Lars Klingbeil | dpa

Energiekrise in Deutschland "Gaspreisbremse reicht so nicht"

Stand: 22.10.2022 08:29 Uhr

Mit einer Einmalzahlung im Dezember und der Gaspreisbremse ab März 2023 will die Bundesregierung die Bürger entlasten. Doch für SPD-Chef Klingbeil greift dieser Plan zu kurz. Beim deutschen Handwerk und dem Mittelstand ist der Unmut groß.

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil sieht bei der geplanten Gaspreisbremse Nachbesserungsbedarf. Die von der Expertenkommission vorgeschlagene Abschlagszahlung im Dezember und Subventionierung ab März kommenden Jahres greift nach Ansicht von Klingbeil zu kurz.

"Was machen wir eigentlich in der Phase Januar/Februar?", fragte Klingbeil im Interview mit dem Deutschlandfunk. "Muss man da nicht auch etwas finden, um den Unternehmen und vor allen Dingen den Bürgerinnen und Bürgern noch mal stärker unter die Arme zu greifen?", fügte der SPD-Chef hinzu. Das werde den Bundestag "in kurzen, schnellen Beratungen im November" beschäftigen.

Länder: Gaspreisbemse im Januar

Die Länder hatten sich am Freitag dafür ausgesprochen, die Gaspreisbremse auf den 1. Januar vorzuziehen - statt erst im März, wie bisher von der Bundesregierung angepeilt. Der Vorschlag der Gaspreis-Expertenkommission sieht vor, dass im Dezember eine Einmalzahlung an Bürgerinnen und Bürger sowie kleine Firmen geleistet werden soll.

Ihre Höhe soll anhand des September-Abschlags der Gasrechnung berechnet werden. Die richtige Gaspreisbremse solle dagegen erst zum März kommen - und damit zum Ende der Heizperiode. Januar und Februar 2023 gälten zwischenzeitlich wieder höhere Preise.

Die Gaspreisbremse ist Teil des "Abwehrschirms" in Höhe von bis zu 200 Milliarden Euro. Geplant ist, daraus auch erweiterte staatliche Hilfen für Unternehmen zu finanzieren.

"Reicht vorne und hinten nicht aus"

Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft drückt bereits aufs Tempo. Die Entlastungen müssten schon ab Januar gelten, forderte der Vorsitzende Markus Jerger. "Eine einmalige Entlastung im Dezember reicht vorne und hinten nicht aus", sagte er der Funke Mediengruppe.

Die Ministerpräsidenten hätten erkannt, was die Bundesregierung bisher nicht wahrhaben möchte. Der Verband erwarte, dass darüber seitens der Bundesregierung "bis zur Teilnahme von Bundeskanzler Scholz an der nächsten MPK im November Klarheit hergestellt wird."

Handwerkspräsident für Härtefallregel

Der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks Hans Peter Wollseifer sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", die Übernahme des Dezember-Abschlags und die Gaspreisbremse ab März seien gut, "aber für unsere energieintensiven Betriebe zu wenig und zu spät".

Es bestehe eine echte "Unterstützungslücke". "Wir müssen für Januar und Februar eine Härtefallbrücke bauen. Unser Vorschlag ist, dass der Staat für Januar und Februar die Hälfte des Abschlags bei Strom und Gas übernimmt."

Bäcker, Konditoren, Metzger, Brauer, Galvaniseure, Oberflächenveredler, Textilreiniger oder Kfz-Werkstätten seien an sich gesunde Betriebe. Doch die externen Schocks könnten sie ohne Unterstützung nicht verkraften und müssten sonst schließen.

DIHK warnt vor Produktionsstopps

Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag warnte: Infolge der Energiekrise drohten Unternehmen Produktionsstopps. Viele größere und mittlere Betriebe würden für das kommende Jahr keinen Energieversorgungsvertrag mehr bekommen, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian der Nachrichtenagentur dpa.

Anders als für private Haushalte und sehr kleine Unternehmen hätten sie keinen Anspruch auf Ersatz durch Grundversorger. "Wenn hier keine Lösung gefunden wird, stehen zum Jahreswechsel Teile unserer Wirtschaft still", sagte Adrian. Er forderte die Bundesregierung zum Handeln auf.

Über dieses Thema berichteten am 22. Oktober 2022 tagesschau24 um 09:00 Uhr und die tagesschau um 09:50 Uhr.