Einsatzfahrzeuge der Polizei stehen in einer Straße in Leipzig

"Tag X" in Leipzig Eilantrag gegen Demo-Verbot gescheitert

Stand: 03.06.2023 19:24 Uhr

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat in letzter Instanz einen Eilantrag gegen das Verbot der "Tag X"-Demonstration in Leipzig abgelehnt. Andere angemeldete Demos fanden hingegen statt. Bei einer kam es zu Krawallen.

Die Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen das Verbot der linksradikalen "Tag X"-Demonstration in Leipzig ist gescheitert. Der Eilantrag mit einer Verfassungsbeschwerde sei mit Beschluss nicht zur Entscheidung angenommen worden und damit für das Gericht gegenstandslos, teilte ein Sprecher in Karlsruhe mit.

Nach Urteil gegen Linksautonome Lina E.: Proteste gegen Demo-Verbot in Leipzig

Fabian Held, MDR, tagesschau, 03.06.2023 20:00 Uhr

Damit bleiben die Beschlüsse des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichts Leipzig vom Freitag bestehen, denen zufolge das Verbot rechtmäßig ist. Der Eilantrag gegen das Demoverbot war am Samstagvormittag in Karlsruhe eingegangen.

In linken Kreisen war bundesweit für die Demonstration am Samstag um 17.00 Uhr mobilisiert worden. Erste Krawalle hatte es bereits gegeben. Trotz des letztinstanzlichen Verbots geht die Polizei in Leipzig von weiteren Einsätzen in der Stadt aus.

Demonstration gegen Verurteilung von Studentin

Anlass für die geplante und von der Stadt Leipzig verbotene Demonstration war das Urteil gegen die Studentin Lina E. und drei Mitangeklagte wegen Überfällen auf Rechtsextreme. Die 28-Jährige war am Mittwoch vom Oberlandesgericht Dresden wegen linker Gewalttaten zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden.

Grund für das Verbot waren Gewaltandrohungen in sozialen Netzwerken, die Gefahrenprognose der Polizei und Einschätzungen des Verfassungsschutzes.

Beschwerden dagegen hatten zuvor vor dem Verwaltungs- und dem Oberverwaltungsgericht in Sachsen keinen Erfolg. Zwar gehe mit dem Verbot ein schwerwiegender Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit einher, heißt es etwa in einer Mitteilung des Oberverwaltungsgerichts. Er sei aber zum Schutz gleichwertiger Rechtsgüter zulässig.

Die Stadt habe "einen zu erwartenden gewalttätigen Verlauf der Versammlung und damit eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit" plausibel prognostiziert. So sei es sehr wahrscheinlich, dass Teilnehmer Gewalt gegen Personen oder Sachen planten oder ein solches Verhalten anderer zumindest billigten.

2500 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz

Schon seit Freitag 18 Uhr gilt in Leipzig ein sogenannter Kontrollbereich, der große Teile des Stadtgebiets im Osten, Süden und Westen umfasst. Dort kann die Polizei ohne besonderen Anlass Menschen anhalten und deren Personalien überprüfen. Auch der Anreiseverkehr auf den Straßen und am Hauptbahnhof wird kontrolliert. Nach MDR-Informationen sollen 2500 Beamtinnen und Beamte in der Stadt sein. Die Polizei twitterte, auch mehrere Hubschrauber seien heute im Einsatz über dem Stadtgebiet.

Zusammenstöße auf Alexis-Schumann-Platz

Am Abend kam es vor allem in der Leipziger Südvorstadt zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten. Etwa 1000 Teilnehmer hatten sich nach Polizeiangaben auf dem Alexis-Schumann-Platz versammelt - angemeldet waren ursprünglich 100.

Laut Informationen der Nachrichtenagentur dpa wurden Böller gezündet sowie Steine, Flaschen und ein Brandsatz auf Polizisten geworfen. Der Platz wurde durch die Polizei geräumt, Demonstranten wurden eingekesselt. Der Veranstalter habe die Demonstration aufgelöst, sagte ein Polizeisprecher.

Auch von der wenige Hundert Meter entfernten Karl-Liebknecht-Straße berichtet der MDR von Attacken auf Polizisten mit Steinen und Pyrotechnik. Die Einsatzkräfte brachten Wasserwerfer in Stellung und appellierten an alle, sich friedlich zu verhalten.

Mehrere Verletzte nach Ausschreitungen

Bereits gestern war es zu ersten Ausschreitungen in der Stadt gekommen. Vermummte hatten Polizisten angegriffen. Nach dem zunächst friedlichen Verlauf einer Versammlung am Wiedebachplatz im Stadtteil Connewitz flogen aus einer Menge von bis zu 700 Vermummten heraus Steine und Pyrotechnik. Sowohl dort als auch in Nebenstraßen brannten Barrikaden aus Mülltonnen und Baustellenabsperrungen.

Die Polizei setzte Tränengas ein und wurde nach eigenen Angaben von Hausdächern "mit Gegenständen beworfen". Die meisten brennenden Barrikaden waren kurz nach Mitternacht gelöscht, teils mit der Hilfe von Wasserwerfern. Nach ersten Erkenntnissen wurden 23 Beamte verletzt. Einer von ihnen musste im Krankenhaus behandelt werden. Ein Journalist wurde nach Polizeiangaben von einer unbekannten Person attackiert und leicht verletzt.

Polizisten in Leipzig laufen während einer Demonstration an brennenden Barrikaden vorbei.

In der Nacht zum Samstag brannten in Leipzig Barrikaden. Mehrere Menschen wurden verletzt.

Mehrere Großveranstaltungen in Leipzig

17 Einsatzfahrzeuge der Polizei wurden beschädigt, acht Fahrzeuge waren in Brand gesetzt worden. Darunter seien auch Autos von Anwohnern gewesen, hieß es. Bis zum frühen Morgen habe es vier vorläufige Festnahmen gegeben - unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs.

Außer dem "Tag X" stehen am Wochenende in Leipzig etliche andere Großveranstaltungen an. Es ist Stadtfest, Sänger Herbert Grönemeyer gibt ein Konzert vor Zehntausenden Besuchern und am Samstag spielen die Fußballclubs Lok Leipzig und der Chemnitzer FC um den Sachsenpokal. Eine Absage der Partie war erwogen, letztlich aber doch verworfen worden.

Ine Dippmann, MDR, tagesschau, 03.06.2023 16:38 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 03. Juni 2023 um 18:00 Uhr.