Neuordnung der Grundsteuer Reformpläne für ein Fossil

Stand: 20.09.2016 17:15 Uhr

Am Freitag stimmt der Bundesrat über einen Entwurf zur Reform der Grundsteuer ab. Das scheint dringend geboten, denn die Daten, mit denen die Steuer berechnet wird, sind veraltet. Doch dafür müssen Millionen von Grundstücken neu bewertet werden.

Von Andreas Reuter, ARD Berlin

Die Grundsteuer ist ein Fossil. Die Finanzämter in Westdeutschland berechnen sie noch immer anhand von Daten aus dem Jahr 1964. Niemand fragt danach, ob die Grundstückspreise etwa in Innenstadt-Lagen seither explodiert sind, oder auf dem flachen Lande vielleicht nur ganz langsam gestiegen sind. Im Osten der Republik greifen die Finanzbeamten sogar auf Daten von 1935 zurück.

Hessens Finanzminister Thomas Schäfer sagt, zuerst müssten alle 35 Millionen Grundstücke in Deutschland neu bewertet werden. Aber er hofft, dass der Aufwand dafür im Rahmen bleibt: "Nicht, dass dort Heerscharen von Finanzbeamten durch das Land streifen müssen. Wir wollen die Grundstücksfläche zu Grunde legen. Die haben wir in unserem System über den sogenannten Bodenrichtwert. Der wird für jedes Grundstück in den jeweiligen Gutachterausschüssen der Landkreise festgelegt." In etwa vier bis fünf Jahren müsste dann jeder Bürger, der ein Grundstück hat, eine Steuererklärung abgeben, in der insbesondere das Baujahr des Gebäudes einzutragen sei, weil das für die Berechnung benötigt werde.

Umsetzung der Reform könnte Jahre dauern

Und so könnte es noch mal zehn Jahre dauern, bis die Grundsteuer wirklich anhand von halbwegs aktuellen Daten berechnet wird. Sowohl der Wert des Grundstücks soll dabei berücksichtigt werden als auch der Wert der Gebäude, die darauf stehen - allerdings nicht nach dem Verkehrswert, den man etwa bei einem Verkauf erzielen könnte, sondern nach pauschalen Daten wie Baujahr, Größe und Art der Bebauung. Nicht mehr Geld soll nach der Reform eingenommen werden, versichert Schäfer, sondern ungefähr so viel wie jetzt. Allerdings sei zu erwarten, dass manche mehr und manche weniger Grundsteuer bezahlen müssten.

"Wir haben in einer Kommune eine größere Siedlung im sozialen Wohnungsbau. Es spricht viel dafür, dass die Wertentwicklung dieser Gebäude seit 1964 geringer nach oben gegangen ist als möglicherweise das Villengrundstück am Stadtrand. Sodass es wahrscheinlich ist, dass hier jemand in diesen Mietwohnungen eher weniger Grundsteuer zahlen muss als derjenige, der das große Grundstück am See hat. Aber das wäre am Ende ja nur mehr als gerecht", so Schäfer.

Mieterbund spricht von falschem Signal

Boris Palmer, der grüne Oberbürgermeister von Tübingen, sieht das genau andersherum: "Es wird weiterhin so sein, dass Besitzer alter Villen sehr viel weniger Grundsteuer bezahlen als die Bewohner neuer Sozialwohnungen, und das kann nicht gerecht sein."

Palmer gehört zu einem Bündnis "Grundsteuer zeitgemäß", das sich dafür stark macht, die Steuer künftig wirklich nur noch nach dem Wert des Grundstücks zu erheben - unabhängig davon, welche Gebäude darauf stehen. Lukas Siebenkotten, Chef des Deutschen Mieterbundes, sagt zur Begründung: "Eine Grundsteuer, die den Gebäudewert einbezieht, bestraft denjenigen, der in städtischen Innenlagen was auf sein unbebautes Grundstück oben drauf setzt." Angesichts von explodierenden Mieten und wachsender Wohnungsnot in den Städten sei das genau das falsche Signal.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 20. September 2016 um 11:46 Uhr.