Friedrich Merz

Generaldebatte im Bundestag "Stoppen Sie diesen Irrsinn"

Stand: 07.09.2022 12:49 Uhr

Oppositionsführer Friedrich Merz hat die Koalition wegen ihrer Energiepolitik scharf kritisiert: "Stoppen Sie diesen Irrsinn", sagte er in der Generaldebatte im Bundestag. Kanzler Scholz warf ihm danach vor, den Zusammenhalt der Gesellschaft zu gefährden.

Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wegen dessen Umgang mit den deutschen Atomkraftwerken scharf kritisiert. Mit dem Plan, zwei der drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland bis Mitte April 2023 in Reserve zu stellen, halte Habeck "das ganze Land zum Narren", sagte der CDU-Chef in der Generaldebatte im Bundestag. Die Entscheidung gegen eine umfassendere Laufzeitverlängerung beschädige "möglicherweise unwiderruflich die deutschen Unternehmen, den gesamten Wirtschaftsstandort und vor allem die mittelständischen Unternehmen".

Schlagabtausch zwischen Ampel-Koalition und Opposition in der Generaldebatte

Nils Crauser, ARD Berlin, tagesschau 17:00 Uhr

"Wir sind mitten drin in einem massiven Stromproblem in diesem Land", warnte Merz. Trotzdem weigere sich Habeck, die drei verbliebenen AKW für einen Zeitraum von wenigen Jahren weiter laufen zu lassen - obwohl diese "die modernsten und sichersten Kernkraftwerke der Welt" seien. "Das hat doch ein Niveau an Irrationalität erreicht, das kann man doch gar nicht mehr beschreiben", sagte Merz.

Merz: Kraftwerke müssen am Netz bleiben

Er forderte Bundeskanzler Olaf Scholz auf, sich der Sache anzunehmen. Er könne die Energiepolitik nicht einem Minister überlassen, der in Partei und Ministerium umgeben sei "von einer Gruppe aus Lobbyisten der Umweltpolitik, die alles zur Strecke bringen, was auch nur einigermaßen Aussicht auf Erfolg hat, diese Krise in den Griff zu bekommen". Merz rief an Scholz gewandt: "Stoppen Sie diesen Irrsinn aus Ihrer Koalition."

Die Kraftwerke müssten vorerst am Netz bleiben - "damit senken wir die Preise, damit senken wir die Kosten für die Unternehmen, damit schaffen wir Planungssicherheit", sagte Merz. Zugleich betonte er: "Niemand von uns will zurück zur alten Kernenergie."

Scholz: Unterschätzen Sie unser Land nicht

Scholz wies Merz' Kritik entschieden zurück. "Wer Spaltung herbeiredet, der gefährdet den Zusammenhalt in diesem Land. Und das ist jetzt das Falsche", sagte der Kanzler. "Unterschätzen Sie unser Land nicht", sagte er an Merz gerichtet. "Unterschätzen Sie nicht die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes." In schweren Zeiten wachse "unser Land über sich selbst hinaus. Wir haben eine gute Tradition, uns unterzuhaken, wenn es schwierig wird."

Es werde sicherlich "ein Winter der Herausforderungen", sagte Scholz. Aber die Bundesregierung habe dafür gesorgt, dass Deutschland gut vorbereitet sei. "Wir kommen wohl durch." Scholz hielt der Union mehrfach schwere Versäumnisse in der Regierungszeit von Kanzlerin Angela Merkel vor, die jahrelang den konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien verhindert habe. Dies schade Deutschland "noch heute".

Haßelmann schließt AKW-Weiterbetrieb aus

Grünen-Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann, die dritte Rednerin in der Generaldebatte, schloss einen Weiterbetrieb der Atomkraftwerke in Deutschland kategorisch aus. Der Stresstest habe eindeutig gezeigt, dass dies nicht gerechtfertigt wäre. Kaum eine Debatte werde "so faktenfrei geführt wie diese", sagte sie.

Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt äußerte sich kritisch zur Entscheidung Habecks, die drei verbliebenen Atomkraftwerke nicht weiter zu betreiben: "Sie ignorieren die Ergebnisse dieses Stresstests, sie riskieren Blackouts, sie setzen Bürger und Betriebe in diesem Land einem echten, massiven Stresstest aus", sagte er.

AfD-Co-Chefin Alice Weidel warf der Bundesregierung vor, das Land wirtschaftlich zu ruinieren. "Sie haben allen Grund, einen heißen Herbst und Winter zu fürchten", sagte sie. Die Bürger hätten jedes Recht, angesichts der aktuellen Lage auf die Straße zu gehen.

Daniel Pokraka, ARD Berlin, zur Generaldebatte im Bundestag

tagesschau24 14:00 Uhr

Linkspartei kritisiert Entlastungspaket

Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali kritisierte, dass die von der Regierung geplanten Maßnahmen wie die Energiepreispauschale oder die Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes um 50 Euro nicht ausreichten, um die Teuerung auszugleichen. Auf der anderen Seite seien Maßnahmen wie das Neun-Euro-Ticket oder der Tankrabatt ausgelaufen. "Die Bürger werden weiter von Ihrer Politik abgehängt", sagte Mohamed Ali.

Hans-Joachim Vieweger, Hans-Joachim Vieweger, ARD Berlin, 07.09.2022 12:36 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 07. September 2022 um 09:00 Uhr.