Bundestag stimmt der EEG-Reform zu Was kostet uns der Strom der Zukunft?

Stand: 27.06.2014 11:33 Uhr

Nach monatelanger Diskussion hat der Bundestag die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beschlossen. Ob die Novelle zum 1. August komplett umgesetzt werden kann, ist aber noch unsicher. tagesschau.de erklärt, was die Reform bewirken soll.

Was soll das EEG bewirken?

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist dazu gedacht, die klimafreundliche Stromerzeugung zu fördern. Seit 2000 wird deshalb Strom aus Sonnenkollektoren, Windparks oder Biogas-Anlagen besonders vergütet. Diese Vergütungen für die Betreiber der Anlagen sind für 20 Jahre garantiert, gerechnet ab dem Zeitpunkt, wo die Anlage ans Netz angeschlossen wird.

Finanziert wird das Ganze über die EEG-Umlage. Die bezahlen alle Stromkunden, auch die, die gar keinen Ökostrom beziehen. Einen durchschnittlichen Haushalt, der 3500 Kilowattstunden verbraucht, kostet das derzeit 218 Euro netto. Je mehr Strom aus nicht-fossilen Quellen gewonnen wird, umso mehr Strom muss zu den garantierten Sätzen vergütet werden.

Warum braucht das EEG eine Reform?

Das Plus an gefördertem Strom bedeutet auch, dass der Strom teurer wird, denn die Stromkunden müssen für immer mehr Vergütung aufkommen. Der Erfolg des EEGs in Form von mehr Ökostrom hat also den unangenehmen Effekt, dass Privatkunden wie Industrie durch höhere Energiekosten belastet werden. Dazu kommt: Viele Industrieunternehmen sind bislang von der EEG-Umlage befreit. Ihr Anteil an der Förderung muss übernommen werden.

Vor allem im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 war der steigende Strompreis von den Politikern als Problem erkannt worden. Der damalige Bundesumweltminister Peter Altmaier von der CDU hatte deshalb eine Strompreisbremse vorgeschlagen, konnte sich aber mit der Idee nicht durchsetzen. SPD und Grüne in den Landesregierungen lehnten die starken Einschnitte in der Förderung ab, stritten sich aber ihrerseits über Umfang und Art der Ausnahmen für die Industrie. Die Strompreisbremse hätte aber die Zustimmung der Länder im Bundesrat gebraucht. Die Zustimmung des Bundesrats ist unter anderem dann notwendig, wenn ein Gesetz die Verfassung ändert, das Finanzaufkommen der Länder betrifft oder in die Verwaltungshoheit der Länder eingreift.

Worauf hat sich die Bundesregierung jetzt geeinigt?

Die Reform will die Abkehr von garantierten Zahlungen einleiten. So soll die Vergütung für neue Anlagen auf zwölf Cent je Kilowattstunde im Schnitt sinken. Insgesamt sieht der Gesetzentwurf vor, den Ausbau zu deckeln. Zusätzliche Solar- und Windkraftanlagen dürfen insgesamt nicht mehr als je 2500 Megawatt liefern. Werden zum Beispiel mehr Windräder gebaut, die dann mehr Strom produzieren, gibt es für die weniger Geld. Ausnahme: Ältere Anlagen können am selben Standort durch leistungsstärkere Anlagen ersetzt werden, ohne unter die Deckelung zu fallen. Deckelungen sind auch für Offshore-Windparks und für Strom aus Biomasse vorgesehen.

Neu ist eine Art "Energie-Soli". Wer in Zukunft damit beginnt, seinen eigenen Strom zu produzieren und zu verbrauchen, zahlt dann eine Mindestabgabe. Bislang waren Eigenstromversorger von der EEG-Umlage befreit. Dadurch ergab sich für Privathaushalte eine höhere Belastung, weil viele Unternehmen wegen der hohen Preise ihren Strom selbst erzeugen. Ausgenommen bleiben kleine Solaranlagen bis 10 Kilowatt auf dem Hausdach.

Was ändert sich für die Industrie?

Firmen und Unternehmen müssen sich darauf einstellen, dass sich die Kriterien für Vergünstigungen verschärfen. Bislang wurden Firmen, deren Stromkosten 14 Prozent der Bruttowertschöpfung betrugen, teilweise von der EEG-Umlage befreit. Die Bruttowertschöpfung resultiert aus der Summe aller produzierten Waren und Dienstleistungen des Unternehmens, abzüglich der Vorleistungen.

Für 68 Kernbranchen soll dieser Grenzwert steigen: zunächst auf mindestens 16 Prozent und ab dem Antragsjahr 2015 auf 17 Prozent. In 151 weiteren Wirtschaftsbranchen sollen es mindestens 20 Prozent sein. Die Schwelle werde "moderat" angehoben, heißt es. So will das Wirtschaftsministerium vermeiden, dass der Kreis der privilegierten Firmen künftig größer werde. Ziel ist es, die Rabattkosten von aktuell 5,1 Milliarden Euro zu stabilisieren.

Welche Bedenken bestehen seitens der EU?

Bundesregierung und EU-Kommission streiten darüber, ob und wie für importierten Ökostrom EEG-Umlage zu zahlen ist und ob und wie der ausländische Erzeuger von der Förderung profitiert. Sollte der Erzeuger nicht von der Förderung profitieren, die Umlage aber erhoben werden, sieht die Kommission darin so etwas Ähnliches wie einen Zoll. Zölle sind aber innerhalb der EU verboten. Mit Spannung wird deshalb ein Urteil der Europäischen Gerichtshofs erwartet.

Der EuGH befasst sich mit dem Fall eines finnischen Windparks, der direkt an das schwedische Stromnetz angebunden ist. Schweden verweigert dem finnischen Betreiber derzeit die Förderung für "inländischen Ökostrom", in etwa vergleichbar mit dem deutschen EEG. Nach Ansicht des zuständigen Rechtsgutachters verstößt das gegen den Grundsatz des freien Warenverkehrs in der EU. Der EuGH ist an solche Rechtsgutachten nicht gebunden, folgt ihnen aber meistens.

Was bedeutet die Reform für die Zukunft von Ökostrom und Strompreis?

In welchem Umfang die EEG-Umlage steigt, ist auch für das zuständige Wirtschaftsministerium schwer abzuschätzen. Die Prognose für 2015 geht von einer Umlage zwischen 5,85 und 6,86 Cent pro Kilowattstunde aus. Ein Cent Differenz klingt nach nicht viel, kann aber bei hohem Stromverbrauch einen gewaltigen Unterschied ausmachen.

Die Entwicklung der Umlage hängt nicht nur vom Ausbau der erneuerbaren Energien ab, sondern auch vom Strompreis an der Börse. Sinkt der Strompreis dort, steigt die Umlage, weil die höhere Differenz zur garantierten Vergütung aufgefangen werden muss. Steigt der Strompreis an der Börse moderat, steigt die EEG-Umlage bis 2017 auf 6,4 Cent pro Kilowattstunde. Die Summe aus Börsenstrompreis und EEG-Umlage liegt dann 2017 bei 10,4 Cent pro Kilowattstunde. Sinkt der Börsenstrompreis, steigt die Umlage. Der Preis für die Verbraucher läge dann bei 10,1 Cent, bei steigendem Börsenstrompreis und sinkender Umlage bei 10,6 Cent.