Katarina Barley, SPD

Reaktion auf Datenskandal Facebook als "Gefahr für die Demokratie"

Stand: 22.03.2018 09:07 Uhr

Facebook ist in der Defensive: Politiker sehen angesichts des Datenskandals die Demokratie bedroht. Justizministerin Barley will Konzernvertreter ins Ministerium vorladen und zu einer Erklärung zwingen.

Der Skandal um millionenfach angezapfte Nutzerprofile bei Facebook bringt die Politik auf den Plan: Die Demokratie sei bedroht, warnte EU-Justizkommissarion Vera Jourová. In dem Fall gehe es nicht nur um den Schutz persönlicher Daten, er habe "massive Auswirkungen" auf die demokratische Debatte und Wahlen. Es handele sich um eine "heftige Manipulation" von Meinungen, die sich in Wahlergebnissen spiegelten, sagte die EU-Kommissarin in Washington.

In den USA und Großbritannien leiteten die Behörden Untersuchungen gegen Facebook ein. Auch wollen mehrere Parlamente Facebook-Chef Mark Zuckerberg zu dem Skandal befragen.

Barley will Facebook vorladen

In Deutschland sind ähnliche Töne zu hören: So sieht die neue Justizministerin Katarina Barley eine "Gefahr für die Demokratie" durch Wahlkampfmethoden anhand von Facebook-Daten, wie sie offenbar in den USA angewandt wurden. Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte die SPD-Politikerin, es sei nicht hinnehmbar, dass Nutzer in sozialen Netzwerken "gegen ihren Willen ausgeleuchtet werden, um sie ganz gezielt mit Wahlwerbung oder Hass gegen den politischen Gegner zu bombardieren". Es müssten klare Regeln gelten.

Barley will deshalb Vertreter von Facebook ins Justiz- und Verbraucherschutzministerium laden und eine Erklärung von Facebook zu dem Skandal um millionenfach angezapfte Nutzerprofile erzwingen. Das europäische Facebook-Management müsse "zu diesem Skandal" umfassend gegenüber der Bundesregierung Stellung beziehen, sagte die SPD-Politikerin demnach.

Katarina Barley, SPD, Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz, zur Facebook-Debatte

tagesschau 12:00 Uhr

Bär: Europa künftig am längeren Hebel

Europa habe beim Datenschutz ein sehr viel strengeres Recht als die USA, betonte die Ministerin. Entscheidend sei die Einwilligung der Nutzer, die immer nur wirksam sein könne, wenn die Betroffenen genau wüssten, was mit ihren Daten passiere. Das künftige europäische Datenschutzrecht, das ab Mai gelte, sehe bei Verstößen empfindliche Sanktionen bis zu vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes vor.

Auf die bald in Kraft tretende europäische Datenschutzgrundverordnung verweist auch die neue Staatsministerin für Digitales im Bundeskanzleramt, Dorothee Bär. Diese schaffe "einen einheitlichen Rechtsrahmen für Datenschutz in allen EU-Mitgliedstaaten", sagte die CSU-Politikerin dem "Focus". Damit habe Europa künftig einen deutlich längeren Hebel. "Nichtssagende Antworten und der Verweis auf das amerikanische Hauptquartier reichen dann nicht mehr."

Auch die Datenexpertin der Linkspartei, Anke Domscheit-Berg, verspricht sich Verbesserungen von der europäischen Datenschutzverordnung, wie sie im ARD-Morgenmagazin sagte. "Was sich vor allem verändert, ist, dass die Zuständigkeit des Rechtes davon abhängt, wo die Nutzer sitzen."

Anke Domscheit-Berg, Die Linke, zur Facebook-Debatte

ARD Morgenmagazin

Grüne: Mit deutschem Gesetz gegen Facebook

Die Grünen fordern, per Gesetz gegen Facebook vorzugehen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz, sagte dem SWR: "Die Zeit des Redens ist vorbei! Wir müssen endlich die notwendigen Gesetze machen, um die Verbraucherinnen und Verbraucher zu schützen." Er kritisierte, dass derzeit noch nicht einmal geltendes Recht durchgesetzt werde.

Sein Parteikollege, der EU-Abgeordnete Jan-Philipp Albrecht fordert für eine effektivere Kontrolle von Konzernen wie Facebook, die deutschen Aufsichtsbehörden entsprechend auszustatten. Der Datenschutzexperte sagte NDR Info: "Wir brauchen eine Debatte darüber, wie gerade bei solchen Konzernen, die eine erhebliche Datenmacht haben, eine Kontrolle durch Datenschutzbehörden, aber auch durch Wettbewerbs- und Kartellbehörden gelingen kann."

Entschuldigung Zuckerbergs

Zwar entschuldigte sich Facebook-Chef Zuckerberg inzwischen und räumte seine Verantwortung ein. Doch das Interview kam spät, erst Tage nach dem Bekanntwerden des Skandals durch einen Whistleblower.

Die Linken-Abgeordnete Anke Domscheit-Berg kritisierte diese Reaktion Zuckerbergs als ungenügend: "Was er angekündigt hat, reicht einfach nicht", sagte sie im ARD-Morgenmagazin. Bislang habe der Facebook-Chef nur dann reagiert, wenn der Druck von Investoren und Nutzern groß genug gewesen sei.

Am Wochenende war bekannt geworden, dass die Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica sich unerlaubt Zugang zu Daten von mehr als 50 Millionen Facebook-Nutzern verschaffen konnte. Die Firma soll im US-Wahlkampf versucht haben, mit als Werbung geschalteten gezielten Botschaften bei Facebook Anhänger des heutigen Präsidenten Donald Trump zu mobilisieren und zugleich potenzielle Wähler der Gegenkandidatin Hillary Clinton vom Urnengang abzubringen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 22. März 2018 um 09:00 Uhr.