Bundesrat beschließt mehrere Gesetze.
Überblick

Vielzahl an Gesetzen Was der Bundesrat beschlossen hat

Stand: 16.12.2022 12:54 Uhr

Energiepreisbremsen, mehr Geld für Kitas, mehr Personal für Kliniken, ein neues Aufenthaltsrecht: Der Bundesrat hat in seiner letzten Sitzung in diesem Jahr einer Vielzahl von Gesetzen zugestimmt. Ein Überblick.

Preisbremsen für Energie

Mit der Zustimmung durch den Bundesrat haben die Preisdeckel für Gas, Fernwärme und Strom die letzte Hürde genommen. Damit gilt für Privatverbraucher von Gas, Fernwärme und Strom ab März 2023 ein gesetzlich festgelegter Maximalpreis für den Großteil ihres Vorjahresverbrauchs. Der Preisdeckel wird auch rückwirkend für Januar und Februar angerechnet.

Länder kritisieren mangelnde Einbeziehung in die Beschlüsse zu den Energiepreisbremsen

Moritz Rödle, ARD Berlin, tagesthemen, tagesthemen, 16.12.2022 22:15 Uhr

Für Privatkunden und kleinere Unternehmen wird der Gaspreis für 80 Prozent des im September 2022 prognostizierten Jahresverbrauchs auf zwölf Cent pro Kilowattstunde begrenzt, der für Fernwärme auf 9,5 Cent pro Kilowattstunde. Der Jahresverbrauch berechnet sich anhand der Jahresverbrauchsprognose, auf der die Abschlagszahlung im September 2022 basiert.

Der Strompreis für private Verbraucher sowie kleine und mittlere Unternehmen soll für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs auf 40 Cent gedeckelt werden. Für Industrieunternehmen gibt es ebenfalls Preisgrenzen.

Abgewickelt werden die Preisdeckel für Strom und Gas automatisch über die Versorger. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen nichts unternehmen, um die Entlastungen zu bekommen. Enthalten sind in den Gesetzen auch Härtefallregelungen für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen sowie andere Sozial-, Forschungs- und Kultureinrichtungen.

Auch für Haushalte, die mit Pellets, Öl oder Flüssiggas heizen, wird es Zahlungen geben: Ab einer Verdoppelung der Preise gegenüber dem Vorjahr werden 80 Prozent der Kosten übernommen, höchstens 2000 Euro.

Energiepreispauschale für Studierende

Der Bundesrat hat auch den Weg für die geplante 200-Euro-Einmalzahlung für Studierende und Fachschüler zur Entlastung in der Energiekrise freigemacht. Die Länderkammer verzichtete auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses, trotz großer Meinungsverschiedenheiten mit dem Bund über die praktische Umsetzung des Vorhabens. Die etwa 3,4 Millionen Studierenden und Fachschüler müssen sich dennoch weiter gedulden. Wann sie das Geld bekommen, ist offen. Es wird immer noch an einer geplanten Antragsplattform im Netz gearbeitet. Bund und Länder müssen hier noch Fragen zum Datenaustausch, Datenschutz und zur Auszahlung der Energiepreispauschale klären. Eine zentrale Stelle, die alle Daten und Kontoverbindungen aller Studierenden und Fachschüler hat, gibt es nicht.

Mehr Pflegepersonal in Kliniken

Mehrere Gesetzesänderungen sollen die Personalsituation in der Krankenhauspflege verbessern. Vom kommenden Jahr an sollen Kliniken zudem Behandlungen abrechnen können, ohne dass ein Patient im Krankenhaus übernachtet. Das Ziel sind mehr ambulante Eingriffe, um den Krankenhausbetrieb und damit auch das Pflegepersonal zu entlasten. Für die unterfinanzierten Kinderkrankenhäuser und die Geburtshilfe soll kurzfristig mehr Geld zur Verfügung gestellt werden, laut Bundesgesundheitsministerium jeweils rund 380 Millionen Euro in den kommenden beiden Jahren. Das Geld soll aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds bereitgestellt werden. Damit sich die Situation der Pflegekräfte in den Kliniken verbessert, sollen die Idealbesetzungen für die Stationen errechnet und entsprechend viele Krankenschwestern und Pfleger beschäftigt werden. Das neue Personalbemessungsinstrument wird zwei Jahre lang erprobt, bevor es ab 2025 bundesweit gelten soll. Ziel ist eine spürbare Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

Deutschlandticket

Nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat den Grundlagen für die Finanzierung des geplanten Deutschlandtickets zugestimmt. Die Ländervertreter sprachen sich mit Mehrheit für die Erhöhung der sogenannten Regionalisierungsmittel für Betrieb und Ausbau des Nahverkehrs aus. So fließt schon für 2022 eine weitere Milliarde an die Länder, die damit die Pendlerzüge subventionieren und erschwinglicher machen. Insgesamt steigen die jährlichen Mittel damit auf rund zehn Milliarden Euro für die Länder. Jährlich sollen die Summen auch angesichts der Energiepreis- und Personalkosten-Entwicklung um drei Prozent statt wie bisher geplant um 1,8 Prozent steigen. Der Nahverkehr ist zwar im Kern Länder-Sache, der Bund ist aber zur Mitfinanzierung verpflichtet.

