
Ukraine-Krieg Faeser für verbindliche Verteilung der Flüchtlinge
Wie sollen die vielen Ukraine-Flüchtlinge in der EU verteilt werden? Darüber berieten die EU-Innenminister. Das Ergebnis enttäuscht Bundesinnenministerin Faeser. In den tagesthemen bedauerte sie, dass der beschlossene Index nicht verbindlich sei.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat sich enttäuscht gezeigt, dass beim EU-Innenministertreffen keine verbindliche Regelung zur Verteilung der inzwischen Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine beschlossen wurde. Im Interview mit den tagesthemen begrüßte sie aber die Einführung eines freiwilligen Index', der die Belastung der Mitgliedsstaaten abbilden soll.
"Der Index setzt sich daraus zusammen, wie viele Menschen die Länder momentan aufgenommen haben, und wie viele im vergangenem Jahr in Bezug auf die jeweilige Einwohnerzahl", erklärte die Ministerin. Dieser sei eine sehr realistische Größe. "Ich halte es für gut, den Index verbindlich umzusetzen", sagte Faeser. Sie kündigte an, sich weiter dafür einzusetzen.
Die SPD-Politikerin betonte, bereits im Vorfeld des Treffens in Brüssel dafür geworben zu haben, ein solches solidarisches Prinzip anzuwenden. Mitte des Monats hatte sie dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" aber noch gesagt, Ziel müsse "eine Verteilung der Ukraine-Geflüchteten innerhalb Europas nach festen Quoten sein".
"Wunsch nach einer verbindlichen Lösung"
Mit Blick auf die ungewisse Dauer des Krieges zeigte sich Faeser skeptisch, dass innerhalb der EU eine freiwillige Basis zur Aufnahme von Flüchtlingen ausreiche: "Ich glaube, dass es irgendwann verbindlicher werden muss. Deswegen habe ich auch heute für Verbindlichkeit geworben", sagte sie. Das hätten aber nicht alle so gesehen. "Je mehr Flüchtlinge kommen, desto größer wird der Wunsch nach einer verbindlichen Lösung."
Faeser stellte in den tagesthemen klar, dass sie weiter bilateral verhandeln will. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf Gespräche mit den Regierungen in Paris und Warschau. So habe man gemeinsam Busse organisiert, um die Menschen aus der Ukraine von Polen aus in die Nachbarländer zu bringen. "Die Polen habe sich dafür nochmals bei sehr bedankt", sagte Faeser. Sie wolle in diesem Sinne weiter pragmatisch handeln. Worum es jetzt vor allen Dingen ginge, sei die Anrainerstaaten auch finanziell zu unterstützen. Diese würden eine große Last tragen.
Die EU-Kommission hat deshalb einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt, womit sie die Mitgliedsstaaten stärker unterstützen will. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson versprach dafür insgesamt 17 Milliarden Euro aus EU-Fonds umzuleiten. Auch das sehr stark belastete Nicht-EU-Land Moldau soll davon profitieren.
Seit Beginn Krieges Ende Februar haben nach UN-Angaben bereits mehr als 3,86 Millionen Menschen die Ukraine verlassen. Mehr als zwei Millionen dieser Kriegsflüchtlinge sind in Polen angekommen, in Deutschland sind bisher 272.338 Flüchtlinge registriert worden. Da es keine festen Grenzkontrollen gibt, dürfte die Zahl der Geflüchteten in Deutschland allerdings tatsächlich deutlich höher liegen. Anfang März haben die EU-Staaten entschieden, allen Ukrainern schnell und unbürokratisch Schutz zu bieten.
Darin erinnerte Bundeskanzler Olaf Scholz nun die anderen EU-Staaten. Bisher seien viele Schutzsuchende vor allem in den an die Ukraine grenzenden Ländern und auch in Deutschland angekommen, sagte er. Jetzt müsse es aber darum gehen, dass auch andere Länder einen Teil der Menschen aufnähmen, die nicht genau wüssten, wo sie hingehen sollten. Polen und Deutschland hätten hier gemeinsam Initiative ergriffen.
Schwedens Ministerpräsidentin Magdalena Anderson, die in Berlin Besuch war, erklärte, ihr Land werde nicht erneut eines der wichtigsten Aufnahmeländer für Kriegsflüchtlinge werden. 2015 haben man zwölf Prozent der Flüchtlinge in der EU übernommen. "Das können wir in diesem Ausmaß nicht noch einmal tun", fügte sie mit Blick auf die Ukraine-Flüchtlinge hinzu.
"2015 wiederholt sich nicht"
Während der großen Fluchtbewegung 2015 und 2016 stritten die EU-Staaten über die Aufnahme vieler Menschen. Besonders Polen, Ungarn und Tschechien sperrten sich damals gegen eine Quotenverteilung. Doch angesichts des Krieges in der Ukraine sei diesmal die Stimmung anders, schätzte Bundesinnenministerin Faeser in den tagesthemen nach dem Treffen in Brüssel die Lage ein. "2015 wiederholt sich nicht. Die EU-Staaten arbeiten eng zusammen."