Das Logo der CDU auf dem Bundesparteitag in Hannover

Parteitag der CDU Auf der Suche nach Erneuerung

Stand: 11.09.2022 07:25 Uhr

CDU-Chef Merz war angetreten, die Partei zu modernisieren. Mit einer Frauenquote und einer Grundwertecharta wurden nun erste Schritte unternommen. Ihr Erneuerungspotenzial hat die CDU aber längst noch nicht ausgeschöpft.

Von Anja Günther, ARD Berlin

Die CDU würde fast alles besser machen als die amtierende Ampelregierung. Das von sich selbst zu behaupten, gehört quasi zur Jobbeschreibung einer Oppositionspartei. Der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz widmete sich auf dem Parteitag ausführlich und überaus selbstbewusst dem aktuellen Krisenmanagement von SPD, Grünen und FDP: "Gerade in einer solchen Zeit, in der Führung, klarer Kurs und Handeln gefordert ist, leistet sich unser Land eine der wohl schwächsten Bundesregierungen aller Zeiten." Um später zu betonen: "Wir bieten der Bundesregierung in diesen schweren Wochen und Monaten eine Zusammenarbeit an. Ausdrücklich."

Die CDU hat ein Energieentlastungspaket beschlossen, das weitreichender ist als das der Regierung. Gefordert werden etwa längere AKW-Laufzeiten und eine 1000-Euro-Energiepauschale für Menschen mit geringem Einkommen. Der Anspruch, den die CDU an sich selbst stellt, ist nicht neu: Als Volkspartei die Breite der Gesellschaft anzusprechen.

Bericht vom Parteitag der CDU

ARD-Sondersendung 23:40 Uhr

Besinnung auf die Wurzeln der Partei

Der stellvertretende Parteivorsitzende Carsten Linnemann, der gemeinsam mit anderen am neuen Grundsatzprogramm schreibt, wünscht sich ein klares Profil: "Ziel sollte es eigentlich sein, dass jedes CDU-Mitglied nachts um drei Uhr geweckt wird und jeder sofort sagt: Erstens, zweitens, drittens, dafür steht die CDU.“

Erstens, zweitens, drittens - da besinnt sich die CDU erstmal auf ihre Wurzeln: Christlich-sozial, liberal, konservativ. So steht es in der neuen Grundwertecharta der Partei. Ihr Erneuerungspotential allerdings hat die CDU längst noch nicht ausgeschöpft. Die beschlossene Frauenquote etwa war nur ein Mini-Schritt - und kein Selbstläufer.

Frauenquote und Selbstkritik

Fast verzweifelt rief einer der wenigen männlichen Redner der Debatte, Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, nach Mut zur Modernität: "Was für ein Armutszeugnis, wenn wir es uns nicht zutrauen, die Führungspositionen in der CDU hälftig mit Frauen zu besetzen". In Parteivorständen ab der Kreisebene soll bis 2025 schrittweise die Frauenquote auf bis zu 50 Prozent erhöht werden. Da ist die CDU schon ein bisschen weiter als ihre Schwesterpartei CSU.

Apropos: Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder sprach ein Grußwort - und beschwor das gegenseitige Unterhaken: "Ich weiß, 2021 war nicht unser bestes Jahr. Es sind viele Fehler gemacht worden, von allen, natürlich auch von mir. Aber wir haben daraus gelernt.“

Söder lobte die CDU für ihre Entschlossenheit - und immerhin: Die 1001 Parteitagsdelegierten diskutierten teils leidenschaftlich. Über ein Gesellschaftsjahr für junge Menschen etwa, das die CDU fordert und das verpflichtend sein soll. Oder über den Unterschied zwischen Gleichstellung und Gleichberechtigung. Auch die Frage des Genderns kam zur Sprache.

Friedrich Merz wandte sich dabei an Universitäten und den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk: "Universitäten, meine Damen und Herren, und Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk sind keine Volkserziehungsanstalten, sondern sie haben einen staatlichen Bildungsauftrag. Und der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk hat einen staatlich bestimmten Informationsauftrag. Dann kann man erwarten, dass sie sich an die allgemein anerkannten Regeln in der Nutzung der deutschen Sprache, der Sprache von Goethe und Schiller, von Kant und Hegel, einfach an diese Regeln halten."

Ein Signal des Aufbruchs?

Im Saal wurde diese Äußerung mit viel Applaus quittiert, in den Sozialen Medien weniger. Vom Parteitag in Hannover bleibt, dass die CDU mal wieder in Präsenz und nicht digital über sich selbst gesprochen hat. Aus Sicht vieler Delegierter vor Ort war es ein Signal des Aufbruchs.

Der Modernisierungsprozess der Partei hat begonnen, aber er wird dauern. Erstmal folgt am 9. Oktober die Landtagswahl in Niedersachsen. Da wird sich zeigen, ob die CDU, wie es Friedrich Merz formulierte, wieder voll da ist.

Anja Günther, Anja Günther, ARD Berlin, zzt. Hannover, 10.09.2022 07:36 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 11. September 2022 um 08:06 Uhr.