Neues Aufenthaltsrecht

Die Bundesländer haben einem neuen Aufenthaltsrecht für langjährig in Deutschland nur geduldete Ausländer zugestimmt. Menschen, die am 31. Oktober dieses Jahres bereits seit fünf Jahren ohne sicheren Aufenthaltstitel in Deutschland lebten, sollen damit für 18 Monate den neuen Status bekommen, um innerhalb dieser Zeit die Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht nachzuweisen. Dazu zählen unter anderem Sprachkenntnisse, der Identitätsnachweis und die Sicherung des Lebensunterhalts. Wer das nicht schafft, fällt in die Duldung zurück. Straftäter und deren Familien sind vom Chancen-Bleiberecht ausgeschlossen. Vom neuen Bleiberecht profitieren könnten rund 137.000 der etwa 248.000 Geduldeten, die zum Stichtag 31. Oktober in Deutschland lebten.

Ebenfalls gebilligt wurde vom Bundesrat ein Gesetz zur Beschleunigung von Asyl- und Asylgerichtsverfahren. Einzelne Detailregelungen sollen dazu führen, dass im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie in Verfahren vor Verwaltungsgerichten schneller eine Entscheidung fallen kann. Dazu gehört etwa die Möglichkeit von Video-Anhörungen im Asylverfahren. Erstmals eingeführt wird mit dem Gesetz zudem eine behördenunabhängige Asylverfahrensberatung.

Milliarden für Kitas

Der Bund wird die Bundesländer in den kommenden zwei Jahren mit knapp 3,9 Milliarden Euro bei der Finanzierung ihrer Kitas unterstützen. Der Bundesrat stimmte dem sogenannten Kita-Qualitätsgesetz der Ampel-Koalition zu. Es schließt an das sogenannte Gute-Kita-Gesetz der Vorgängerregierung an, über das der Bund ebenfalls Geld zur Verfügung gestellt hatte.

Eigentlich sind die Kitas Ländersache. Die Mittel sind für Investitionen in die Qualität der Kitas gedacht, etwa zur Förderung von frühkindlicher Bildung, guter Ernährung oder sprachlicher Entwicklung, in begrenztem Rahmen auch zur Senkung von Kita-Gebühren.

Um den Ländern entgegenzukommen, hatte die Ampel zuletzt noch Änderungen vorgenommen. So wird der Bund das Förderprogramm "Sprach-Kitas", anders als zunächst geplant, noch bis zum Sommer 2023 weiterfinanzieren.

Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Beschäftigte auch kleinerer Betriebe haben künftig einen Anspruch auf eine Begründung, wenn ihnen die Freistellung von der Arbeit zur Pflege eines Angehörigen verwehrt wird. Der Bundesrat billigte die Umsetzung einer EU-Richtlinie, die Eltern und pflegenden Angehörigen mehr Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen soll. Die damit verbundenen gesetzlichen Regelungen zielen vor allem auf Kleinbetriebe. Wo nicht mehr als 15 Beschäftigte arbeiten, können die Arbeitgeber bisher die Gewährung einer vollständigen oder teilweisen Freistellung zur Pflege ohne Angabe von Gründen verweigern. Künftig müssen Chefs und Chefinnen binnen vier Wochen eine Entscheidung treffen. Eine Ablehnung muss begründet werden. Das gilt auch, wenn Mütter oder Väter ihre Arbeitsstunden in der Elternzeit verringern wollen. Für den Zeitraum einer Freistellung wird ein Kündigungsschutz eingeführt.

Jahressteuergesetz

Im neuen Jahr können zahlreiche Steueränderungen in Kraft treten. Im Bundesrat stimmten auch Länder mit einer Regierungsbeteiligung der Union für das Jahressteuergesetz 2022. Sie verhalfen dem von Bundestag vor zwei Wochen beschlossene Gesetzesvorstoß der Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP somit zur erforderlichen Mehrheit. Das Paket enthält eine Reihe von Steuervorteilen etwa im Wohnungsbau, für Solarstromanlagen und für Arbeitnehmer. Andere Änderungen wie die erstmalige Übergewinnabgabe für einige Energieunternehmen laufen dagegen auf Steuererhöhungen hinaus.

