Gestellte Szene zur häuslichen Gewalt: Mann ballt eine Faust, eine Frau sitzt im Hintergrund Schutz suchend unter einem Tisch.

Zweites Corona-Jahr Erneut mehr Opfer häuslicher Gewalt

Stand: 18.06.2023 10:57 Uhr

Unsicherheit, Stress und Lagerkoller - im zweiten Corona-Jahr sind einem Zeitungsbericht zufolge noch mehr Menschen Opfer häuslicher Gewalt geworden. Die meisten waren Frauen. In einem Bundesland stieg die Gewalt besonders stark.

Auch im zweiten Corona-Jahr hat die häusliche Gewalt in Deutschland zugenommen. 2021 hätten die Behörden 161.000 Opfer von Gewalt durch Partner oder Ex-Partner registriert, berichtet die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf Innenministerien und der Landeskriminalämter. Dies entspreche einem Anstieg von 1,3 Prozent im Vergleich zu 2020.

Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus, weil sich viele Opfer nicht trauten, Anzeige zu erstatten. Zwei Drittel der erfassten Opfer seien Frauen, die Täter meist Partner oder Ex-Partner.

Regierung will mehr Frauenhäuser bauen

Bundesfamilienministerin Lisa Paus sagte der Zeitung, die Regierung wolle "den Zugang zu Schutz und Beratung bundesgesetzlich regeln, einen einheitlichen Rechtsrahmen für die verlässliche finanzielle Absicherung des Hilfesystems schaffen und es bedarfsgerecht ausbauen."

Das Hilfsangebot sei mit rund 350 Frauenhäusern, 100 Schutzwohnungen und mehr als 600 Beratungsstellen unzureichend. "Deshalb bauen wir Frauenhäuser und Beratungsstellen gemeinsam mit den Ländern weiter aus und stellen dafür 120 Millionen Euro aus Bundesmitteln bis 2024 zur Verfügung", so die Grünen-Politikerin.

Zahlen in acht Bundesländern gestiegen

Die Gewalttaten entwickeln sich regional sehr unterschiedlich. In acht der 16 Bundesländer sind die Zahlen gestiegen. Der "Welt am Sonntag" zufolge verzeichnet Thüringen mit 24 Prozent (3227 Opfer) den stärksten Zuwachs häuslicher Gewalt. Dahinter kommen demnach Niedersachsen (plus 12,9 Prozent, 22.405 Opfer) und das Land Bremen/Bremerhaven (plus 9,1 Prozent, 3018 Opfer). Den größten Rückgang meldeten das Saarland (minus 7,1 Prozent, 2653 Opfer,) und Hamburg (minus 6,3 Prozent, 5058 Opfer).

Nordrhein-Westfalens Familienminister Joachim Stamp nannte die Zahlen erschütternd. "Die Auswirkungen der Corona-Pandemie, etwa strenge Kontaktbeschränkungen oder Quarantänezeiten, haben die Vorfälle von häuslicher Gewalt noch verstärkt", so der FDP-Politiker. Nordrhein-Westfalen gehört mit einem Anstieg von 4,7 Prozent und insgesamt 34.235 registrierten Opfern zu den acht Bundesländern, in denen die Zahlen zunahmen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 15. Mai 2022 um 09:50 Uhr.