
Neue Corona-Regeln beschlossen Hospitalisierungsrate statt Inzidenz
Künftig ist nicht mehr die Sieben-Tage-Inzidenz der entscheidende Faktor in der Pandemie, sondern die Hospitalisierungsrate. Der Bundestag beschloss außerdem eine Impf-Auskunftspflicht für Beschäftigte in Kitas, Schulen und Pflegeheimen.
Die Schutzmaßnahmen in der Corona-Pandemie orientieren sich künftig vor allem an der Zahl der Menschen, die wegen ihrer Infektion ins Krankenhaus kommen. Der Bundestag beschloss eine Neufassung des Infektionsschutzgesetzes, mit der die Hospitalisierungsrate zur wichtigsten Größe für die Maßnahmen der Länder zur Eindämmung der Pandemie wird.
Demnach gilt künftig als Basis für mögliche Corona-Beschränkungen nicht mehr die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz bei Neuinfektionen. Stattdessen soll geschaut werden, wie hoch die Hospitalisierungs-Inzidenz liegt, die angibt, wie viele Patienten in den Kliniken je 100.000 Einwohner in sieben Tagen eingeliefert werden. Am Dienstag lag dieser Wert laut Robert Koch-Institut bundesweit bei 1,69.
Weitere Indikatoren "wie die unter infektionsepidemiologischen Aspekten differenzierte Anzahl der Neuinfektionen", die verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten und die Anzahl der geimpften Menschen sollen bei der Bewertung des Infektionsgeschehens berücksichtigt werden.
Bundesweit einheitliche Werte soll es dafür nicht geben. Die Landesregierungen sollen unter Berücksichtigung der jeweiligen stationären Versorgungskapazitäten in einer Rechtsverordnung selbst Schwellenwerte für die Hospitalisierungsrate festlegen.
Auskunftspflicht über Impfstatus
Der Bundestag folgte zudem den Plänen der Bundesregierung bei der Auskunftspflicht über die Impfungen: Arbeitgeber in Pflegeheimen, Schulen und Kitas sollen Beschäftige künftig abfragen können, ob sie geimpft sind. Dies soll nur so lange gelten, wie der Bundestag die "epidemische Lage von nationaler Tragweite" feststellt. Der Bundesrat soll den Änderungen am Freitag zustimmen.
Die Arbeitgeber werden mit dieser Neuregelung in die Lage versetzt, den Einsatz ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dem Impfstatus entsprechend zu organisieren. Das kann Auswirkungen etwa auf Dienstpläne haben - und bedeuten, dass Pflegekräfte von Heimbewohnern ferngehalten werden, Erzieherinnen von den Kindern und Lehrer von den Schülern. Es dürfte in den meisten Fällen aber schwierig werden, sie stattdessen in anderen Bereichen einzusetzen.
Das Bundesgesundheitsministerium erklärte, Ungeimpften drohten keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen durch die neuen Regeln. Auch bleibe die Impfung freiwillig.
"Inzidenz hat an Aussagekraft verloren"
Vertreter der Großen Koalition verteidigten die Änderungen des Infektionsschutzgesetzes. "Die Inzidenz hat an Aussagekraft verloren", sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Sabine Dittmar. Zur Auskunftspflicht sagte sie, wo vulnerable und besonders Schutzbedürftige zusammen kommen, müsse in der Pandemie besondere Vorsicht herrschen. In Krankenhäusern oder Arztpraxen gebe es die Auskunftspflicht bereits.
Auch Unionsfraktionsvize Stephan Stracke (CSU) sagte in der Debatte, der Inzidenzwert habe "ein Stückweit an Bedeutung verloren". Er verwies zugleich darauf, dass die Zahl der Neuinfektionen künftig weiterhin mit herangezogen würden.
Kritik an Auskunftspflicht
Die Linken-Abgeordnete Gesine Lötzsch kritisierte die neue Auskunftspflicht. "Unausgegorene Gesetzesänderungen zerstören das Vertrauen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern", sagte sie. "Das lehnen wir ab." Der Bundesregierung warf sie Versagen bei der Impfkampagne vor - die Quote der Geimpften sei in anderen EU-Ländern deutlich höher.
FDP-Vize Wolfgang Kubicki kritisierte den generellen Kurs mit weiteren Grundrechtseinschränkungen. "Von Nicht-Geimpften geht keine Gefahr aus, die Gefahr geht ausschließlich von Infizierten aus." Die Regierung lasse offen, wann und unter welchen Bedingungen der bestehende Ausnahmezustand aufgehoben werde, kritisierte Kubicki. "Massive Grundrechtseinschränkungen lassen sich nicht mehr begründen."