Atommüll-Fässer mit der Aufschrift "voll" stehen in einem Zwischenlager. Archivbild 2014

Deutschland vor Atomausstieg Nukleare Risiken bleiben

Stand: 13.04.2023 13:37 Uhr

Auch mit dem endgültigen Abschied von der Kernkraft bleiben für Deutschland Risiken bestehen. Etwa durch die Frage: Wohin mit dem Atommüll? Und durch den Fakt, dass mehrere Nachbarn weiterhin auf Atomenergie setzen.

Mit einer der Energiekrise geschuldeten Verspätung von dreieinhalb Monaten gehen am Samstag die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland endgültig vom Netz. Doch mit dem Atomausstieg sind die Risiken, die mit der Nutzung von Kernkraft einhergehen, noch nicht überwunden, warnen deutsche Behörden.

Das "Kapitel Atomenergie" könne auch für nachfolgende Generationen nicht geschlossen werden, mahnte etwa Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE). Als Hauptgrund führt er die radioaktiven Abfälle an - das Ergebnis des jahrzehntelangen Betriebs deutscher AKW.

1900 Castorbehälter voller Atommüll

Laut dem Geschäftsführer der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), Steffen Kanitz, geht es dabei um 1900 Castorbehälter in derzeit 16 Zwischenlagern, jeder von ihnen etwa 100 Tonnen schwer. Und für alle müsste ein sicherer Standort gefunden werden, um sie einzulagern. "Die Endlagerung in tiefen geologischen Schichten bietet dafür die nach wie vor sicherste Lösung", so König.

Die Endlagersuche dauert bereits seit Jahren an und sollte ursprünglich bis 2031 abgeschlossen werden. Doch im November kündigte die BGE an, dass die Suche deutlich länger dauern werde: mindestens bis 2046, in einem anderen Szenario aber sogar bis 2068.

Und zu den hochradioaktiven Abfällen kommen laut BASE-Präsident König noch rund 600.000 Kubikmeter an sogenannten schwach- und mittelradioaktiven Abfällen, die sicher entsorgt werden müssen. König ist daher der Auffassung, dass Deutschland "noch mindestens weitere 60 Jahre" bevorstünden, "die wir für den Rückbau und die langzeitsichere Lagerung der Hinterlassenschaften benötigen werden".

"Müssen weiterhin auf etwaige Notfälle vorbereitet sein"

Die Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), Inge Paulini, sieht die verbleibenden Risiken aber nicht nur in Deutschland, sondern auch nahe seiner Grenzen. In sieben Nachbarländern gebe es AKW-Standorte, die nicht einmal 100 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt seien. "Wir müssen daher weiterhin auf etwaige Notfälle vorbereitet sein", mahnte Paulini. Und die Katastrophe im japanischen Kraftwerk Fukushima im März 2011 habe gezeigt, dass Atomkraft selbst für hochentwickelte Industriegesellschaften ein unkalkulierbares Risiko darstellen könne.

Gleichzeitig betonte Paulini aber, dass sich die Sicherheit in der Bundesrepublik durch den Atomausstieg erhöhe. Gleiches hatte auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke in den Vordergrund gestellt, aber auch eingeräumt, dass "die Risiken der Atomkraft letztlich unbeherrschbar" seien. Auch die Grünen-Politikerin sprach von Jahrzehnten voller Herausforderungen, "bis wir die atomaren Hinterlassenschaften sicher und verantwortbar beseitigt haben".

Am Samstag sollen die AKW Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland dauerhaft abgeschaltet werden. Die sichere Versorgung mit Energie bleibe auch nach dem Atomausstieg gewährleistet, versicherte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. "Gemeinsam haben wir es geschafft, die Füllstände in den Gasspeichern hoch zu halten und neue Flüssiggasterminals an den norddeutschen Küsten zu errichten", betonte er und unterstrich erneut das Ziel, bis 2030 etwa 80 Prozent des bundesweit benötigten Stroms aus erneuerbaren Energien zu gewinnen.

Wohin mit dem Atommüll?

Katharina von Tschurtschenthaler, NDR, Plusminus 21:45 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 12. April 2023 um 21:45 Uhr.