Cannabis-Pflanze

Cannabis-Pläne der Bundesregierung Kinder- und Jugendärzte lehnen Legalisierung ab

Stand: 27.10.2022 07:31 Uhr

Der Kauf, Konsum und Anbau von Cannabis soll in begrenztem Umfang legalisiert werden. Für Gesundheitsminister Lauterbach ist das der "Königsweg". Doch Mediziner warnen vor Risiken für jüngere Altersgruppen.

Die Bundesregierung will den Konsum und Besitz von Cannabis in begrenztem Umfang legalisieren. Doch nicht nur politisch gibt es nach wie vor Zweifel an den Plänen der Ampelkoalition, auch von Medizinern werden Vorbehalte laut.

"Uns als Kinder- und Jugendärzten wäre es lieber, wenn die Cannabis-Legalisierung nicht kommt", äußerte sich Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, gegenüber der "Rheinischen Post". Er sieht zwingenden Bedarf, bei dem Vorhaben der Ampel noch nachzubessern.

Risiken bis zum 25. Lebensjahr

Die Kernforderung des Verbandspräsidenten beinhaltet eine Staffelung der Cannabis-Freigabe nach Alter, denn für junge Erwachsene bringe der Konsum ein wesentlich höheres Risiko mit sich. Denn das menschliche Hirn sei bis zum 25. Lebensjahr noch nicht vollständig ausgereift, betonte Fischbach. Daher könne regelmäßiger Cannabiskonsum "bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen irreparable Hirnschäden verursachen, bis hin zu einer dauerhaften Einschränkung der intellektuellen Leistungsfähigkeit und der sozialen Kompetenz".

Fischbach mahnte jedoch auch, dass ein Weg gefunden werden müsse, um die Weitergabe von legal gekauftem Cannabis an Jugendliche unter 18 Jahren komplett zu unterbinden. "Mit einer Legalisierung würde das viel häufiger passieren, mit dramatischen Folgen für die Gesundheit der Jugendlichen", so Fischbach.

Sorge um fehlende Kontrollmöglichkeiten

Bei den Kontrollmechanismen nach der möglichen Legalisierung von Cannabis sieht auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) noch offene Fragen - auch wenn der BDK "eine Entkriminalisierung von Konsumentinnen und Konsumenten aller Betäubungsmittel", grundsätzlich befürworte, sagte dessen Vorsitzender Dirk Peglow den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Peglow äußere allerdings Bedenken, dass Kontrollen für Polizeibeamte deutlich erschwert würden. Noch sei nicht geklärt, wie sie erkennen könnten, dass Cannabis legal erworben wurde. Auch Peglow rückte zudem den Jugendschutz in den Fokus und warnte, mit dem legalen Erwerb von Cannabis für Erwachsene drohe sich der illegale Handel stärker auf die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen zu konzentrieren.

Eine weitere Sorge führte Peglow in Bezug auf den künftig möglicherweise legalen privaten Anbau an: Wie könne sichergestellt werden, dass Kinder oder Jugendliche keinen Zugang zu Cannabis-Pflanzen hätten, die von den eigenen Eltern zuhause angebaut würden? "Das sind Dinge, die geklärt werden müssen, bevor ein Gesetz verabschiedet wird", forderte Peglow.

Jugendschutz, Kinderschutz und gesünderer Konsum und Eindämmung des Konsums sind die Ziele, Karl Lauterbach, Gesundheitsminister, zur möglichen Cannabis-Legalisierung

tagesthemen 22:30 Uhr

Lauterbach: Mehr Jugendschutz durch kontrollierte Abgabe

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach stimmte den Bedenken des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte zu, der eine Legalisierung gerade für Unter-25-Jährige für problematisch hält. Doch die bisherige Politik im Umgang mit Cannabis habe nicht funktioniert, sagte der SPD-Politiker im Interview mit den tagesthemen. Das werde unter anderem anhand steigender Nutzerzahlen deutlich: 25 Prozent in der Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen hätten im vergangenen Jahr gekifft. "Das kann uns nicht zufriedenstellen."

Lauterbach erhofft sich gerade durch die Legalisierung, auch Jugendliche und junge Erwachsene in bestimmter Hinsicht besser schützen zu können. Er verwies auf die teils toxischen Dosierungen, die auf dem Schwarzmarkt gehandelt würden und die darauf ausgelegt seien, junge Menschen so schnell wie möglich abhängig zu machen. "Wenn man das verhindern will, dann muss man entkriminalisieren", betonte Lauterbach.

Die Legalisierung sei der bessere Weg im Vergleich zu einem vollständig unkontrollierten Handel mit schädlichen Dosierungen und Beimengungen. "Wenn wir die Abgabe kontrollieren, dann kann es uns gelingen, dafür zu sorgen, dass wir mehr Jugendschutz haben." An Kinder und Jugendliche dürfe nichts abgegeben werden, das bleibe illegal. "Die Legalisierung ist der Königsweg, den Schwarzmarkt auszutrocknen." Lauterbach gab aber zu, dass es Restrisiken gebe - etwa wenn das legal erstandene Cannabis später an Jüngere abgegeben werde.

Besitz von bis zu 30 Gramm soll straffrei werden

Am Mittwoch hatte das Bundeskabinett den Vorschlägen der Ampel-Regierung zur Legalisierung von Cannabis zugestimmt. Der Besitz von bis zu 30 Gramm "Genusscannabis" soll für den Eigenkonsum künftig straffrei sein, ebenso der private Anbau mit maximal drei Pflanzen pro Person. Der Erwerb soll in "lizenzierten Fachgeschäften möglich sein. Ob Cannabis auch in Apotheken erhältlich sein könnte, steht noch nicht fest.

Es handelt sich noch nicht um einen Gesetzentwurf, sondern zunächst um Grundzüge der Ampel-Pläne. Die sollen nun auf EU-Ebene auf ihre rechtliche Zulässigkeit geprüft werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 26. Oktober 2022 um 22:30 Uhr.