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Corona-Infektionsrisiko Warum manche nicht erkranken

Stand: 14.04.2022 16:29 Uhr

Gene, Blutgruppe oder einfach nur Glück? Woran es liegt, dass manche Menschen nach engem Kontakt mit Infizierten an Corona erkranken und andere nicht.

Von Lisa Schmierer, SWR

"Glück gehabt", denken sich derzeit viele, die sich trotz Kontakt mit einer infizierten Person nicht angesteckt haben. Egal ob Geburtstagsfeier, Kinobesuch oder gemeinsames Essen: Dass einer der Anwesenden trotz negativem Schnelltest Corona hat und ansteckend ist, ist derzeit keine Seltenheit.

Was aber nicht weniger selten ist: Nicht jede oder jeder steckt sich nach einem engen Kontakt an. Was hinter diesem vermeintlichen Glück steckt, untersuchen Forschende bereits seit Beginn der Pandemie.

Ein plausibler Erklärungsansatz: Der Körper schafft es, das Virus so schnell zu bekämpfen, dass Antigentests nicht anschlagen, weil die Viruslast zu gering ist. Außerdem ist es möglich, dass Menschen bereits infiziert waren, ohne es zu bemerken und deshalb nicht erneut erkranken.

Kreuzimmunität wegen anderer Coronaviren?

Interessant ist dabei: Forschende vermuten, dass auch eine Infektion mit bestimmten anderen Viren vor SARS-CoV-2 schützen. Entscheidend dafür sind T-Zellen, die der Körper bildet, während er einen Erreger bekämpft. T-Zellen sind weiße Blutkörperchen und erfüllen unterschiedliche Aufgaben der Immunabwehr. Sie können beispielsweise infizierte Zellen erkennen und abtöten oder Botenstoffe aussenden, die helfen, die Immunabwehr zu koordinieren.

Außerdem bilden sie die Grundlage des immunologischen Gedächtnisses: Bei einer erneuten Infektion kann der Erreger dann schneller bekämpft werden. Dieser Mechanismus kann aber auch bei ähnlichen oder verwandten Viren greifen. Fachleute sprechen in diesen Fällen von Kreuzimmunität.

Forschende der Universität Zürich haben diesen Effekt in ihrer Studie auch bei SARS-CoV-2 feststellen können. Ihr Ergebnis: Waren Probanden bereits vorher mit einem der vier bekannten menschlichen Coronaviren infiziert, konnten sie auch SARS-CoV-2 schneller abwehren. Auch bei schweren Verläufen stellen sie einen Effekt fest: Menschen, die bereits mit einem anderen Coronavirus infiziert waren, musste seltener im Krankenhaus behandelt werden.

Welchen Einfluss hat der genetische Hintergrund?

Auch der eigene genetische Hintergrund spiele eine Rolle, sagt Martina Prelog, Fach-Immunologin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Von einigen Krankheiten, wie zum Beispiel Malaria, ist bereits bekannt, dass bestimmte genetische Mutationen besser vor einer Infektion schützen als andere. Auch bei Covid-19 sei dies der Fall.

So habe beispielsweise der sogenannte Humane-Leukozyten-Antigen-Gewebetypus (HLA) einen Einfluss darauf, wie gut das Immunsystem Viren erkennen kann. Der HLA-Gewebetypus ist beispielsweise auch entscheidend dafür, ob ein potenzieller Organspender zu einem Empfänger passt.

Eine aktuelle Studie hat außerdem Zusammenhänge zwischen acht Genregionen und der Wahrscheinlichkeit gefunden, sich anzustecken. Bereits vorher lieferten Studien Hinweise, dass bestimmte Genregionen sich auf die Krankheitsschwere auswirken könnten.

Welche Rolle spielt die Blutgruppe?

Schon bei anderen Arten des Coronavirus kamen Forschende zu dem Ergebnis, dass sich Menschen mit Blutgruppe 0 seltener infizieren als Personen mit anderen Blutgruppen. Auch bei SARS-CoV-2 scheint dies laut Prelog der Fall zu sein: Personen mit Blutgruppe 0 haben Studien zufolge ein bis zu 45 Prozent geringeres Risiko, sich zu infizieren, im Vergleich zu anderen Blutgruppen.

Darüber, welche Blutgruppe das größte Risiko birgt, ist die Studienlage hingegen bislang nicht eindeutig. In einer französischen Studie war es Blutgruppe AB. Die Erklärung der Forschenden: Sind die Blutgruppen kompatibel, steigt das Infektionsrisiko. Hatten Paarungen in der Studie inkompatible Blutgruppen, war das Ansteckungsrisiko mehr als 40 Prozent geringer im Vergleich zu Paarungen mit kompatiblen Blutgruppen.

Aus dieser Vermutung folgt aber auch: Ändert sich die Blutgruppen-Verteilung in einer Gruppe, ändert sich auch das Infektionsrisiko für einzelne Blutgruppen entsprechend.

Insgesamt lässt sich derzeit allerdings nur schwer einschätzen, wie groß der Effekt ist, den genetische Faktoren auf das Infektionsrisiko haben. Forschende erhoffen sich allerdings durch die Untersuchung der genetischen Faktoren Erkenntnisse, um Medikamente oder neue Therapiemöglichkeiten zu entwickeln - auch Martina Prelog: "Ich denke, es ist eine Chance, jetzt noch einmal ein besseres Verständnis für Infektionskrankheiten zu gewinnen, aber auch dafür, wie unser Immunsystem funktioniert."

Tageszeit und beeinflussbare Faktoren

Neben genetischen Faktoren spielt laut Prelog auch die Tageszeit eine Rolle, zu der der Kontakt stattfindet. Morgens ist das Immunsystem aktiver als am Abend - vorausgesetzt der Körper ist ausgeschlafen, und der Körper hatte genug Zeit, sich zu erholen.

Hinzu kommen noch allgemeine Faktoren, die das Immunsystem beeinflussen. Stress, Schlafmangel, Alkohol und andere Drogen schwächen die Körperabwehr. Bewegung und gesunde Ernährung hingegen stärken das Immunsystem. Prelog empfiehlt mindestens fünf Mal die Woche eine halbe Stunde Sport. Je mehr, desto besser, solange es kein Extremsport sei - etwa ein Marathonlauf schwäche das Immunsystem nämlich wieder.

Dass sich eine Person in einer Situation nicht ansteckt, müsse aber nichts für künftige Kontakte mit dem Virus bedeuten. "Das kann beim nächsten Mal schon wieder ganz anders sein. (…) Wir können nicht sagen, dass eine Person immer gleich gut geschützt ist."