DeutschlandTrend

ARD-DeutschlandTrend Mai 2008 Beck und CSU auf Talfahrt

Stand: 01.05.2008 22:40 Uhr

Kaum Veränderungen im Bund, dafür Alarm für die CSU in Bayern. Sie ist viereinhalb Monate vor der Landtagswahl auf 48 Prozent abgesackt und liegt damit auf einem Niveau, das die absolute Mehrheit nicht garantiert. Bundesweit liegt die Union unverändert bei 37 Prozent, die SPD erholt sich leicht gegenüber Anfang April und landet bei 27 Prozent (+1). Alle drei kleineren Parteien sind und bleiben zweistellig: die Linke stabil bei 12 Prozent, die FDP (keine Veränderung) genauso wie die Grünen (-1) bei 10 Prozent.

Von Jörg Schönenborn, WDR

Zwei Jahre dauert der Aufschwung schon. Doch trotz aller Meldungen über Wachstum und immer mehr Arbeitsplätzen gibt es im Deutschlandtrend eine verlässliche Konstante: Rund zwei Drittel der Befragten, diesmal genau 64 Prozent, finden, dass es in unserem Land ungerecht zugeht. Über die Gründe zerbrechen sich die Parteien den Kopf. Sind die Renten zu niedrig? Tun wir zu wenig gegen Kinderarmut?

Unsere Umfrage in diesem Monat liefert Erklärungen. 82 Prozent beklagen, dass sich die Arbeitsbedingungen in Deutschland in den letzten Jahren immer weiter verschlechtert haben. Und die Gewerkschaften, so sagen immerhin 73 Prozent, kümmerten sich vor allem um die, die einen festen und sicheren Job haben.

Schlechtes Zeugnis für die Gewerkschaften

Zum Tag der Arbeit ist das Zeugnis für die Arbeit der Gewerkschaften eher durchwachsen. 55 Prozent meinen, dass die Gewerkschaften in Deutschland eine insgesamt gute Arbeit leisten - 41 Prozent sehen das jedoch nicht so. Auffällig ist dabei, dass ausgerechnet Arbeiter und Arbeitslose in ihren Bewertungen zurückhaltender sind. Hier geben nur 50 bzw. 49 Prozent eine "gute" Note. Noch besser einordnen lässt sich dieses Ergebnis, wenn man die Werte für die Wirtschaft daneben legt. Immerhin 72 Prozent finden, dass die Unternehmen gute Arbeit leisten.

Überraschend ist, dass trotz der anhaltenden Diskussion über das Versagen der Bankmanager, über Korruption bei Siemens und unverhältnismäßig hohe Vorstandsgehälter die Gewerkschaftsführer nicht besser abschneiden als die Firmenchefs. So finden 47 Prozent, dass die Unternehmen gute Leute an der Spitze hätten. Aber nur 45 Prozent sagen das gleiche über die Gewerkschaften. Die Führungsetagen beider Gruppen erhalten somit ähnlich schlechte Bewertungen.

Dabei haben die Befragten den Eindruck, dass es der Wirtschaft sehr viel besser als den Gewerkschaften gelingt, ihre Interessen durchzusetzen (70 zu 46 Prozent). Allerdings wünschen sich die meisten genau das Gegenteil: 57 Prozent wollen mehr Einfluss für die Gewerkschaften, 41 Prozent mehr Einfluss für die Wirtschaft.

Sicherheit wichtiger als Einkommen

Wenn in unseren Sendungen über Tarifverhandlungen und deren Ergebnisse berichtet wird, fühlt sich ein wachsender Teil des Publikums ausgeschlossen. Immer weniger Beschäftigte stehen unter dem Schutz von Tarifverträgen. Im Westen sind es noch gut 60 Prozent, im Osten etwas mehr als 50 Prozent.

Vor diesem Hintergrund muss man nicht nur die Ergebnisse unserer Umfrage sehen, sondern auch die Erwartungen an die Gewerkschaften. Mehr Geld ist nämlich aus Sicht der Befragten keineswegs das Wichtigste, wenn die Tarifparteien verhandeln. Ganz vorn rangiert stattdessen, dass der Verzicht auf Kündigungen vertraglich festgeschrieben wird - so wie gerade bei der Deutschen Post geschehen. 46 Prozent geben diesem Verhandlungsziel die höchste Priorität. Dann folgen erst höhere Löhne und Gehälter mit 32 Prozent. Längere Arbeitszeiten zu verhindern, wie sie die Unternehmen im Moment wieder vermehrt fordern, steht nur für 14 Prozent ganz oben auf der Liste.

