Die Nannen-Preise stehen bei der Verleihung in der Elbphilharmonie bereit.

Debatte um NS-Vergangenheit Aus Nannen Preis wird "Stern" Preis

Stand: 17.06.2022 21:59 Uhr

Der Nannen-Preis ist eine der renommiertesten Auszeichnungen im Journalismus. Namensgeber ist "Stern"-Gründer Henri Nannen. Der hat jedoch eine unrühmliche NS-Vergangenheit. Deswegen wird der Preis in diesem Jahr umbenannt.

Der renommierte Nannen Preis für Journalisten wird dieses Jahr einmalig unter einem anderen Namen verliehen. Hintergrund ist eine Debatte um die Rolle des Ex-"Stern"-Chefredakteurs Henri Nannen in der NS-Zeit.

Das Hamburger Verlagshaus Gruner + Jahr teilte mit, man habe gemeinsam mit dem "Stern" entschieden, den Nannen Preis in der nächsten Woche als "Stern Preis" zu verleihen - um "die Debatte um Henri Nannens Vergangenheit zu entschärfen". Denn die Auszeichnung solle diejenigen glänzen lassen, für die einer der angesehensten Journalistenpreise des Landes da sei: herausragende Journalistinnen und Journalisten.

Gruner + Jahr kündigte außerdem an, man werde ein Gremium berufen, das über die künftige Verwendung des Namens für den Preis und auch für die Henri-Nannen-Schule beratend tätig werde. Bis Jahresende werde man eine Entscheidung treffen.

Nannen soll antisemitische Flugblätter verfasst haben

Henri Nannen gilt als einer der bedeutendsten Journalisten der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik. Er ist über Jahrzehnte die prägende Figur des 1948 gegründeten Nachrichtenmagazins "Stern" gewesen, als dessen Initiator und Chefredakteur. Er war auch Herausgeber und im Verlagsmanagement tätig. Zu besten Zeiten hatte der "Stern" eine Millionenauflage.

Im Mai hatte ein Beitrag des NDR-Rechercheformats STRG_F über manche Details zur Vergangenheit Nannens im Zweiten Weltkrieg eine Debatte angestoßen. In dem auf Youtube veröffentlichten Beitrag geht es um antisemitische Propaganda-Flugblätter, die von der SS-Einheit "Südstern" stammen und im Zweiten Weltkrieg an der Front in Italien verteilt worden sein sollen. Der STRG_F-Beitrag weist Nannen eine wichtige Rolle bei der Konzeption der Flugblätter zu. In dem Beitrag werden antisemitische, rassistische und auch sexistische historische Auszüge von Flugblättern gezeigt, die archiviert wurden.

"Diese Bilder sind eklig, sie sind widerlich"

Der neue Vorsitzende der "Stern"-Chefredaktion, Gregor Peter Schmitz, schrieb danach in einem Artikel mit der Überschrift "Henri Nannen und wir" über die Flugblätter. Diese Bilder seien eklig, sie seien widerlich, sie bedienten vor allem viele antisemitische Klischees.

Schmitz schrieb auch: Als Magazin, das Henri Nannen geprägt hat, wolle man sich der Debatte stellen, "ob wir noch kritischer als bisher auf den (komplizierten) Menschen Nannen schauen müssen". Schmitz äußerte sich auch in der Mitteilung des Verlagshauses, das zum Jahresbeginn mit RTL fusionierte: Nach der Verleihung am nächsten Mittwoch werde man sich die Zeit "für eine ruhige und gewissenhafte Beratung über den richtigen Umgang mit unserem Gründer" nehmen. "Außerdem werden wir uns im kommenden Jahr auch noch einmal intensiver mit den Anfangsjahren des 'Stern' auseinandersetzen. Das ist keine Demontage und erst recht keine Kampagne - es ist eine der Grundtugenden des Journalismus: den Dingen auf den Grund gehen und abgewogen urteilen."