Impfung
FAQ

Priorisierung des RKI Corona-Impfung in sechs Stufen

Stand: 08.12.2020 11:36 Uhr

Die Ständige Impfkommission empfiehlt, die Bevölkerung in einer festen Reihenfolge zu impfen. Dafür hat sie sechs Kategorien entworfen. Wer zu welcher Gruppe gehört und wie es jetzt weitergeht - ein Überblick.

Nach welchen Kategorien wird festgelegt, wer als Erstes geimpft wird?

Die Ständige Impfkommission (Stiko) beim Robert Koch-Institut hat sechs Kategorien erstellt, in die sie die Bevölkerung je nach Dringlichkeit eingeordnet hat. Dabei orientierte sie sich in erster Linie am Alter, aber auch an möglichen Vorerkrankungen und an den beruflichen Tätigkeiten. In den ersten fünf Kategorien, die eine erhöhte Priorität haben, sind jeweils zwischen 5,5 Millionen und neun Millionen Menschen aufgeführt. Der Großteil der Bevölkerung - rund 45 Millionen Menschen - ist in der untersten Kategorie mit einer "niedrigen Priorisierung" eingeteilt. Diese Empfehlung ist noch nicht endgültig. Das Bundesgesundheitsministerium, das darüber entscheidet, lässt sich bei seinen Überlegungen auch noch von anderen Experten beraten.

Welche Personen sollen als Erstes geimpft werden?

Alle Menschen im Alter von über 80 Jahren gehören zur ersten Gruppe - ihnen wird eine "sehr hohe Priorität" zugeschrieben. Die Gruppe umfasst außerdem Heimbewohner, Rettungsdienst, Pflegekräfte im ambulanten und stationären Bereich sowie Beschäftigte in Notaufnahmen, Covid-19-Stationen und in medizinischen Einrichtungen mit engem Kontakt zu vulnerablen Gruppen (z.B. in der Geburtshilfe oder Transplantationsmedizin), ebenso andere Beschäftigte in Pflegeheimen. Diese Personengruppen hätten ein besonders hohes Risiko für schwere oder tödliche Verläufe oder seien beruflich besonders exponiert oder hätten engen Kontakt zu besonders gefährdeten Menschen, schreibt die Stiko in ihrem 62-seitigen Bericht. Insgesamt umfasse die Gruppe mehr als 8,6 Millionen Menschen.

Wer gehört noch zu den ersten Impfanwärtern?

Rund sechs Millionen Menschen wird eine "hohe Priorität" zugeschrieben; sie sind in der zweithöchsten Kategorie eingeordnet. Das sind alle Personen im Alter von 76 bis 80 Jahren. Darüber hinaus Personal mit hohem Expositionsrisiko in medizinischen Einrichtungen (etwa in Infektionsstationen, Zahnarztpraxen oder beim Transport von Notfallpatienten), Personen mit einer Demenz oder geistigen Behinderung in Institutionen sowie sowie deren Betreuungspersonal.

Wer folgt dann?

In der dritten Kategorie sind die Menschen mit einer "moderaten Priorität" aufgeführt. Das sind alle Personen im Alter von 71 bis 75 Jahren. Außerdem Personen mit Vorerkrankungen mit erhöhtem Risiko und deren engste Kontaktpersonen, Bewohner von Asyl- und Obdachlosenunterkünften sowie enge Kontaktpersonen von Schwangeren. Hinzu kommt noch das Personal mit moderatem Expositionsrisiko in medizinischen Einrichtungen (etwa Ärzte in der Dermatologie und Orthopädie) und an besonders relevanten Positionen für die Aufrechterhaltung der Krankenhausinfrastruktur (beispielsweise Reinigungspersonal in Kliniken und Praxen oder Mitarbeiter in der Krankenhaustechnik) sowie die im öffentlichen Gesundheitsdienst Beschäftigten. Insgesamt umfasst das laut RKI etwa 5,5 Millionen Menschen.

Wer gehört zu den anderen Kategorien?

In der vierten Kategorie ("erhöhte Priorität") sind alle Personen im Alter von 66 bis 70 Jahren gelistet. Außerdem Menschen mit Vorerkrankungen mit moderatem Risiko und deren engste Kontaktpersonen, Personal mit niedrigem Expositionsrisiko in medizinischen Einrichtungen (ohne Kontakt zu Patienten mit Infektionskrankheiten), Lehrerinnen und Lehrer sowie Erzieherinnen und Erzieher. Zudem noch alle in prekären Arbeits- und/oder Lebensbedingungen, beispielsweise Saisonarbeiter oder Beschäftigte in der Fleisch verarbeitenden Industrie oder in Verteilzentren von Paketdiensten. Insgesamt seien das rund 6,9 Millionen Menschen, so das RKI.

Die fünfte Kategorie ("gering erhöhte Priorität") umfasst alle Menschen im Alter von über 60 bis 65 Jahren. Außerdem die Beschäftigten im Einzelhandel, Personal in Schlüsselpositionen der Landes- und Bundesregierungen sowie Berufsgruppen der kritischen Infrastruktur - dazu zählen etwa Feuerwehr, Bundeswehr, Polizei, ÖPNV oder Abfallwirtschaft. Insgesamt sind das rund neun Millionen Menschen.

Alle übrigen Personen gehören der untersten Kategorie ("niedrige Priorität") an - etwa 45 Millionen Menschen.

Welche Vorerkrankungen werden berücksichtigt?

