19.02.2024, Bayern, Kempten: Ein 31 Jahre alter, wegen Mordes angeklagter US-Amerikaner steht in einem Gerichtssaal im Landgericht hinter seinen Rechtsanwälten in der Anklagebank. Nach dem Gewaltverbrechen an zwei US-amerikanischen Touristinnen unweit von Schloss Neuschwanstein hat am Montag der Prozess gegen einen Landsmann der beiden Opfer begonnen. Der 31-Jährige muss sich wegen Mordes und Vergewaltigung mit Todesfolge sowie versuchten Mordes vor dem Landgericht Kempten verantworten. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Karl-Josef Hildenbrand

Beginn Mordprozess nach Gewalttat bei Schloss Neuschwanstein

Per Mail sharen
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Neuschwanstein-Prozess: Angeklagter legt Geständnis ab

Das Verbrechen löste weltweit Entsetzen aus: Bei Schloss Neuschwanstein überfällt ein Tourist zwei Urlauberinnen aus sexuellen Motiven und stößt sie in eine Schlucht – eine der Frauen stirbt. Der Prozess beginnt mit einem Geständnis.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Weitgehendes Geständnis gleich zu Beginn des Neuschwanstein-Prozesses vor dem Landgericht Kempten: In einer von seinem Verteidiger vorgelesenen Erklärung hat der Angeklagte, ein 31 Jahre alter US-Amerikaner, die Taten weitgehend eingeräumt.

Der Mann soll im vergangenen Juni zwei Touristinnen, ebenfalls aus den USA, aus sexuellen Gründen angegriffen und in die fast 50 Meter tiefe Pöllatschlucht gestoßen haben. Eine der beiden jungen Frauen überlebte den Angriff nicht. Außerdem soll er Bilder besessen haben, die Kindesmissbrauch abbilden.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem Mord, versuchten Mord und Vergewaltigung vor.

Angeklagter gesteht Tötung und Vergewaltigung

Zum Tatvorwurf des Mordes an der 21 Jahre alten US-amerikanischen Touristin hieß es in der Erklärung, er habe die unfassbare Tat begangen. Einen bewussten Tatplan habe er aber nicht gefasst. Zur Vergewaltigung der Frau habe er sich spontan entschlossen, ihm sei bewusst gewesen, dass die bewusstlose Frau sterben könnte.

Zum Tatvorwurf des versuchten Mordes an der zweiten, 22 Jahre alten Touristin erklärte der Angeklagte, dass die Schilderungen der überlebenden Frau zuträfen. Ihm sei bewusst gewesen, dass die Frau Hilfe gebraucht habe, trotzdem habe er sie zurückgelassen. Der Angeklagte räumt in seiner Erklärung auch ein, dass er Schriften besitze, in denen es um Kindesmissbrauch gehe.

Angeklagter will sich in Therapie begeben

Der Angeklagte werde sich in Strafhaft, in Therapie begeben, weitere Angaben zu den Taten und zu seinen persönlichen Verhältnissen würden nicht erfolgen. Der US-Amerikaner bat in der Erklärung darum, angesichts des starken Medieninteresses seine Familie aus dem Fall möglichst herauszuhalten. Sie sollte nicht für seine Taten mit bestraft werden.

Er wisse, dass er für seine Taten die Verantwortung tragen müsse und sei tief beschämt. Der Mord und die Vergewaltigung lasteten schwer auf seinem Gewissen. Er wolle sich bei den Familien der beiden Frauen entschuldigen, sofern ihm dazu, mit Zustimmung der Familie, Gelegenheit gegeben werde.

Angeklagter verfolgt Prozess regungslos

Das Verlesen der Anklageschrift verfolgte der 31-Jährige mit unbewegter Miene und hielt den Blick gesenkt. Auch die weiteren Aussagen von Zeugen verfolgte er ohne größere Regungen. Beim Betreten des Gerichtssaals verbarg er sein Gesicht hinter einem roten Ordner und trug eine schwarze Corona-Maske. Diese nahm er später ab, er trug auch keine Handschellen mehr. Die Aussagen der Zeugen und die Fragen der Richter, von Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Nebenklage wurden für den US-Amerikaner simultan übersetzt.

