Das Bundesratsgebäude ist hinter einer Fußgängerbrücke zu sehen. | picture alliance/dpa

Beschlüsse im Bundesrat Wohngeldreform, Inflationsausgleich, Triage

Stand: 25.11.2022 14:58 Uhr

Neben dem Bürgergeld hat der Bundesrat weitere Gesetze gebilligt: So ist der Weg frei für die Wohngeldreform, Steuererleichterungen und den befristeten Weiterbetrieb der drei AKW. Auch das Gesetz zur Triage kann kommen.

Bürgergeld wird eingeführt

Nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat dem Bürgergeld zugestimmt, das das bisherige Hartz-IV-System ablösen soll. Zum 1. Januar steigen die Bezüge in der Grundsicherung um mehr als 50 Euro. So erhalten Alleinstehende künftig 502 Euro.

Wesentliche Teile der Reform treten zum 1. Juli in Kraft. Die Jobcenter sollen sich stärker um Arbeitslose kümmern können. Besser als bisher soll die Vermittlung in dauerhafte Arbeit anstatt in einfache Helferjobs gelingen. Dazu sollen die Betroffenen in verstärktem Maß weiterqualifiziert werden oder eine Ausbildung oder Umschulung antreten. Gestrichen werden sollen viele sogenannte Rechtsfolgenbelehrungen. Außerdem dürfen die Empfängerinnen und Empfänger der Grundsicherung künftig mehr hinzuverdienen - zum Beispiel mit einem Minijob.

Wohngeldreform zugestimmt

Hunderttausende zusätzliche Haushalte in Deutschland werden ab dem kommenden Januar erstmals Wohngeld beziehen können. Der Bundesrat stimmte der Reform zu - trotz deutlicher Kritik am hohen Mehraufwand für die Verwaltung und an der geringen Umstellungszeit. Bisher erhalten 600.000 Haushalte diesen staatlichen Zuschuss zur Miete. Mit der Wohngeldreform werden bis zu 1,4 Millionen weitere dazu berechtigt sein. Das Wohngeld soll zudem um durchschnittlich 190 Euro im Monat aufgestockt werden. Damit erhalten die Bezieher künftig im Schnitt rund 370 Euro monatlich.

Wohngeld können Haushalte beantragen, die zwar keine Sozialleistungen beziehen, trotzdem aber wenig Geld haben. Künftig sollen auch Menschen in den Genuss von Wohngeld kommen, die den Mindestlohn verdienen oder eine Rente in vergleichbarer Höhe haben.

Inflationsausgleich und Kindergeld

Der Bundesrat hat grünes Licht für einen Inflationsausgleich bei der Einkommensteuer gegeben. Das sorgt dafür, dass der Staat im kommenden Jahr nicht auch noch von den hohen Preisen profitiert. Die sogenannte kalte Progression, quasi eine inflationsbedingte heimliche Steuererhöhung, wird ausgeglichen. Bund, Länder und Gemeinden verzichten damit 2023 auf Steuereinnahmen von 18,6 Milliarden Euro.

Der Grundfreibetrag, also das Einkommen, bis zu dem keine Steuer gezahlt werden muss, steigt um 561 Euro auf dann 10.908 Euro. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent, der aktuell ab einem zu versteuernden Einkommen von 58.597 Euro greift, ist im kommenden Jahr erst ab 62.827 Euro fällig. Die Grenze für den noch höheren Reichensteuersatz von 45 Prozent tastet die Bundesregierung bewusst nicht an, weil sie in dieser Einkommensklasse keine zusätzliche Entlastung für nötig hält.

Zugleich beschloss der Bundesrat eine erneute Erhöhung des Kindergelds. Die Hilfe für Familien beträgt künftig einheitlich 250 Euro pro Monat und Kind. Das bedeutet für das erste und zweite Kind ein Plus von 31 Euro und für das dritte Kind ein Plus von 25 Euro im Monat.

Vermieter müssen CO2-Abgabe mitzahlen

Mieterinnen und Mieter werden bei der Klimaabgabe fürs Heizen finanziell entlastet. Bisher müssen sie die sogenannte CO2-Abgabe allein bezahlen, künftig werden die Vermieter daran beteiligt. Das entsprechende Gesetz passierte nun den Bundesrat.

Maßstab wird die energetische Qualität des jeweiligen Gebäudes sein. Je schlechter diese ist, umso höher wird der Anteil der Vermieter. Bei besonders emissionsreichen Gebäuden müssen diese bis zu 95 Prozent der CO2-Abgabe tragen. Das Gesetz soll am 1. Januar in Kraft treten.

Weiterbetrieb der drei AKW beschlossen

Auch der Weiterbetrieb der letzten drei deutschen Atomkraftwerke bis zum 15. April kommenden Jahres ist nun beschlossene Sache. Der Bundesrat verzichtete darauf, zu diesem Gesetz den Vermittlungsausschuss anzurufen. Damit kann es in Kraft treten.

Der Bundestag hatte dem Gesetz bereits Mitte November zugestimmt. Die Meiler Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland sollen damit einige Monate länger in Betrieb bleiben, um die Stromversorgung in diesem Winter zu sichern. Im Zuge des Atomausstiegs hätten sie eigentlich zum Jahresende abgeschaltet werden sollen. Um einen möglichen weiteren Einsatz der drei Kraftwerke hatte es innerhalb der Bundesregierung heftigen Streit insbesondere zwischen Grünen und FDP gegeben. Am Ende sprach Kanzler Olaf Scholz (SPD) ein Machtwort.

Gesetz zur Triage

Bei der Zuteilung knapper Krankenhausbetten in einer Pandemie darf künftig nur die kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit ausschlaggebend für die Entscheidung sein. Der Bundesrat ließ das sogenannte Triage-Gesetz passieren, das Menschen mit Behinderung vor Benachteiligung schützen soll. Eine Diskriminierung aufgrund von Behinderung, Alter, Geschlecht oder Herkunft wird in dem Gesetz ausdrücklich untersagt. Behindertenverbände halten es allerdings nicht für ausreichend.

Der Bundestag hatte das Gesetzt vor zwei Wochen nach langem Ringen verabschiedet. Es bekam allerdings auch einzelne Gegenstimmen aus der Koalition von SPD, Grünen und FPD.

Erhöhung der Lkw-Maut

Die Lkw-Maut auf Deutschlands Fernstraßen wird zum Jahresbeginn 2023 angehoben. Der Bundesrat stimmte der Erhöhung zu. Eigentlich müsse nach dem aktuellen Wegekosten-Gutachten die Gebühr gesenkt werden, sagte Verkehrsstaatssekretär Oliver Luksic in der Länderkammer. Die Bundesregierung habe jedoch die Möglichkeit genutzt, Kosten für Lärm und Abgase einzupreisen - "was im Ergebnis zu höheren Mautsätzen führt".

Die Maut war zunächst auf den Bundesautobahnen eingeführt und später auf alle Bundesstraßen ausgeweitet worden. Sie gilt für Fahrzeuge ab einem Gewicht von 7,5 Tonnen. Der jährliche Durchschnitt der Mauteinnahmen in den Jahren 2023 bis 2027 soll rund 8,3 Milliarden Euro betragen. Im vergangenen Jahr lagen sie bei rund 7,6 Milliarden Euro.

Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 25. November 2022 um 14:00 Uhr.