
Bundesverfassungsgericht Teil-Impfpflicht ist verfassungskonform
Das Bundesverfassungsgericht hat die Corona-Impfpflicht im Pflege- und Gesundheitswesen nun endgültig gebilligt. Der Schutz von Alten und Kranken habe einen "überragenden Stellenwert", so die Richter.
Bis Mitte März mussten Beschäftigte in Arztpraxen, Krankenhäusern oder Pflegeheimen nachweisen, dass sie vollständig geimpft oder genesen sind. Neue Mitarbeiter benötigten den Impfnachweis ab dem 16. März. Fehlen Nachweise, müssen die Arbeitgeber das zuständige Gesundheitsamt informieren, was für die Beschäftigten schwerwiegende Konsequenzen haben kann, vom Bußgeld bis hin zum Jobverlust.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Impfpflicht verfassungskonform ist. Zwar greife sie in das Recht auf körperliche Unversehrtheit der betroffenen Mitarbeiter ein. Hinzu käme, dass diejenigen, die sich nicht impfen lassen wollen, mit beruflichen Konsequenzen rechnen müssten.
Alternativ bliebe ihnen nur, den Beruf aufzugeben oder zu wechseln. Die Pflicht, sich impfen zu lassen, sei aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt und im Rahmen einer Abwägung auch verhältnismäßig, so die Richterinnen und Richter des ersten Senats.
Besondere Situation im Pflege- und Gesundheitswesen
Dabei verwiesen sie auf die besondere Situation im Pflege- und Gesundheitswesen. Bei der Impfpflicht gehe es vor allem darum, ältere und kranke Menschen zu schützen. Bei ihnen bestehe ein erhöhtes Risiko, sich zu infizieren, anschließend schwer zu erkranken und zu sterben. Der Schutz von Alten und Kranken habe einen "überragenden Stellenwert", wie es im Beschluss heißt. Der Gesetzgeber habe die Pflicht, diesen Schutz zu gewährleisten.
Gefährliche, schwer vorhersehbare Dynamik
Das Bundesverfassungsgericht verweist auch auf den Zeitpunkt, als die gesetzlichen Vorschriften zur Impfpflicht verabschiedet wurden. Im vergangenen Dezember habe das Infektionsgeschehen deutlich zugenommen. Der Gesetzgeber, so das Verfassungsgericht, konnte damals davon ausgehen, dass sich die Pandemie deutlich verschärfen wird; und im Zuge dessen ältere und vorerkrankte Menschen besonders gefährdet seien.
Bei seinen Entscheidungen habe der Gesetzgeber einen weiten Beurteilungsspielraum gehabt, denn die Pandemie sei durch eine gefährliche, schwer vorhersehbare Dynamik geprägt, die Sachlage komplex.
An höheren Gefahr ändert sich nichts
Nach der Entscheidung ist die weitere Entwicklung der Pandemie kein Grund, von dieser Beurteilung abzuweichen. Dabei stützt sich das Gericht auf die Beurteilung des Robert-Koch-Instituts und von medizinischen Fachgesellschaften.
Es sei weiterhin davon auszugehen, dass eine Impfung auch vor der aktuell vorherrschenden Omikron-Variante schütze. Zwar nehme der Schutz mit der Zeit ab, und die meisten Krankheitsverläufe seien bei der Omikron-Variante milder. Dennoch bleibe die einrichtungsbezogene Impfpflicht verfassungskonform, weil sich nach Ansicht der Experten an der höheren Gefahr für alte und kranke Menschen grundsätzlich nichts verändert habe.
Aktenzeichen: 1 BvR 2649/21