Das Medieninteresse am Prozess ist groß, im Gerichtssaal waren rund 30 Pressevertreter und etwa 20 Zuschauer und Zuschauerinnen.

Videos und Fotos zeigen Tathergang

Die Kripo Kempten konnte nach eigenen Angaben den Tathergang minutengenau rekonstruieren. Möglich wurde dies laut einem der Ermittler, weil auf dem Handy des Angeklagten eine Vielzahl von Videos und Fotos der Tat sichergestellt werden konnten. Außerdem habe man auf den elektronischen Geräten des Angeklagten zahlreiche kinder- und jugendpornografische sowie pornografische Aufnahmen mit Gewaltdarstellungen gefunden.

Zeugin hat Angeklagten bei mutmaßlicher Tat überrascht

Am ersten Prozesstag sagte auch eine 25-jährige Frau als Zeugin aus. Sie gab an, sie sei mit ihrem Freund auf dem Weg zu einer Lichtung gewesen, als sie dort einen Mann entdeckt habe, der über einer reglosen Person gekniet habe. Der Mann habe sich mit den Worten "Oh, sorry" entschuldigt, als er von ihr und ihrem Freund entdeckt worden sei. Sie habe gedacht, sie habe ein Pärchen in flagranti bei einvernehmlichem Sex erwischt und sei umgedreht.

Als das Paar fünf Minuten später wieder an der Stelle vorbeikam, seien dort nur noch Kleidungsstücke gewesen. Der Freund der Zeugin habe dann die beiden Studentinnen am Abhang entdeckt. "Wir haben unten jemanden liegen sehen. Aber das war zu steil, da konnte man nicht runter – das wäre zu gefährlich gewesen", sagte die Zeugin aus. Deshalb setzte das Paar einen Notruf ab. Als die Frau später mit ihrem Freund und der Polizei auf dem Weg zu der Stelle war, sei ihnen der Angeklagte entgegengekommen. Die Polizei habe den Mann festgenommen.

Staatsanwaltschaft wirft ihm Mord, versuchten Mord und Vergewaltigung vor

Der Mann soll im Juni die beiden Touristinnen, die ebenfalls aus den USA stammten, angegriffen und in die Pöllatschlucht bei Neuschwanstein gestoßen haben. Laut Anklage traf der Mann am 14. Juni 2023 nachmittags gegen halb drei zufällig in der Nähe der Marienbrücke bei Schloss Neuschwanstein auf die beiden Studentinnen. Unter dem Vorwand, ihnen einen besonders schönen Aussichtspunkt auf das Schloss zu zeigen, soll er die beiden jungen Frauen auf einen schwer einsehbaren Trampelpfad gelockt haben.

Dann soll der Amerikaner die jüngere der beiden Touristinnen angegriffen haben, um sie zu vergewaltigen. Als ihre Freundin der 21-Jährigen zu Hilfe kam, soll er diese über einen Abhang in die Schlucht gestoßen haben. 50 Meter weiter unten blieb die damals 22-jährige Studentin verletzt an einem Baum liegen. Anschließend soll der Angeklagte ihre 21-jährige Freundin bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt, vergewaltigt und ebenfalls in die Schlucht gestoßen haben. Die junge Frau überlebte den Angriff nicht. Sie starb wenige Stunden später im Krankenhaus.

Nach einem Großeinsatz der Polizei wurde der Tatverdächtige kurze Zeit später in der Nähe der Marienbrücke festgenommen. Die Festnahme und die Rettung der Opfer mit einem Hubschrauber spielten sich vor den Augen Hunderter Touristen am Schloss Neuschwanstein ab.

Der Prozess wird Montagvormittag (26.2. 9.15 Uhr) fortgesetzt. Bisher sind sechs Verhandlungstage angesetzt.

Im Video: Angeklagter legt Geständnis ab

Der Angeklagte verbirgt beim Betreten des Gerichtssaals sein Gesicht hinter einem roten Ordner.
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Vor dem Landgericht Kempten hat der "Neuschwanstein-Prozess" begonnen.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!