
RKI-Wochenbericht Starke Zunahme akuter Atemwegserkrankungen
Die Corona-Welle in Deutschland ebbt weiter ab. Doch laut Robert Koch-Institut steigt die Zahl akuter Atemwegserkrankungen deutlich an. Vor allem Kinder werden vermehrt in Kliniken aufgenommen. Dort werden Betten knapp.
Während die Sieben-Tage-Inzidenz der nachgewiesenen Corona-Neuinfektionen in Deutschland weiter sinkt, ist die Zahl der akuten Atemwegserkrankungen in der vergangenen Woche auf 7,0 Millionen gestiegen. Das liege über dem Niveau der Jahre vor der Pandemie, schrieb das Robert Koch-Institut (RKI) in seinem Wochenbericht. Saisonal bedingt sei in den kommenden Wochen mit weiter steigenden Zahlen zu rechnen.
"Insbesondere die Positivenrate und die Zahl der Erkrankungen durch Influenza zeigen einen deutlich steigenden Trend", schrieb das RKI. Zudem führten Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) "insbesondere bei Kleinkindern vermehrt zu Erkrankungen und Krankenhauseinweisungen". Der Kinder-Intensiv- und Notfallmediziner Florian Hoffmann sagte der Nachrichtenagentur dpa mit Blick auf die Entwicklung der Erkrankungen von Kleinkindern: "Es ist keine Kurve mehr, sondern die Werte gehen senkrecht nach oben."
Betten in Kinderkliniken in einigen Bundesländern knapp
In mehreren Bundesländern, darunter in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, gebe es schon jetzt kaum mehr ein freies Kinderbett in Kliniken, sagte Hoffmann, Generalsekretär der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) und Oberarzt im Dr. von Haunerschen Kinderspital in München. Er sprach von "Katastrophenzuständen". Familien mit kranken Kindern müssten teils in der Notaufnahme auf einer Pritsche schlafen. Viele betroffene Kinder seien schwer krank und müssten beatmet werden.
Bereits im Spätsommer 2021 hatte es eine unüblich hohe RSV-Welle gegeben. Die aktuelle Lage sei aber schlimmer, sagte Hoffmann. Nicht nur in Deutschland, generell auf der Nordhalbkugel gebe es ein "dramatisches epidemisches Geschehen". Betroffen seien viele Kinder von ein oder zwei Jahren, die - auch angesichts der Corona-Pandemie und der dagegen getroffenen Maßnahmen - bisher keinerlei Kontakt zum RSV hatten, erklärte Hoffmann.
Deutlich mehr schwere Erkrankungen
Aktuell würden bedingt durch die ungewöhnlich starke RSV-Zirkulation deutlich mehr Fälle von schweren akuten respiratorischen Infektionen (SARI) bei den bis Vierjährigen verzeichnet als in den vorpandemischen Jahren und im Vorjahr, wie es vom RKI hieß. Auch in den folgenden Altersgruppen bis 14 Jahre liegen die SARI-Werte demnach auf einem sehr hohen Niveau.
An RSV kann man in jedem Alter erkranken, aber vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern ist der Erreger bedeutsam. Es kann sich um eine einfache Atemwegsinfektion handeln, aber auch schwere Verläufe bis hin zum Tod sind möglich. Zu Risikopatienten zählt das RKI zum Beispiel Frühgeborene und Kinder mit Lungenvorerkrankungen, aber auch generell Menschen mit Immunschwäche oder unterdrücktem Immunsystem.
Innerhalb des ersten Lebensjahres hätten normalerweise 50 bis 70 Prozent und bis zum Ende des zweiten Lebensjahres nahezu alle Kinder mindestens eine Infektion mit RSV durchgemacht. Im Zuge der Corona-Schutzmaßnahmen waren viele solche Infektionen allerdings zeitweise ausgeblieben.