Patricia Schlesinger | picture alliance/dpa/dpa-Zentral

Nach Abberufung der rbb-Intendantin Schlesinger wird fristlos entlassen

Stand: 22.08.2022 19:22 Uhr

Der rbb-Verwaltungsrat hat die abberufene rbb-Intendantin Schlesinger fristlos entlassen. Sie soll keine Abfindung oder Ruhegeldzahlungen erhalten. Zudem sprach sich das Gremium dafür aus, dass sie durch einen Interimsintendanten ersetzt werden soll.

Der Verwaltungsrat des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb) hat nach der Auflösung des Vertrages mit der abberufenen Intendantin Patricia Schlesinger dieser die fristlose Kündigung ausgesprochen. Das teilte die amtierende Verwaltungsratsvorsitzende des ARD-Senders, Dorette König, nach einer Sitzung des Rats mit.

Schlesinger soll auch keine Abfindung oder Ruhegeldzahlungen erhalten. Die Entscheidung sei mehrheitlich gefallen, sagte König weiter. Das Vertrauen zwischen Schlesinger und dem Sender sei hochgradig zerstört.

Schlesinger sieht sich als "Sündenbock"

Schlesinger ließ über ihren Anwalt zur außerordentlichen Kündigung mitteilen: "Ich bedaure diese Entscheidung, die offensichtlich politisch motiviert ist, um einen Sündenbock zu haben. Dieses Vorgehen ist durch die Faktenlage keinesfalls gedeckt." Weiter hieß es: "Die Untersuchungen sind längst nicht abgeschlossen. Ich sehe ihrem Ergebnis zuversichtlich entgegen."

Verwaltungsrat für Interimsintendant

Der Verwaltungsrat sprach sich zudem für die Einsetzung eines Interimsintendanten aus. Aktuell führt der nach rbb-Angaben derzeit krankgeschriebene Verwaltungsdirektor Hagen Brandstäter die Geschäfte, der wegen der Aufarbeitung der Krise um Vorwürfe der Vetternwirtschaft gegen Schlesinger ebenfalls in der Kritik steht.

Man sei der Überzeugung, dass die Strukturanalyse und Neuaufstellung nur glaubwürdig durch externe Unterstützung gelingen könne, sagte König weiter. Man wolle in den nächsten Tagen einen Fahrplan dafür entwickeln und habe die aktuelle rbb-Geschäftsleitung zugleich gebeten, zur Sicherstellung der Stabilität ihre Aufgaben zunächst weiter wahrzunehmen.

Dorette König | dpa

Die amtierende rbb-Verwaltungsratsvorsitzende König sieht das Vertrauen hochgradig zerstört. Bild: dpa

Wegen zahlreicher Vorwürfe zurückgetreten

Vor einer Woche war Schlesinger vom Rundfunkrat - dem zweiten Kontrollgremium - abberufen worden. Die 61-Jährige sieht sich seit Ende Juni zahlreichen Vorwürfen des Filzes und der Vetternwirtschaft ausgesetzt. Sie war seit Jahresbeginn ARD-Vorsitzende und seit 2016 rbb-Intendantin. Von beiden Ämtern trat sie zurück.

Im Zentrum des Skandals steht neben der abberufenen Intendantin auch der zurückgetretene rbb-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf. Beide wiesen die Vorwürfe zurück. Es geht unter anderem um umstrittene Beraterverträge für ein rbb-Bauprojekt, um Abstimmungen zwischen beiden zum Gehalt und Boni für Schlesinger. Und um Aufträge für den Ehemann und Ex-"Spiegel"-Journalisten Gerhard Spörl bei der Messe Berlin - wo Wolf bis vor kurzem in Personalunion auch Chefaufseher war.

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt gegen alle drei wegen Untreue und Vorteilsannahme. Es gilt die Unschuldsvermutung. Es läuft zudem eine externe Untersuchung einer Anwaltskanzlei. Es liegen noch keine Ergebnisse vor.

Über dieses Thema berichtete NDR Info am 22. August 2022 um 17:10 Uhr.