Daraus ergibt sich ein eher überraschendes Bild: Die Deutschen wollen stärkere Gewerkschaften als bisher. Sie sehen deren Führer kritisch. Sie erwarten mehr Einsatz für sichere Arbeitsplätze als für höhere Löhne. Und sie wünschen sich, dass die Beschäftigten stärker ins Blickfeld geraten, die nicht nach fest ausgehandelten Spielregeln beschäftigt werden.

Parteien in der Krise?

Den Parteien trauen die Betroffenen da übrigens auch nicht allzu viel zu. "Welche Partei macht Ihrer Meinung nach eine gute Politik für Arbeitnehmer?" haben wir gefragt. 28 Prozent antworteten spontan "keine Partei". Weitere 18 Prozent wollten die Frage gar nicht beantworten. Das ist zusammengenommen fast die Hälfte der Befragten. Beruhigend für die SPD ist, dass sie unter den Parteinennungen ganz oben steht - beunruhigend allerdings, dass sie dabei nur auf 24 Prozent kommt. Es folgt die Union mit 17 Prozent und die Linke mit 6 Prozent. Wieder ein Beleg dafür, dass die Linke vor allem als Protestpartei gewählt wird. Nicht einmal jeder dritte Links-Wähler findet, dass diese Partei "gute Politik für Arbeitnehmer" macht. Gregor Gysi und Oskar Lafontaine haben da wohl doch ein Problem.

Die SPD erholt sich - Becks Talfahrt geht weiter

Genauso wie die Sozialdemokraten, die sich zwar in der Sonntagsfrage gefangen haben, deren Vorsitzender Kurt Beck aber weiter an Boden verliert. Sein Zustimmungswert liegt mit 23 Prozent (-1) erneut auf einem historischen Tiefstand. Schmerzhafter ist, dass nur noch 39 Prozent der SPD-Anhänger (-9) mit seiner Arbeit zufrieden sind. Im direkten Vergleich Merkel gegen Beck würden sich die SPD-Wähler mehrheitlich für die Unions-Kanzlerin entscheiden. Unter allen Befragten führt Merkel jetzt 68 zu 14 - mit 54 Punkten der größte Abstand bisher. Sehr viel größer wären die Chancen für einen SPD-Kandidaten Steinmeier aber auch nicht: Hier würden sich 55 Prozent für Merkel und 26 Prozent für den Außenminister entscheiden.

Es wird knapp für die CSU

Tröstlich für die Genannten, dass im Bund erst 2009 gewählt wird. In Bayern hingegen bleiben der CSU nur noch gut vier Monate, ihre Position zu verbessern. In der Sonntagsfrage fällt sie auf 48 Prozent zurück (-4 gegenüber Januar). Die SPD erreicht 23 Prozent (+2), die Grünen 10, die FDP 6 und die Linke 4 Prozent (+1).

Am bedrohlichsten für die CSU ist der Zuwachs der Freien Wähler auf 5 Prozent (+2). Sie haben eine breite Basis in den Kreisen und Städten und bei der Kommunalwahl gerade erst gut abgeschnitten. Angesichts der großen Zahl Unentschlossener trauen die Wahlforscher von Infratest dimap dieser Gruppe durchaus noch einiges zu. Auf der Basis der heutigen Zahlen hätte die CSU die absolute Mehrheit der Mandate knapp verteidigt. Aber schon ein geringer Zuwachs der Linken und damit ihr Einzug ins Parlament würde das ändern.

Das neue CSU-Führungsduo schwächelt

Die Schwäche der CSU ist eine Schwäche ihrer Führung. Sowohl Ministerpräsident Günther Beckstein als auch Parteichef Erwin Huber haben stark an Zustimmung verloren. Beckstein steht bei 48 Prozent und Huber nur noch bei 28 Prozent. Parteivize Seehofer kommt wie Beckstein auf 48 Prozent. Wie gewaltig die tektonischen Verschiebungen in Bayern sind, macht ein Vergleichswert deutlich: Edmund Stoiber hat in guten Zeiten bis zu 75 Prozent und in den eigenen Reihen gar bis zu 97 Prozent Zustimmung erreicht.

Untersuchungsanlage DeutschlandTrend

Grundgesamtheit: Wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland ab 18 Jahren
Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl / Randomstichprobe
Erhebungsverfahren: Computergestützte Telefoninterviews
Fallzahl: 1000 Befragte (700 West / 300 Ost)
Sonntagsfrage: 1500 Befragte
BayernTrend: 1000 Befragte
Erhebungszeitraum: 28. bis 29. April 2008
Sonntagsfrage: 28. bis 30. April 2008
BayernTrend: 28. bis 30. April 2008
Fehlertoleranz: 1,4 bis 3,1 Prozentpunkte