Karl Lauterbach

Corona-Auflagen "Schwachsinn" Bayern weist Lauterbachs Kritik zurück

Stand: 10.02.2023 21:11 Uhr

Zuletzt hatte Gesundheitsminister Lauterbach mehrfach Kritik an vergangenen Corona-Auflagen geäußert. Nun nannte er manche Maßnahmen sogar "Schwachsinn" - und hatte dabei vor allem Bayern im Blick. Die Reaktion aus München kam prompt.

In der Corona-Pandemie machte sich Karl Lauterbach als SPD-Abgeordneter immer wieder für strikte Auflagen stark, um das Virus einzudämmen. Seit Dezember 2021 ist er nun Bundesgesundheitsminister. In den vergangenen Wochen erlaubte er sich allerdings immer wieder Kritik an Maßnahmen, die während der Pandemie verhängt worden waren.

Lauterbach: Länder massiv überreizt

Erst Ende Januar hatte Lauterbach in einem Interview mit dem ARD-Morgenmagazin gesagt, er sehe die Dauer der Schließungen von Schulen und Kitas im Rückblick als unnötig an. Der Kenntnisstand damals sei nicht gut genug gewesen. Diese Kritik wiederholte er am Donnerstag in der ZDF-Sendung "Markus Lanz" und wurde hinsichtlich anderer Maßnahmen noch deutlicher.

"Was Schwachsinn gewesen ist, wenn ich so frei sprechen darf, sind diese Regeln draußen", sagte Lauterbach. Er bezog sich etwa auf das zeitweise ausgesprochene Verbot, ohne Maske joggen zu gehen. "Das ist natürlich klar, das sind Exzesse gewesen", sagte Lauterbach. Die Länder hätten massiv überreizt, insbesondere Bayern.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach

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Holetschek: Bayern war Vorbild

Bei Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek kam diese Kritik nicht gut an. Bayerns Corona-Kurs sei zwar konsequent gewesen, aber man habe mit Augenmaß auf neue Entwicklungen reagiert und Freiheiten ermöglicht.

"Lauterbach müsste eigentlich wissen, dass Bayern in wichtigen Bereichen Vorbild war", sagte Holetschek. Das Land habe frühzeitig damit begonnen, an Schulen zu testen, um Präsenzunterricht gewährleisten zu können.

Insgesamt gesehen fiel Lauterbachs Bilanz knapp drei Jahre nach Beginn der Pandemie aber positiv aus. "Wir sind gut durchgekommen." Dank des vorsichtigen Vorgehens sei die Sterblichkeit in Deutschland trotz der alten Bevölkerung niedriger gewesen als in anderen Ländern, sagte er in der ZDF-Sendung.

Kubicki legt Lauterbach Rücktritt nahe

FDP-Vize Wolfgang Kubicki, dessen Partei immerhin Koalitionspartner der SPD ist, sieht das völlig anders und legte dem Bundesgesundheitsminister sogar den Rücktritt nahe. Die Corona-Politik der vergangenen habe besonders bei Kindern und Älteren versagt, so Kubicki. Kindern seien mit bewusster Angsterzeugung Lebenschancen genommen worden, Ältere in Altenheimen seien menschenunwürdig behandelt worden.

Lauterbach sei einer derjenigen gewesen, "die daran mitgewirkt haben, kritische wissenschaftliche Stimmen auszugrenzen, Panik selbst zu schüren und die Grenzen des Verfassungsstaates zu verschieben", schreibt Kubicki auf seiner Facebook-Seite, und bezieht sich dabei auch auf den Auftritt des Ministers im ZDF. "Wenn er meint, jetzt mit einer 'Schwamm-drüber-Mentalität' zur Tagesordnung übergehen zu können, dann wäre das für den demokratischen, rechtsstaatlichen und sozialen Aufarbeitungsprozess fatal."

Schmidt: Rücktrittsforderung "absolut inakzeptabel"

Einen Minister aus der eigenen Koalition zum Rücktritt aufzufordern, weil dieser in der seriösen Nachbetrachtung der Pandemie Fehler benenne und Konsequenzen ziehe, nannte die Vizechefin der SPD-Fraktion, Dagmar Schmidt, "absolut inakzeptabel". "Unsere Geduld mit Herrn Kubickis irrlichternden Kommentaren zur Corona-Politik und Pandemie-Bekämpfung war ohnehin arg strapaziert", sagte Schmidt.

Lauterbach tue gerade alles, um strukturelle Probleme des Gesundheitssystems und Verbesserungen gerade bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen umzusetzen, so die SPD-Abgeordnete. Derzeit arbeitet das Gesundheitsressort etwa an einer umfassenden Klinikreform. "Ich erwarte ein deutliches Wort von Herrn Lindner und damit ein klares Signal von Seiten der FDP, dass sie sich noch in der Lage sieht, Herrn Kubicki in die gemeinsame Regierungsverantwortung einzuordnen."

Die Koalition widme sich auf Fachebene einer ernsthaften und seriösen Betrachtung der Pandemie. "Am Ende werden wir erkennen, dass Deutschland vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen ist", so Schmidt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 10. Februar 2023 um 15:00 Uhr.