
Reaktionen auf neue Regeln "Mit Verfügungen ist es nicht getan"
Stand: 06.01.2021 08:47 Uhr
Die neuen Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern stoßen bei Vertretern von Städten und Gemeinden auf Vorbehalte. Vor allem an den neuen Einschränkungen bei der Bewegungsfreiheit gibt es Kritik.
Die von Bund und Ländern neu beschlossenen Corona-Maßnahmen sind bei Spitzenvertretern der Kommunen teilweise auf Kritik und Vorbehalte gestoßen. Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, er habe Zweifel, ob mit den Bewegungseinschränkungen an Corona-Hotspots sowie den verschärften Kontaktverboten "nicht der Bogen überspannt wird".
Schulschließungen "sehr weitgehend"
Die Maßnahmen brächten "große Teile der Bevölkerung in Schwierigkeiten, auf deren Mitmachen wir angewiesen sind", sagte der CDU-Politiker. Auch die fortdauernde Schließung von Schulen stufte er als "sehr weitgehend" ein.
Sager kritisierte, dass die Einschränkungen vor allem die ländlichen Räume beträfen, wo zwei Drittel der Bevölkerung lebten. Um sich die Kooperation der Bevölkerung zu sichern, müssten die Maßnahmen nachvollziehbar sein, sagte der Präsident des Landkreistags dem "Handelsblatt".
Zweifel an der Umsetzung
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund zweifelt die Umsetzbarkeit der 15-Kilometer-Regel an. Diese Vorschrift sei "kaum kontrollierbar", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Gerd Landsberg, der "Rheinischen Post". Auch sei fraglich, ob diese Maßnahme durch die vielen Ausnahmen etwa für Berufspendler "Wirkung entfalten wird".
Generell begrüßte Landsberg jedoch die Bund-Länder-Beschlüsse. Die Verlängerung des harten Lockdowns bis zum 31. Januar sei "eine richtige Entscheidung", auch wenn sie für die Menschen und die Wirtschaft "hart" sei.
Auch die Ärztegewerkschaft Marburger Bund reagierte positiv auf die verschärften Corona-Beschlüsse. "Es ist richtig, die Bremse weiter anzuziehen. Der Bund-Länder-Beschluss ist deshalb nur konsequent", sagte die Vorsitzende, Susanne Johna, der "Rheinischen Post". Wo immer möglich, sollten Menschen Kontakte vermeiden. "Mit der Verfügung von Maßnahmen allein ist es aber nicht getan - sie müssen auch durchgesetzt werden", sagte Johna.
Die Betroffenen des Lockdowns
tagesschau 12:00 Uhr, 06.01.2021, Stephan Lenhardt, SWR
Sorge um die Kinder
Kinderärztepräsident Thomas Fischbach warnte zudem vor den Auswirkungen von Schulschließungen gerade auf kleine Kinder. "Je jünger die Kinder sind, desto wichtiger ist der Präsenzunterricht. Für Kinder bis zehn Jahre, die erwiesenermaßen bei der Pandemie keine entscheidende Rolle spielen, müssen Kitas und Schulen unter Wahrung angemessener Hygieneregeln zumindest dort so schnell wie möglich wieder aufmachen, wo die Inzidenzwerte nicht im tiefroten Bereich sind", sagte Fischbach der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Wo das Corona-Infektionsgeschehen besonders dramatisch sei, müssten natürlich Ausnahmen gemacht werden, dann müsse auch mal im Grundschulunterricht eine Maske getragen werden, räumte der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte ein.
Bund und Länder hatten gestern unter anderem eine Verlängerung der ursprünglich bis zum 10. Januar vereinbarten Lockdown-Regeln bis zum Monatsende sowie noch strengere Kontaktbeschränkungen im privaten Bereich vereinbart. Menschen in Landkreisen, in denen binnen sieben Tagen mehr als 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner gemeldet wurden, sollen sich zudem ohne triftigen Grund nicht mehr als 15 Kilometer von ihrem Wohnort entfernen dürfen.
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