
Waffenlieferungen Was den "Leopard" so wertvoll macht
Seit Monaten drängt die Ukraine auf die Lieferung deutscher "Leopard"-Kampfpanzer. Warum ist der so wertvoll für Kiew? Was zeichnet den "Leopard" aus - und was könnte ein Problem sein?
Die Ausgangslage
Bislang hat kein Land Kampfpanzer westlicher Bauart an die Ukraine geliefert. Mehrere NATO-Länder kündigten dies aber inzwischen an, etwa Großbritannien. Die Briten sagten 14 schwere Panzer des Typs "Challenger 2" zu.
Die Ukraine drängt aber vor allem auf deutsche Kampfpanzer vom Typ "Leopard 2". Polen und weitere EU- und NATO-Staaten würden wohl eigene "Leopard"-Panzer an die Ukraine liefern, brauchen dafür aber eine Genehmigung des Herstellerlands Deutschland. Und die hat die Bundesregierung bislang nicht erteilt. Kanzler Scholz sperrte sich bislang gegen die Lieferung deutscher Kampfpanzer vom Typ "Leopard 2" - mit dem Argument, es dürfe keinen deutschen Alleingang geben. Sollten die USA aber ihrerseits der Ukraine eigene "Abrams"-Kampfpanzer liefern, würde auch Deutschland "Leoparden" zur Verfügung stellen.
Danach sieht es aber bislang nicht aus. Gründe dafür könnten die aufwendige Instandhaltung und Ausbildung an dem "Abrams"-Kampfpanzer sein. Der Panzer sei ein "sehr kompliziertes" Rüstungsgut. Er sei teuer, erfordere eine schwierige Ausbildung und verbrauche mit seinem Turbinenantrieb sehr viel Treibstoff. "Es ist in der Wartung nicht das einfachste System", sagte sagte US-Verteidigungsstaatssekretär Colin Kahl.
Bewegung in der Panzerfrage könnte es am Freitag geben. Dann treffen sich die NATO-Verteidigungsminister und weiterer Länder, um über eine Aufstockung der Militärhilfen für die Ukraine zu beraten. Es ist der erste Auftritt des neuen deutschen Verteidigungsministers Boris Pistorius auf internationaler Bühne.
Warum will die Ukraine "Leopard"-Panzer?
Bisher hat sich die Ukraine hauptsächlich auf T-72-Panzer aus der Sowjetära verlassen. Einige davon hat sie auch von russischen Truppen erbeutet. Kiew fordert die Lieferung deutscher Kampfpanzer vom Typ "Leopard 2". Das Modell ist den russischen Panzern technisch überlegen.
Die Ukrainer wollen mit ihm gegnerischen Linien in dem zuletzt eher statischen Stellungskrieg durchbrechen. Die Panzer seien nötig, "um unsere Energieinfrastruktur zu retten, um die Ukrainer vor den Verbrechen zu retten", hatte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba beim Besuch seiner deutschen Amtskollegin Annalena Baerbock in der Ostukraine betont: "Je länger diese Entscheidung braucht, umso mehr Menschen werden aufgrund der fehlenden Bewaffnung der ukrainischen Armee sterben."
Das von Russland angegriffene Land ist nahezu komplett von westlichen Waffenlieferungen abhängig. Die Bundesregierung hat neben leichten Waffen und Munition bereits schwere Panzerhaubitzen, Flugabwehrsysteme und den Flakpanzer "Gepard" geliefert. Zudem wurde die Lieferung von 40 Schützenpanzern des Typs "Marder" bis Ende März zugesagt. Das spricht aus Sicht des Reservistenverbandes der Bundeswehr auch für die Lieferung von "Leopard"-Panzern. Die "Marder"-Panzer würden im Verbund mit dem "Leopard" ihre größte Wirksamkeit entfalten.
Die Ausbildung ukrainischer Soldatinnen und Soldaten an den "Mardern" dauert mindestens vier bis acht Wochen. "Wir sollten, parallel zur Ausbildung ukrainischer Soldaten am Schützenpanzer 'Marder', mit der Ausbildung am 'Leopard 2' beginnen", forderte FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Sie plädiert seit Monaten für die Lieferung deutscher Kampfpanzer an die Ukraine.
Was macht den "Leopard" so wertvoll?
Er ist gut 60 Tonnen schwer, etwa zehn Meter lang und gilt als einer der besten und modernsten Kampfpanzer der Welt: Die aktuelle Version des Kampfpanzers ist der "Leopard 2 A7". Sie wird seit 2014 ausgeliefert. Das deutsche Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei Wegmann hat seit Beginn der Produktion im Jahr 1978 mehr als 3500 "Leopard 2"-Panzer gebaut.
