
Bund und Länder Zweigleisig beim Infektionsschutz
Stand: 19.10.2020 15:26 Uhr
Hat der Bundestag zu wenig Mitspracherecht bei Corona-Schutzbestimmungen? Das monieren jedenfalls immer mehr Abgeordnete und fordern mehr Gehör. Aber was genau regelt der Bund und was entscheiden die Länder?
Von Martin Polansky, ARD-Hauptstadtstudio
Ende März hat der Bundestag das "Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" erlassen - als Reaktion auf die anrollende Corona-Krise. Damit kam ein Mechanismus in Gang. Der Bundestag stellte noch im März die nationale Epidemie-Lage fest und erweiterte damit unter anderem die Befugnisse des Bundesgesundheitsministers. Er darf nun Verordnungen zum Infektionsschutz erlassen, ohne dass der Bundestag erneut zustimmen muss. Das betrifft etwa Regelungen zum Reiseverkehr aus dem Ausland, zur Sicherstellung von Intensivbetten oder zum Anspruch auf Corona-Testungen.
Die Bundesländer müssen die Corona-Verordnungen vor Ort umsetzen. Und sie können eigene Verordnungen zur Infektionsbekämpfung erlassen. Dazu zählen etwa Beherbergungsverbote, Maskenpflichten oder Sperrstunden, die von Land zu Land unterschiedlich geregelt sind. Dabei erlassen die Landesregierungen die Verordnungen. Eine Beteiligung der Landesparlamente ist im Infektionsschutzgesetz nicht vorgesehen.
Es regt sich der Unmut
Eine Reihe von Bürgern hat inzwischen erfolgreich gegen Regeln aus den Landesverordnungen geklagt - etwa das Beherbergungsverbot oder die Sperrstunde. Aus Sicht der Verwaltungsgerichte waren die Regelungen nicht verhältnismäßig und griffen zu stark in Grundrechte ein.
Jetzt wächst die Kritik. Schnelle Entscheidungen seien im März zwar sinnvoll gewesen, sagen Bundestagsabgeordnete aus allen Fraktionen. Jetzt brauche es aber klare gesetzliche Grundlagen, um vor allem zukünftige Eingriffe per Gesetz zu regeln - und zwar durch den Bundestag. Damit könnten auch die Länder klarere Kriterien bekommen, sagen die Befürworter.
Und: Deutlichen Widerstand gibt es gegen Pläne des Bundesgesundheitsministeriums, dessen erweiterte Befugnisse zeitlich zu strecken. Die sind im Augenblick bis zum 31. März kommenden Jahres begrenzt.