Studie zu Ängsten In Deutschland überwiegen Geldsorgen

Stand: 13.10.2022 16:19 Uhr

Steigende Lebenshaltungskosten und unbezahlbarer Wohnraum - davor haben Deutsche derzeit am meisten Angst. Das zeigt eine Langzeitstudie. Auch die Sorge vor einem Krieg mit deutscher Beteiligung wächst deutlich.

Vor dem Hintergrund steigender Preise für Energie, Lebensmittel und Wohnen treibt die Deutschen in diesem Jahr die Sorge ums eigene Geld besonders um. Die Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten ist mit Abstand Sorge Nummer eins in der jährlich erhobenen Umfrage "Die Ängste der Deutschen", die von der R+V-Versicherung veröffentlicht wurde.

Inflation und unbezahlbarer Wohnraum

"Für uns war in diesem Jahr die große Frage, wie der unsägliche Angriff Russlands auf die Ukraine sich auf die Menschen auswirkt. Das sieht man nun ganz klar auch an der Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten", sagte Studienleiter Grischa Brower-Rabinowitsch. Im Vorjahr hatte die Furcht davor mit 50 Prozent den zweiten Platz eingenommen, hinter der Sorge vor höheren Steuern oder gekürzten Leistungen wegen Corona. Lediglich 2005 sei diese Sorge wegen hoher Kraftstoffpreise und 2008 im Zuge der Finanzkrise noch größer gewesen.

Damit ist die Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten laut Autoren in nur einem Jahr um ganze 17 Prozentpunkte gestiegen. Das habe damit zu tun, dass die Menschen mit diesem Thema tagtäglich konfrontiert seien, erklärte der Politikwissenschaftler Manfred Schmidt von der Heidelberger Ruprechts-Karls-Universität. Er berät das R+V-Infocenter seit 18 Jahren bei der Auswertung der Angst-Studie.

Direkt auf Platz zwei mit 58 Prozent landete die Angst vor unbezahlbarem Wohnraum, die ebenfalls zum ersten Mal abgefragt wurde. "Die hohen und weiter steigenden Wohnkosten an vielen Orten ist für einen Großteil der Bevölkerung ein größeres Problem. Wer nicht in einer finanziell komfortablen Situation ist, stößt bei der Suche nach bezahlbarem Wohnraum an eine unüberwindbare Barriere", sagte Schmidt.

Mehr Angst vor Krieg und "autoritären Herrschern"

Die aufgrund des Ukraine-Kriegs erstmals abgefragte Angst vor weltweit immer mächtiger werdenden Herrschern stieg in der Rangliste direkt auf Platz sieben ein. Bei der Frage habe man bewusst auf die Nennung von Russlands Präsident Wladimir Putin verzichtet, damit sie langfristig Teil der Studie bleiben kann, erklärte Brower-Rabinowitsch. "Ich glaube aber, die Leute haben sehr genau verstanden, was damit gemeint ist."

Die Sorge vor einer deutschen Kriegsbeteiligung tauchte dagegen nicht in den Top Ten auf, stieg im Jahresvergleich jedoch extrem an: Mit 26 Prozentpunkten gab es bei der Sorge vor einem Krieg mit deutscher Beteiligung (Platz zwölf) den mit Abstand höchsten Anstieg. Ähnlich stark sei diese Angst zuletzt 1999 infolge des Kosovo-Krieges gestiegen, berichteten die Autoren.

Langzeitblick: Insgesamt mehr Sorgen

Das Besondere der repräsentativen Studie ist ihr Langzeit-Faktor: Sie fand 2022 bereits zum 31. Mal statt und gilt Wissenschaftlern daher als Seismograph der Befindlichkeiten rund um Politik, Wirtschaft, Umwelt, Familie und Gesundheit. Viele Fragen werden wiederholt, andere je nach Entwicklung neu gestellt.

Insgesamt scheinen die Menschen sorgenvoller als noch vor einem Jahr. Der Angst-Index - der Durchschnitt aller abgefragten Sorgen - stieg um sechs Prozentpunkte und erreichte mit 42 Prozent den höchsten Wert seit vier Jahren. Zum Vergleich: 2016 lag er nach Terroranschlägen und Flüchtlingsdebatte bei einem Spitzenwert von 52 Prozent.