In einer Schiffswerft bearbeitet ein Schweißer in Schutzkleidung tonnenschwere Brückenteile.

Chancen-Aufenthaltsrecht SPD wirbt, Union warnt

Stand: 02.12.2022 05:20 Uhr

Mit mehreren Gesetzesvorhaben will die Ampel-Koalition die Migrationspolitik reformieren - auch um Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland zu holen. Aus der Opposition kommt Widerstand.

Kurz vor der Abstimmung im Bundestag über das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht hat die SPD den Gesetzentwurf gegen Kritik aus der Opposition verteidigt. "Damit beenden wir die Unsicherheit vieler geduldeter Menschen, die sich von einer Duldung zu nächsten hangeln und eröffnen ihnen Perspektiven", sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Hartmann, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Das sei für die betroffenen Menschen genauso wichtig wie für viele Arbeitgeber etwa im Handwerk oder in der Pflege, die Beschäftigte hätten, die bisher nur über eine Duldung verfügten. "Das ist eine Win-win-Situation für alle Seiten, für die Betroffenen und die gesamte Gesellschaft, und die Einleitung des dringend notwendigen Paradigmenwechsels in Deutschland", sagte Hartmann.

Entscheidung im Bundestag

Nach den Plänen der Bundesregierung soll das Chancen-Aufenthaltsrecht gut integrierten Ausländern, die schon mehrere Jahre ohne gesicherten Status in Deutschland leben, eine Perspektive bieten.

Wer zum Stichtag 31. Oktober 2022 fünf Jahre im Land lebt und nicht straffällig geworden ist, soll 18 Monate Zeit bekommen, um die Voraussetzungen für einen langfristigen Aufenthalt zu erfüllen - dazu gehören etwa Deutschkenntnisse und die Sicherung des eigenen Lebensunterhalts. Am Morgen entscheidet der Bundestag darüber.

Kritik von der Union

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), kritisierte den Gesetzentwurf. "Der deutsche Arbeitsmarkt steht den Ausreisepflichtigen schon jetzt weit offen. Tausende ehemalige Ausreisepflichtige, die hier arbeiten und gut integriert sind, haben zudem längst ein Aufenthaltsrecht", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Davon gebe es nur eine große Ausnahme: "Die Ausreisepflichtigen, deren Identität nicht geklärt ist, weil sie sonst Gefahr laufen, abgeschoben zu werden." Diese Gruppe solle durch das Chancen-Aufenthaltsrecht privilegiert werden, indem sie ohne Gefahr einer Rückführung dauerhaft hierbleiben könne.

Auch Entscheidung zur Beschleunigung von Asylverfahren

Das Chancen-Aufenthaltsrecht ist nur ein Baustein des Vorhabens der Ampel-Koalition, die deutsche Migrationspolitik zu reformieren. Im Bundestag soll an diesem Freitag außerdem über Maßnahmen zur Beschleunigung von Asylverfahren entschieden werden.

Am Mittwoch hatte das Bundeskabinett zudem Eckpunkte zur erleichterten Einwanderung für Fachkräfte auf den Weg gebracht. Um mehr Arbeitskräfte nach Deutschland zu holen, will die Bundesregierung die Regeln für Einreise und Anerkennung von Berufsabschlüssen vereinfachen. Auswahlkriterien sollen etwa Berufserfahrung oder Deutschlandbezug sein.

Städtebund fordert besseren Zugang zu Visa

Der Städte- und Gemeindebund schlug vor, den Außenhandelskammern im Ausland die Erteilung von Visa zu ermöglichen. "Die Visa-Stellen an den deutschen Botschaften sind das Nadelöhr, durch das viele nicht durchkommen. Wir sollten daher die Außenhandelskammern befähigen, ebenfalls Visa und befristete Aufenthaltsgenehmigungen zu erteilen, weil sie den besten Kontakt zu den deutschen Arbeitgebern haben, die eine Fachkraft gefunden haben und einstellen wollen", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der "Rheinischen Post". Man brauche dringend mehr Fachkräfte aus dem Ausland.

Eine weitere Baustelle in der Migrationspolitik ist die Staatsbürgerschaft. Die Ampel-Parteien wollen laut ihrem Koalitionsvertrag ein "modernes Staatsangehörigkeitsrecht" schaffen mit der Möglichkeit zur Einbürgerung "in der Regel nach fünf Jahren" - derzeit sind es acht. «Bei besonderen Integrationsleistungen» - etwa herausragenden Leistungen in Schule und Beruf oder besonders guten Sprachkenntnissen - könnten es künftig auch drei Jahre sein. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte ihre Pläne dafür kürzlich vorgelegt.

Björn Dake, Björn Dake, ARD Berlin, 02.12.2022 06:01 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 02. Dezember 2022 um 07:33 Uhr.