
Flüchtlingshelfer Bürgen müssen wohl nicht zahlen
Stand: 24.01.2019 13:57 Uhr
Sie haben auf dem Höhepunkt der Krise für Flüchtlinge gebürgt und sollen nun mindestens 21 Millionen Euro zahlen. Doch die Rechtslage war damals nicht eindeutig. Bund und Länder haben nun offenbar eine Lösung gefunden.
Der Bund und die Länder wollen finanzielle Forderungen der Arbeitsagentur an Flüchtlingsbürgen offenbar übernehmen. Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Joachim Stamp sagte im ARD-Morgenmagazin: "Wir werden eine Lösung finden, es sind nur noch letzte Details zu klären." Nach seinen Angaben haben sich Bund und Länder grundsätzlich darauf verständigt, die Kosten jeweils zur Hälfte zu übernehmen.
Eine Sprecherin im zuständigen Bundesarbeitsministerium sagte, dass sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht bestätigen könne, dass sich Bund und Länder die Kosten teilen wollen. Die Verhandlungen wären jetzt in einer kritischen Phase. Eine Einigung sei aber wohl nicht in weiter Ferne.
"In gutem Glauben anderen Menschen geholfen"
Stefan Liebich, außenpolitischer Sprecher der Linkspartei, forderte Bund und Länder auf, ihre Verhandlungen schnell zu einem Ergebnis zu bringen. "Menschen haben in gutem Glauben anderen Menschen geholfen. Wir dürfen sie nicht finanziell überfordern", sagte er im ARD-Morgenmagazin.
Joachim Stamp, Integrationsminister NRW, zur möglichen Unterstützung der Bürgen
Morgenmagazin, 24.01.2019
Länder haben Bürgen oft falsch informiert
Hintergrund sind Bürgschaften, die auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise übernommen wurden. Viele Helfer waren damals davon ausgegangen, dass diese Verpflichtung nur bis zu einer Anerkennung der Flüchtlinge gelten würde.
NRW-Minister Stamp erklärte, die Betroffenen seien in einigen Bundesländern damals falsch informiert worden. Die Bürgen hätten Verantwortung übernommen und Kriegsopfern geholfen. Deshalb sei es die Verantwortung von Bund und Ländern, ihnen nun zu helfen.
Flüchtlingsbürgschaft: Fall des Apothekers Neumann
Morgenmagazin, 24.01.2019, Marcus Overmann, ARD Berlin
Einzelne Helfer sollen bis zu 65.000 Euro zahlen
Seit fast zwei Jahren verschicken Jobcenter und Sozialämter Rechnungen an Einzelpersonen, Initiativen und Kirchengemeinden, die zwischen 2013 und 2015 Verpflichtungserklärungen für syrische Flüchtlinge unterschrieben hatten. Zahlreiche Betroffene ziehen gegen die Kostenbescheide der Behörden vor Gericht.
Denn die Geltungsdauer solcher Bürgschaften war damals ungeklärt: Während Länder wie NRW, Hessen und Niedersachsen von einer Befristung bis zur Anerkennung der Syrer als Flüchtlinge ausgingen, galt die Verpflichtung nach Ansicht der Bundesregierung auch danach fort. Es geht um die Summe von mindestens 21 Millionen Euro, die die Agentur für Arbeit von Flüchtlingshelfern erstattet bekommen möchte. Einzelne Bürgen, die eine Verpflichtungserklärung unterschrieben hatten, bekamen Forderungen von bis zu 65.000 Euro.
"Damals war die Rechtslage alles andere als klar"
Seit Sommer 2016 gebe es ein neues Gesetz, das klar regele, wie lange Bürgen haften müssten, erläutert ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam. Die Fälle, um die es jetzt gehe, stammen aber aus der Zeit davor. Damals "war die Rechtslage alles andere als klar", so Bräutigam. Die Informationen der einzelnen Bundesländer seien hier höchst unterschiedlich gewesen. Es gebe bereits Urteile, in denen Gerichte klar gesagt hätten, dass Bürgen nicht richtig aufgeklärt wurden.
Dass Bund und Länder dieses Geld nun nicht eintreiben wollen, sei ein juristischer Ausnahmefall. "Das ist für mich ein Symbol dafür, dass im politischen Berlin eine Art Störgefühl für die Situation da ist, dass man Menschen, die helfen wollten, relativ hart anfasst", so Bräutigam. Dass man nun versuche, das zu ändern, sei eine "angemessene Lösung".
Frank Bräutigam, SWR, mit Informationen zu Flüchtlingsbürgschaften
Morgenmagazin, 24.01.2019, Frank Bräutigam, SWR
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