Ukrainer zünden am Denkmal der Großen Hungersnot Kerzen an.

Stalins "Holodomor" Bundestag soll Völkermord anerkennen

Stand: 25.11.2022 08:53 Uhr

Nach dem Willen der Ampelkoalition und der Union soll der Bundestag die vor 90 Jahren von Stalin herbeigeführte Hungersnot in der Ukraine als Völkermord anerkennen. Etwa vier Millionen Menschen kamen im Holodomor ums Leben.

Die Ampelkoalition und die Union fordern den Bundestag auf, die vor 90 Jahren vom sowjetischen Diktator Josef Stalin gezielt herbeigeführte Hungersnot in der Ukraine als Völkermord anerzukennen. Das berichteten "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und der "Spiegel" unter Berufung auf einen entsprechenden gemeinsamen Antrag von SPD, Grünen, FDP und CDU/CSU.

Der Resolutionsentwurf soll demnach am Mittwoch im Bundestag beraten und beschlossen werden. Dem sogenannten Holodomor ("Mord durch Hunger") fielen in den Jahren 1932 und 1933 bis zu vier Millionen Ukrainer zum Opfer. Tote gab es damals auch in anderen Teilen der Sowjetunion, etwa in Kasachstan und im Süden Russlands. Ursache der historischen Hungersnot war eine von Stalin befohlene Kollektivierung von Landwirtschaft und Getreideabgaben.

Resolution sieht in Holodomor Genozid

Mehrere Länder haben den Holodomor bereits als Genozid am ukrainischen Volk eingestuft und verurteilt, erst kürzlich vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auch Irland, die Republik Moldau und Rumänien. "Betroffen von Hunger und Repressionen war die gesamte Ukraine, nicht nur deren getreideproduzierende Regionen", heißt es demnach in dem Antrag. "Damit liegt aus heutiger Perspektive eine historisch-politische Einordnung als Völkermord nahe.

07.02.2022, Ukraine, Kiew: Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin, zündet zusammen mit Dmytro Kuleba, Außenminister der Ukraine, bei einem Besuch der Holodomor-Gedenkstätte Kerzen an.

Zum Gedenken an die Opfer beitragen: Außenministerin Annalena Baerbock zusammen mit ihrem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba bei einem Besuch der Holodomor-Gedenkstätte in Kiew am 7. Februar 2022.

"Der Deutsche Bundestag teilt eine solche Einordnung", schreiben die Initiatoren um den Grünen-Abgeordneten Robin Wagener, Vorsitzender der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe im Bundestag. Weiter heißt es in dem Resolutionsentwurf, der Holodomor reihe sich ein "in die Liste menschenverachtender Verbrechen totalitärer Systeme, in deren Zuge vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Europa Millionen Menschenleben ausgelöscht wurden". Das Verbrechen sei Teil der gemeinsamen europäischen Geschichte.

Putin stehe "in der verbrecherischen Tradition Stalins"

Dieses "Menschheitsverbrechen" sei in Deutschland und der Europäischen Union aber bisher wenig bekannt. Die Bundesregierung sei aufgefordert, zur Verbreitung des Wissens über den Holodomor und zum Gedenken an dessen Opfer beizutragen.

Wagener sagte der Zeitung zufolge, der russische Präsident Wladimir Putin stehe "in der grausamen und verbrecherischen Tradition Stalins". Heute werde die Ukraine erneut mit russischem Terror überzogen. "Erneut sollen durch Gewalt und Terror der Ukraine die Lebensgrundlagen entzogen, das gesamte Land unterworfen werden." Die politische Einordnung des Holodomors als Völkermord sei ein "Signal der Mahnung"

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 25. November 2022 um 16:00 Uhr.