten Wahlkreisergebnis liegt bei 7,5 Prozentpunkten. Diesen höchsten Stimmanteil erreicht die AfD im industriell geprägten Salzgitter mit 18,4 Prozent - womit dieser Wahlkreis eine Art Ausreißer nach oben bildet. Ansonsten finden sich aber noch relativ viele Wahlkreise, in denen die AfD zwischen 13 und 15 Prozent liegt. Die sind quer übers Land verteilt und teils - wie Delmenhorst bei Bremen - eher städtisch, teils - wie Leer oder Walsrode - eher ländlich geprägt.

Die FDP hat keine Hochburg

Und die FDP? Sie musste in allen niedersächsischen Wahlkreisen Verluste hinnehmen. Landesweit kommt sie auf 4,7 Prozent, den niedrigsten Stimmenanteil erreicht sie mit 3,3 Prozent in Salzgitter. Am besten abgeschnitten hat sie mit 6,7 Prozent in Diepholz - von einer Hochburg kann man bei einer statistisch derart geringen Abweichung aber nicht sprechen.

Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 09. Oktober 2022 um 23:00 Uhr.