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Hintergrund "Übergesetzlicher Notstand" soll Flugzeugabschuss ermöglichen

Stand: 22.10.2015 12:13 Uhr

Mit dem "übergesetzlichen Notstand" will Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) den Abschuss von Terroristen entführten Passierflugzeugen nun doch möglich machen. Der "übergesetzliche Notstand" ist weder im Grundgesetz noch in anderen deutschen Gesetzesbüchern geregelt. Der Begriff besagt, dass ein Gesetzesbruch dann zulässig ist, wenn so höhere Werte geschützt werden. Jung will damit für den Staat in Anspruch nehmen, was im Strafgesetzbuch als Notwehr für den einzelnen Bürger gilt. Wer eine Straftat begeht, um sich selbst oder andere zu schützen, handelt nicht rechtswidrig. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Straftat ein "angemessenes Mittel" ist, die drohende Gefahr abzuwenden. Diese unter Juristen umstrittene Argumentation ist der letztmögliche Versuch, die rechtliche Grundlage für den Abschuss entführter Flugzeuge zu schaffen, nachdem zwei Vorstöße von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) gescheitert waren.

Zwei Vorstöße waren zuvor gescheitert

Im Februar 2006 erklärte das Bundesverfassungsgericht eine Abschussermächtigung im Rahmen des Luftsicherheitsgesetzes für rechtswidrig. Die Aufrechnung von Menschenleben in der Luft gegen das am Boden sei mit Blick auf die Menschenwürde "schlechterdings unvorstellbar" hieß es im Urteil. Schäuble hielt dennoch an seinen Plänen fest und berief sich Anfang des Jahres auf das Kriegsvölkerrecht. Durch eine Änderung der Grundgesetzbestimmungen zur Landesverteidigung würde so die Aufrechnung von Leben gegen Leben nach dem Verhältnismäßigkeitprinzip wieder möglich werden. Weil der Koalitionspartner SPD sich weigerte, dieser Gesetzänderung zuzustimmen, bleibt der Union nur noch der Weg des "übergesetzlichen Notstands".

Piloten stehen vor unlösbarem Konflikt

Sollte es zu einem "übergesertzlichen Notstand" kommen, so würden Bundeswehrpiloten vor einen unlösbaren Konflikt gestellt. Diese müssten auf Befehl hin womöglich hunderte Menschen rechtswidrig töten und Strafverfolgung fürchten oder den zweifelhaften Befehl verweigern und Tote am Boden in Kauf nehmen.