Seine Hauptwaffe ist eine 120-Millimeter-Glattrohrkanone. Damit können nach Angaben der Bundeswehr Ziele in einer Entfernung von mehreren Tausend Metern stehend und fahrend getroffen werden. Seine maximale Kampfentfernung beträgt demnach 5000 Meter. Die Vorteile des "Leopard" liegen nach Darstellung des Bundeswehr in der Kombination von Feuerkraft, Panzerschutz und Beweglichkeit. Er ist bis zu 70 km/h schnell. Der "Leopard 2" läuft mit einem vergleichsweise sparsameren Motor, der Diesel verbrennt.
Neben Deutschland nutzen ihn mindestens 14 weitere Nationen in verschiedenen, angepassten Varianten.
Warum kommt es auf Deutschland an?
Deutschland spielt in der Debatte um den "Leopard" eine Schlüsselrolle, nicht nur was eigene Kampfpanzer betrifft. Der "Leopard" wurde in Deutschland entwickelt, und in der Regel muss die Weitergabe von Rüstungsgütern aus deutscher Produktion an Dritte genehmigt werden. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums sind dafür Reexportgenehmigungen nötig. Die Vorgaben dafür seien im Kriegswaffenkontrollgesetz und im Außenwirtschaftsgesetz geregelt.
Vor allem Polen macht politischen Druck für eine Lieferung von "Leopard"-Kampfpanzern, aber Rufe danach gibt es auch aus Finnland. Die Anträge auf Weitergabe von Kriegswaffen waren in der Vergangenheit oftmals nur noch eine Formalie, nachdem politische Details geklärt waren - und sind insofern nicht etwa als zwingender erster Schritt zu verstehen.
Kann Deutschland überhaupt "Leopard"-Panzer liefern?
Das ist umstritten. Der Rüstungskonzern Rheinmetall wies kürzlich darauf hin, dass er etwa ein Jahr für die Instandsetzung alter "Leopard-2"-Panzer brauche. In der "FAZ" relativierte Rheinmetall-Chef Armin Papperger zuletzt seine Aussage. Die Rüstungsindustrie könne doch schneller liefern.
Deutschland müsste auf die Bestände der Bundeswehr zugreifen. Wie viele Panzer es dort gibt, ist unklar. Genauere Angaben zu Stärken, Ausstattungen von Verbänden oder Einheiten wolle man aus Gründen der militärischen Sicherheit nicht machen. Die Bundeswehr selbst hat für das Jahr 2025 einen Zielbestand von 320 Kampfpanzern "Leopard 2A7V", aber selbst alle älteren Modelle wie die Version "2A4" abgegeben.
Der ehemalige Bundeswehr-General Hans-Lothar Domröse sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, er rechne damit, dass die Bundesregierung "Leoparden" aus dem Bestand der Bundeswehr freigebe und mutmaßte über eine Stückzahl "im niedrigen zweistelligen Bereich".
Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, ist da skeptischer. Man müsse abwägen, ob die Bundeswehr die Kampfpanzer wirklich entbehren könne, hatte sie der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gesagt. Die Bundeswehr habe selbst nicht genug Material.
Gibt es rechtliche Bedenken?
Wie auch schon bei anderen Waffenlieferungen dürfte Deutschland auch mit der Lieferung von Kampfpanzern aus völkerrechtlicher Sicht nicht zur Kriegspartei werden. Das sieht auch Bundesjustizminister Marco Buschmann so: "Die Ukraine befindet sich im Recht, weil sie einen Selbstverteidigungskrieg führt." Nach dem Völkerrecht dürfe Deutschland der Ukraine dafür Waffen liefern. "Wir werden dadurch nicht zur Kriegspartei. Egal, welche Qualität die Waffen haben", sagte Buschmann.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier machte bei der Ernennung von Pistorius zum Verteidigungsminister klar: Deutschland sei nicht im Krieg, aber man müsse nun "auf Bedrohungen reagieren, die auch auf uns zielen". Pistorius hatte zuvor davon gesprochen, dass Deutschland indirekt an einem Krieg beteiligt sei. Die westlichen Verbündeten der Ukraine betonen ungeachtet der Waffenlieferungen stets, nicht selbst Kriegspartei zu sein. Die Staaten des Verteidigungsbündnisses NATO sind militärisch nicht direkt an dem Konflikt beteiligt.