Haushalt

Der nun auch vom Bundesrat gebilligte Etat soll erstmals seit 2019 wieder die Schuldenbremse im Grundgesetz einhalten. Vorgesehen sind Ausgaben in Höhe von gut 476 Milliarden Euro. Die Neuverschuldung liegt bei 45,6 Milliarden Euro und damit an der Grenze dessen, was innerhalb der Schuldengrenze noch zulässig ist. 

Schnellerer Kohleausstieg

Der Kohleausstieg im Rheinischen Revier wird um acht Jahre vorgezogen. Demnach gehen die drei Braunkohlekraftwerke Neurath F und G sowie Niederaußem K bereits im Jahr 2030 vom Netz und nicht erst - wie bisher festgeschrieben - im Jahr 2038. Dies sieht eine entsprechende Vereinbarung zwischen Bundesregierung, NRW-Landesregierung und dem Energiekonzern RWE vor. Zu der Vereinbarung gehört auch, dass die Kraftwerksblöcke Neurath D und E, die eigentlich zum Jahresende abgeschaltet werden sollten, wegen der Energiepreiskrise mindestens bis Ende März 2024 in Betrieb bleiben.

Lohn aus Ferienjobs

Die sogenannte Kostenheranziehung von Pflegekindern wird abgeschafft. Der Bundesrat stimmte einer Gesetzesänderung zu, wonach Jugendliche ihren Verdienst beispielsweise aus einem Ferienjob behalten können. Bisher müssen sie bis zu einem Viertel dieser Einkünfte an das Jugendamt abführen und sich damit an den Kosten ihrer Unterbringung in einer Pflegefamilie oder Einrichtung der Jugendhilfe beteiligen. Das gilt auch für Ausbildungsvergütungen oder Arbeitslohn. Der Bundestag hatte die Änderungen im November einstimmig beschlossen. Die Kostenheranziehung widerspreche dem Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe, heißt es zur Begründung in dem Gesetz. Den Jugendlichen werde der Start in ein selbstständiges Leben zusätzlich erschwert.

Wahlalter ab 16 bei Europawahl

An der nächsten Europawahl im Jahr 2024 können sich in Deutschland auch 16- und 17-Jährige beteiligen. Der Bundesrat stimmte der vom Bundestag bereits beschlossenen Absenkung des Wahlalters von 18 auf 16 Jahre für Europawahlen zu, indem er darauf verzichtete, den Vermittlungsausschuss anzurufen.

Gesetze werden digital

Gesetze und Rechtsverordnungen des Bundes können künftig auch auf einer digitalen Plattform offiziell verkündet werden. Der Bundesrat billigte eine Grundgesetzänderung mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit. Bislang schreibt die Verfassung die Veröffentlichung in Papierform im Bundesgesetzblatt vor. Künftig solle das elektronische Bundesgesetzblatt "das alleinige Verkündungsorgan für Gesetze und Rechtsverordnungen" sein, erklärte das Bundesjustizministerium.

Im Grundgesetz-Artikel 82 heißt es künftig, dass alles Nähere zur Verkündung und zur Form von Gegenzeichnung und Ausfertigung von Gesetzen und Rechtsverordnungen in einem Bundesgesetz geregelt wird. Dieses Gesetz beschloss der Bundesrat ebenfalls. Darin heißt es: Das Bundesgesetzblatt wird künftig ausschließlich elektronisch auf einer neuen Verkündungsplattform im Internet ausgegeben und wird das ausschließliche Verkündungsorgan des Bundes für Gesetze und Rechtsverordnungen.

Handelsvertrag CETA

Nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat der Ratifizierung des EU-Handelsabkommens CETA mit Kanada zugestimmt. Der Vertrag ist bereits seit September 2017 in Teilen vorläufig in Kraft - allerdings nur in den Bereichen, für die allein die EU zuständig ist und nicht die Mitgliedstaaten. Die anderen Teile liegen auf Eis bis die Ratifizierung abgeschlossen ist, etwa zu Investitionsschutz und Investitionsgerichtsbarkeit. Auch wenn Deutschland jetzt an Bord ist, fehlt in der EU noch die Zustimmung mehrerer Staaten.

Ceta soll durch den Wegfall fast aller Zölle und durch gemeinsame Regeln den Handel zwischen Unternehmen in der EU und Kanada erleichtern. Nach früheren Angaben der EU-Kommission könnten europäische Firmen durch das Abkommen jährlich rund 590 Millionen Euro im Jahr einsparen. An dem Handelspakt wird unter anderem kritisiert, er schütze einseitig Konzerninteressen zum Nachteil von Klima, Umwelt und Sozialem.

Christopher Jähnert, Christopher Jähnert, ARD Berlin, 16.12.2022 13:15 Uhr