Stephan Weil, Olaf Scholz und Hendrik Wüst

Bund-Länder-Treffen Eine Frage der Finanzierung

Stand: 09.12.2022 02:25 Uhr

Deutschlandticket, Energiehilfen, Härtefallzuschüsse: Beim Bund-Länder-Treffen gab es einige Themen mit Konfliktpotenzial zu besprechen. Denn vor allem eine Frage stand im Zentrum: Wer soll das alles zahlen?

Es war die voraussichtlich letzte Zusammenkunft des Bundes und der Länder in diesem Jahr. Für den Kanzler eine Gelegenheit, einen Blick zurückzuwerfen: "Was für ein aufreibendes Jahr für viele mit vielen aufwühlenden Momenten", sagt Olaf Scholz (SPD) bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit den Ministerpräsidenten von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen im Anschluss an das Treffen. "Es hat unsere Arbeit gefordert. Wir haben sehr, sehr viele Entscheidungen treffen müssen, um dafür Sorge zu tragen, dass die Folgen dieses Krieges in Deutschland, in Europa bewältigt werden können", so Scholz.

Zu bewältigen gab es bei dem regulären Treffen zwischen Bund und Ländern vor allem Konflikte über die Finanzierung dieser Folgenbewältigung. Etwa die Finanzierung eines Deutschlandtickets für 49 Euro im Monat, Hilfen für Menschen, die mit Öl, Pellets und Briketts heizen, und eine Härtefallhilfe für den Mittelstand. Die Länder waren sich dabei recht einig - in der finanziellen Pflicht sahen sie vor allem den Bund. Durchsetzen konnten sie sich damit nur teilweise.

Streitpunkt Deutschlandticket

Angefangen mit dem Deutschlandticket: aus Sicht der Länder ein Ampel-Projekt, weshalb klar der Bund in der Pflicht stehe. Eigentlich hatten sich Bund und Länder bereits Anfang November auf die Einführung eines deutschlandweit gültigen Tickets für den Nahverkehr für 49 Euro monatlich geeinigt. Die Kosten von erwarteten drei Milliarden pro Jahr sollten hälftig geteilt werden. Doch dann brachten die Verkehrsunternehmen plötzlich mögliche Mehrkosten wegen der gestiegenen Energiepreise ins Spiel. Und so wurde darüber gestritten, wie hoch diese möglichen Mehrkosten ausfallen könnten und wer wie viel davon zahlen soll. Die Länder wollten sie nicht tragen.

Doch nun seien "alle Hürden" beseitigt, so Scholz. Man habe die Maßnahme "präzisiert". Das Ticket könne kommen. Das Ergebnis der Verhandlungen: Sämtliche Kosten für das Jahr 2023 werden zur Hälfte geteilt zwischen Bund und Ländern. Wie es nach 2023 weitergeht? "Wie das mit der Tarifgestaltung weiter ausschaut, das wird man sehen müssen auf der Basis der Erfahrung des ersten Jahres", sagt der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), dessen Bundesland den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz inne hat. "Dieses ganze System wird sich ja erstmal einstimmen müssen."

Christoph Mestmacher, ARD Berlin, mit Einschätzungen zu den Ergebnissen des Bund-Länder-Treffens

tagesschau24 19:00 Uhr

Keine Hilfen fürs Heizen mit Öl, Pellets oder Briketts

Doch wann wird das Ticket nun kommen? Als Starttermin war ursprünglich mal der 1. Januar gedacht. Dann der 1. April. Die Verkehrsunternehmen brachten schließlich den 1. Mai ins Spiel. Und nun? "Schnell und zügig", sagt Scholz. Also Start am 1. April? Man sei "mit großem Tempo an der Sache", antwortet Scholz. Ein klein bisschen konkreter wird SPD-Kollege Weil: Das Deutschlandticket dürfe "kein Sommerthema" werden. Es solle "sehr schnell bis zum Ende des ersten Quartals" kommen.

Nicht durchsetzen konnten sich die Länder mit ihrer Forderung nach Hilfen für Menschen, die mit Öl, Pellets oder Briketts heizen. In Nordrhein-Westfalen sei das ein Viertel der Haushalte, sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Nachmittag. In der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Bundeskanzler dann Ernüchterung: Man habe die "Winterlücke" schließen können - indem die Gas- und Strompreisbremse rückwirkend für die Wintermonate Januar und Februar greifen soll - aber nicht diese "Gerechtigkeitslücke" für Verbraucher, die mit Öl, Pellets oder Briketts heizen, so Wüst. Das sei nicht das Ergebnis, "das wir uns gewünscht haben". "Da müssen wir in den Ländern jetzt selber eine Antwort darauf geben."

Energiekosten-Härtefallhilfe für Mittelstand

Lediglich einen "Feinschliff" hat es aus Sicht von Scholz bei der Härtefallregelung für energieintensive, mittelständische Betriebe gebraucht. Schon beim vergangenen Bund-Länder-Treffen Anfang November hatte der Bund seine Bereitschaft erklärt, eine Milliarde Euro für eine solche Härtefallregelung zur Verfügung zu stellen. Die Wirtschaftsminister der Länder hatten anschließend Eckpunkte ausgearbeitet. Demnach sollen kleine und mittelgroße Unternehmen in Härtefällen zusätzlich zu Strom- und Gaspreisbremsen sowie der Dezember-Soforthilfe Unterstützung bekommen, wenn ihre Existenz gefährdet ist. Doch auch hier blieb die Frage der Finanzierung. Sollten die Länder neben der Milliarde vom Bund einen Teil zuschießen?

Einen solchen Eigenanteil hielten die Länder "nicht für angemessen", da sie schon eigene Hilfsprogramme gestartet hätten, sagte Weil dazu vorab. Außerdem solle der Bund darauf verzichten, "einen umfangreichen Katalog von Voraussetzungen aufzustellen und die Dinge kompliziert zu machen". Und dabei blieb es in der Tat. Der Bund sagt die Mittel zu. Die Einzelheiten der Verteilung der Gelder legen die Länder fest. Die Pressekonferenz ist schnell zu Ende. Wüst war schon kurz vor dem Ende aufgestanden und weg zum nächsten Termin. Aus Sicht des Kanzlers war es ein wichtiges, konstruktives Treffen.