Annalena Baerbock und Robert Habeck | AFP

Streit um Rüstungsgüter für Ukraine Kritik an Grünen lässt nicht nach

Stand: 27.05.2021 15:51 Uhr

Grünen-Chefin Baerbock wollte die Ukraine-Äußerungen ihres Co-Parteichefs Habeck verteidigen: Es gehe nicht um Waffen, sondern um Nachtsichtgeräte und medizinisches Material für das Land. Aber das rief neue Kritik hervor.

Vertreter von SPD, FDP und Linken werfen den Grünen Unklarheit in der Außenpolitik vor. "Frau Baerbock versucht jetzt mit fadenscheinigen Argumenten die außenpolitische Geisterfahrt von Robert Habeck zu rechtfertigen", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil den Zeitungen der Funke Mediengruppe mit Blick auf einen Auftritt der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock in der ARD-Sendung "Maischberger. Die Woche". Dort äußerte sie sich zu umstrittenen Forderungen ihres Co-Parteichefs Habeck zu Waffenlieferungen in die Ukraine.

Nachtsichtgeräte und Kampfmittelräumung

Habeck hatte sich am Dienstag kurz vor einem Besuch an der Frontlinie in der Ostukraine für Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen. "Waffen zur Verteidigung, zur Selbstverteidigung kann man meiner Ansicht nach, Defensivwaffen, der Ukraine schwer verwehren", sagte er dem Deutschlandfunk. Einen Tag später konkretisierte er seine Äußerungen. In einem weiteren Interview mit dem Deutschlandfunk nannte Habeck "Nachtsichtgeräte, Aufklärungsgeräte, Kampfmittelbeseitigung, Medevacs (Flug- und Fahrzeuge zur medizinischen Evakuierung)" als Beispiele für seine Forderung.

Vor Journalisten in Kiew ging er auch auf die Kritik ein. Es sei gut, dass jetzt eine breite Diskussion darüber geführt würde. Seiner Ansicht nach habe die Bundesregierung, aber auch die EU, bislang zu wenig für die berechtigten Sicherheitsinteressen der Ukraine getan.

Baerbock: Es geht nicht um Defensivwaffen

Baerbock bekräftigte bei "Maischberger" die prinzipiell ablehnende Haltung ihrer Partei zu Waffenlieferungen in Kriegsgebiete. Dabei sagte sie auf eine Frage nach Habecks ursprünglicher Forderung nach Waffenlieferungen: "Hat er so nicht gesagt." Dann führte sie aus, Habeck habe eine Unterstützung der OSZE-Mission in der Ukraine verlangt und dies am Mittwochmorgen auch präzisiert.

"Robert Habeck hat heute Morgen ja klargestellt, dass es nicht um Defensivwaffen geht, sondern - wie wir auch schon vor kurzem deutlich gemacht haben - um Munitionsräumung, um die Bergung von verwundeten Personen, Zivilisten, mit gepanzerten Fahrzeugen und auch um die Frage Unterstützung der OSZE-Mission."

"Unsouveränes Schlingern"

"Das Schlingern der Grünen in der Außenpolitik ist unsouverän", befand Klingbeil. "Angeblich sei alles ganz anders gemeint gewesen." Dies seien irritierende Signale für eine Partei, die ins Kanzleramt einziehen wolle. "Außenpolitik braucht gerade in diesen turbulenten Zeiten Verlässlichkeit und Substanz. Was wir bei den Grünen erleben, ist allerdings Selbstfindung auf der internationalen Bühne."

Wie halten es die Grünen mit Waffenlieferungen?

FDP-Generalsekretär Volker Wissing unterstellte, Habecks ursprüngliche Forderung sei "ein zaghafter Versuch, seine Partei von ihrem strikten Nein zu Waffenlieferungen in Krisengebiete abzubringen". Die entscheidende Frage sei, ob die Grünen ihm dabei folgen wollten. "Es ist für die Bürgerinnen und Bürger wichtig zu wissen, ob die Grünen Waffenlieferungen in Krisengebiete für ein Instrument der deutschen Außenpolitik halten", unterstrich er.

Die Obfrau der Linksfraktion im Auswärtigen Ausschuss, Sevim Dagdelen, warf Baerbock "Wortklaubereien und Täuschungsversuche" vor. "Statt der Forderung ihres Co-Vorsitzenden nach militärischer Aufrüstung der Ukraine eine unmissverständliche Absage zu erteilen, verschleiert die Grünen-Kanzlerkandidatin mit frei erfundenen Zitaten ihre grundsätzliche Bereitschaft, Waffen in Kriegsgebiete wie den Osten der Ukraine zu exportieren."

Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 27. Mai 2021 um 13:24 Uhr und am 26. Mai 2021 um 17:00 Uhr.