
Heizen bei Gasmangel Wohnungsverband will Mindesttemperatur senken
Was passiert, wenn das Gas noch knapper wird? Der Verband der Wohnungsunternehmen und die Bundesnetzagentur fordern, in diesem Fall die Mindesttemperatur in Wohnungen zu senken. Kritik kommt vom Mieterbund.
Sollte sich die Gassituation weiter verschärfen, könnte es im Winter in vielen Mietwohnungen kälter werden als bisher. Bei Gasmangel sollte die vorgeschriebene Mindesttemperatur in Wohnungen um bis zu sechs Grad Celsius abgesenkt werden, fordert der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW).
Die Mindesttemperaturen sollten dann "auf eine maximale Untergrenze von 18 Grad tagsüber und 16 Grad nachts" abgesenkt werden, sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Derzeit müssen Vermieter im Winter eine Mindesttemperatur von 20 bis 22 Grad Celsius gewährleisten.
Hintergrund der Forderungen sind die Drosselungen der Gasmenge, die der russische Gaskonzern Gazprom liefert. Dieser hatte in der Nacht zum Donnerstag seine Gaslieferungen nach Deutschland durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 weiter reduziert.
Der Immobilienverband GdW habe seine Mitgliedsunternehmen nun aufgerufen, gasversorgte Wohngebäude auf Einsparpotenziale hin zu überprüfen, sagte Gedaschko. Der Verband stehe zudem mit den zuständigen Behörden in Kontakt.
Auch Bundesnetzagentur für geringere Mindesttemperatur
Eine ähnliche Vorstellung hatte zuvor auch der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, geäußert: "Im Mietrecht gibt es Vorgaben, wonach der Vermieter die Heizungsanlage während der Heizperiode so einstellen muss, dass eine Mindesttemperatur zwischen 20 und 22 Grad Celsius erreicht wird. Der Staat könnte die Heizvorgaben für Vermieter zeitweise senken. Darüber diskutieren wir mit der Politik", sagte Müller der "Rheinischen Post".
CDU-Wirtschaftsrat: 22 Grad sind "Luxusgut"
Der unternehmernahe CDU-Wirtschaftsrat unterstützte die Forderungen. "Auch bei 18 Grad Innentemperatur kann man mit etwas warmer Kleidung problemlos leben", sagte der Generalsekretär des Rates, Wolfgang Steiger, der Funke Mediengruppe. Deutschland müsse im kommenden Winter große Mengen an Gas sparen, um über die Runden zu kommen. 20 bis 22 Grad seien im Winter "ein Luxusgut", so Steiger.
Der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates warnte zudem vor "verheerenden Konsequenzen" für den Arbeitsmarkt, wenn im Notfall zuerst die Industrie kein Gas mehr erhalte.
Mieterbund setzt auf Freiwilligkeit
Kritik kommt vom Deutschen Mieterbund. Präsident Lukas Siebenkotten erklärte, ebenfalls in den Funke-Zeitungen, er halte den Vorschlag für "zu undifferenziert". Ältere Menschen frören etwa schneller als Jüngere. "Ihnen jetzt pauschal zu sagen, sie sollen sich eine Wolldecke mehr nehmen, kann nicht die Lösung sein", sagte Siebenkotten. Wer in einer schlecht sanierten Wohnung lebe, müsse mit weiteren Kosten rechnen, wolle er die Mindesttemperatur halten, warnte er zudem.
Der Mieterbund setzt stattdessen auf Freiwilligkeit. "Mit freiwilligen Maßnahmen werden wir dabei mehr Erfolg erzielen, als es sich mancher vorzustellen vermag", sagte Siebenkotten. Viele Mieter würden bereits Energie sparen. Das Bewusstsein für einen sparsameren Umgang mit Energie müsse bei allen Menschen geschärft werden - auch bei jenen, die im Eigentum lebten, sagte Siebenkotten.
Mehrheit der Wohnungen mit Gas beheizt
Nach Daten des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2018 52,1 Prozent aller Wohnungen mit Gas beheizt. Besonders hoch ist ihr Anteil in vielen westdeutschen Bundesländern, in den meisten ostdeutschen Ländern sowie in Bayern und Baden-Württemberg ist der Anteil etwas niedriger. Bei neugebauten Wohnungen war Gas im Jahr 2020 die zweithäufigste Energiequelle nach Wärmepumpen.