Es wurde ein Modell entworfen, das viele Daten zusammenführt und daraus eine Hospitalisierungs- und Sterberate für Personen mit verschiedenen Vorerkrankungen berechnet. Je nach Verfügbarkeit der Impfstoffe werden die Personen mit Vorerkrankungen nach absteigendem Risiko berücksichtigt. Dabei sind diese Erkrankungen von Bedeutung: Asthma, chronische Nieren- und Lebererkrankungen, COPD, Krebserkrankungen, Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Zerebrovaskuläre Erkrankung oder Apoplex, Adipositas, Myokardinfarkt, Koronare Herzkrankheit und kardiovaskuläre Erkrankungen.

Kann die Priorisierung noch geändert werden?

Ja, es ist möglich, dass es im Verlauf der Zulassung des Impfstoffs noch zu Anpassungen kommt. Es könne sein, dass ein Impfstoff in einer bestimmter Altersgruppe bessere Wirksamkeit habe, sagte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums zur Begründung.

Wie ist das weitere Vorgehen?

Nach dieser Stiko-Empfehlungen folgt nun ein dreitägiges Stellungnahme-Verfahren - bis Donnerstag um 12 Uhr. "Dann wird die Empfehlung veröffentlicht", teilte das Gesundheitsministerium auf Anfrage von tagesschau.de mit. Auf Basis dieser Empfehlung werde dann eine Rechtsverordnung erstellt. "Diese Rechtsverordnung soll noch im Dezember veröffentlicht werden."

Gibt es schon Reaktionen auf die Stiko-Empfehlung?

Nach Ansicht der Deutschen Stiftung Patientenschutz ist die Gruppe mit oberster Priorität zu groß. "Über acht Millionen Menschen scheinbar gleichberechtigt bei der Priorität auf Nummer eins zu setzen, kann nicht funktionieren", sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Deshalb müssten zunächst die Pflegebedürftigen und Schwerstkranken die Chance auf eine Impfung bekommen. Erst danach seien Menschen an der Reihe, die in medizinischen und pflegerischen Bereichen arbeiten. "Wenn die Bundesregierung jetzt von dieser klaren Rangfolge abweicht, macht das Pflegebedürftige schnell zu Verlierern beim Kampf um die erste Impfung."

Werden auch bereits Infizierte geimpft?

Nein. Wer bereits eine Infektion mit Sars-CoV-2 nachweislich durchgemacht hat, wird zunächst nicht geimpft. Ob - und wenn ja, wann - diesen Personen später eine Impfung angeboten wird, ist noch nicht entschieden. "Nach den bisher vorliegenden Daten gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Impfung nach bereits unbemerkt durchgemachter Sars-CoV-2-Infektion eine Gefährdung darstellt", erläutert dazu die Stiko. Entsprechend bestehe keine Notwendigkeit einer Impfung.

Wie werden die Menschen zum Impfen eingeladen?

Das genaue Prozedere ist noch nicht bekannt. Es ist geplant, dass für bevorzugte Impfungen in den Impfzentren Atteste von Hausärzten vorgelegt werden müssen, aus denen hervorgeht, dass "ein krankheitsbedingt erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf" in Bezug auf Covid-19 vorliegt. Die Hausärzte lehnen dieses Verfahren jedoch ab, weil es die Praxen überfordern würde. Priorisierungsentscheidungen würden "quasi durch die Hintertür bei den Hausärztinnen und Hausärzten abgeladen".

Was gilt es beim Impfen zu beachten?

Beim noch nicht zugelassenen Impfstoff von Biontech/Pfizer sind zwei Impfungen im Abstand von 21 Tagen notwendig. Wer bereits die erste der beiden notwendigen Impfstoffdosen erhalten hat, hat Priorität gegenüber Personen, die noch keine Impfung erhalten haben. Dafür soll entsprechend Impfstoff zurückgelegt werden. Wer sich nach der ersten Impfung infiziert, soll zunächst keine zweite Impfung erhalten. Eine begonnene Impfserie muss mit dem gleichen Produkt abgeschlossen werden, auch wenn zwischenzeitlich andere Impfstoffe zugelassen werden.

Steht fest, wann die einzelnen Personengruppen geimpft werden?

Genau steht das noch nicht fest. Klar ist, dass die erste Kategorie direkt am Anfang an der Reihe ist. Das weitere Vorgehen ist vor allem abhängig von der Anzahl der zur Verfügung stehenden Impfdosen und der Impfbereitschaft der Bürger. Nach einer Umfrage von Infratest dimap für den ARD-DeutschlandTrend wollen 37 Prozent sich auf jeden Fall impfen lassen, wenn ein Impfstoff vorliegt. 34 Prozent halten es für wahrscheinlich, dass sie sich impfen lassen. 29 Prozent gaben hingegen an, dass sie sich "wahrscheinlich nicht" oder "auf gar keinen Fall" impfen lassen wollen.

In einer in Kooperation mit dem RKI durchgeführten fortlaufenden Querschnittstudie war die Impfbereitschaft des medizinischen Personals geringer als die der Gesamtbevölkerung. Im Vergleich mit anderen Teilbevölkerungsgruppen wie Personen mit chronischen Erkrankungen oder Älteren fällt die Impfbereitschaft des medizinischen Personals am geringsten aus.

Diese Zahlen sind möglicherweise nicht ausreichend für eine "Herdenimmunisierung". Nach Ansicht von Experten ist eine Immunisierung von etwa zwei Dritteln der Bevölkerung nötig, um die Verbreitung von Corona aufzuhalten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR Aktuell im Hörfunk am 07. Dezember 2020 um 18:08 Uhr.