Autos, LKW und Lieferfahrzeuge fahren auf dem Kaiserdamm in der Hauptstadt stadteinwärts.

Bundesverfassungsgericht Großstädter klagen für sauberere Luft

Stand: 26.09.2022 16:07 Uhr

Der Grenzwert für Feinstaub ist in der EU fünfmal so hoch wie die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO. Mehrere Bürger aus Großstädten klagen vor dem Verfassungsgericht für strengere Vorgaben - sie fürchten um ihre Gesundheit.

Mit Unterstützung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und der Organisation Client Earth ziehen sieben Bürgerinnen und Bürger vor das Bundesverfassungsgericht, um die Bundesregierung zu strengeren Grenzwerten für die Sauberkeit der Luft zu verpflichten.

Wie die DUH am Montag mitteilte, leben die sieben Beschwerdeführer in den Städten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main und München in unmittelbarer Nähe von Messstellen mit besonders hoher Belastung mit Stickoxiden und Feinstaub. Es handelt sich laut Beschwerdeschrift um vier erwachsene und drei minderjährige Beschwerdeführer, die von Erwachsenen vertreten werden.

Kinder vor gesundheitlichen Schäden bewahren

Die Beschwerdeführerin aus Düsseldorf, die ihren vollen Namen nicht öffentlich preisgeben will, vertritt ihre beiden Kinder vor Gericht. "Ich klage vor allem für meine zwei Kinder. Auch in der Stadt müssen Kinder gesund aufwachsen können, ohne durch die Luftverschmutzung krank zu werden", sagte sie der DUH-Mitteilung zufolge. Sie sehe die Bundesregierung in der Pflicht, ihre Kinder vor gesundheitlichen Schäden zu bewahren, unter denen sie ein Leben lang leiden würden.

Auch der Münchner Volker Becker-Battaglia, der nach eigenen Angaben unter Asthma leidet, fordert von der Bundesregierung mehr Schutz. "Es gibt viele Möglichkeiten und Maßnahmen, um die Luftverschmutzung zu reduzieren. Was fehlt, ist der politische Wille, diese tatsächlich umzusetzen", sagte er. Das Gemeine an der Luftverschmutzung sei, dass man sie nicht sehe - deshalb werde sie von vielen verdrängt.

WHO hat Grenzwerte für Feinstaub verschärft

Die Anwältin Caroline Douhaire, die das Verfahren juristisch betreut, forderte, der Gesetzgeber müsse die geltenden Schutzvorkehrungen im Lichte wissenschaftlicher Erkenntnisse überprüfen und verschärfen. Sie bezog sich dabei auf die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO für die Stickoxid- und Feinstaubgrenzwerte, die bereits im vergangenen Jahr deutlich verschärft worden waren. Bei Feinstaub liegen die EU-Richtwerte, die auch für Deutschland gelten, deutlich höher als die WHO-Empfehlungen.

EU-Grenzwert fünfmal so hoch wie WHO-Empfehlung

Der EU-Grenzwert für Feinstaub mit Partikelgröße 2,5 Mikrometer, abgekürzt PM 2,5, liegt bei 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Die WHO empfiehlt seit vergangenem Jahr nur noch fünf Mikrogramm, also ein Fünftel des derzeit erlaubten Wertes. Für Stickstoffdioxid empfiehlt die WHO den Wert auf ein Viertel des bisher geltenden zu senken, von 40 auf 10 Mikrogramm im Jahresmittel.

Im Juni 2021 erst hatte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg Deutschland wegen zu schlechter Luft verurteilt. Luftverschmutzung kann auf Dauer zu gesundheitlichen Problemen wie etwa Herzkreislauf- oder Atemwegserkrankungen führen.