
Pflegereport der Barmer Hohe Ausgaben für betreutes Wohnen
Stand: 28.11.2019 12:45 Uhr
In Deutschland werden immer mehr Pflegebedürftige in Wohngemeinschaften und betreutem Wohnen versorgt. Das treibe die Ausgaben in die Höhe, sagt die Krankenkasse Barmer und fordert eine Qualitätsprüfung.
Pflege-Wohngemeinschaften und betreutes Wohnen treiben nach Ansicht der Barmer Krankenkasse die Ausgaben in die Höhe, ohne dass die Qualität der Pflege steigt. Das geht aus dem Pflegereport 2019 hervor, den die Barmer vorstellte.
Bundesweit gibt es inzwischen laut Bericht bis zu 8000 betreute Wohnanlagen und rund 4000 Pflege-WGs. Etwa 150.000 Pflegebedürftige leben in betreuten Anlagen und rund 31.000 in Wohngemeinschaften.
Etwa jede dritte dieser Wohnanlagen sei in den vergangenen zehn Jahren entstanden. Allein 2018 waren dem Bericht zufolge weitere 340 betreute Wohnanlagen mit 10.000 Pflegeplätzen im Bau oder in Planung. Im Vergleich dazu gibt es aktuell bei den Pflegeheimen 270 Projekte.
Betreutes Wohnen wird außerdem zunehmend direkt von Pflegeeinrichtungen angeboten. War im Jahr 2004 noch knapp die Hälfte der betreuten Wohnanlagen unabhängig von Heimen, war es im vergangenen Jahr nur noch ein Viertel.
Barmer fordert Pflege-TÜV
Barmer-Vorstandsvorsitzender Christoph Straub forderte angesichts einer steigenden Zahl von Wohngemeinschaften und betreuten Wohneinrichtungen einen Pflege-TÜV analog zu den Qualitäts-Anforderungen an Pflegeheime. "Wer sich für betreutes Wohnen oder eine Wohngemeinschaft entscheidet, sucht vor allem mehr Lebensqualität im Vergleich zu einem Heim", erklärte er. Die Qualität der Pflege dürfe nicht auf der Strecke bleiben.
Laut Report finden sich "in der Summe keine Vorteile in der Pflegequalität in der Pflege-WG oder in betreutem Wohnen gegenüber der Pflegequalität im Pflegeheim". Als Indizien dafür, dass in den neuen Wohnformen keine bessere Pflege geleistet wird als in den Heimen mit vollstationärer Pflege, nennt der Barmer-Pflegereport unter anderen die geringere Zahl von Arztkontakten pro Monat.
Weiter wird angeführt, die Wahrscheinlichkeit eines Dekubitus, also des Wundliegens, sei in Pflege-Wohngemeinschaften höher, und es komme häufiger als von Heimen aus zu Krankenhauseinweisungen wegen Erkrankungen, die sich ambulant behandeln ließen. Vorteile gebe es aber bei Lebensqualität, Wohnraumgestaltung und Wahlfreiheit.
Rund 3,4 Millionen Pflegebedürftige
Von den rund 3,4 Millionen Pflegebedürftigen werden rund 790.000 in Heimen versorgt. Die Ausgaben der Pflegeversicherung sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen und lagen 2018 bei rund 38,3 Milliarden Euro. Ihnen standen Einnahmen in Höhe von 37,7 Milliarden Euro gegenüber.
Im Bundesrat gibt es derweil nach den Worten der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer Widerstand gegen das Gesetz zur Entlastung von Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen. Dreyer sagte, eine Zustimmung der Länderkammer sei noch nicht gesichert. "Wir streiten uns eigentlich nur noch über den Punkt: Kann es eigentlich sein, dass wir gute Gesetze machen und die Kommunen alles bezahlen müssen?", erklärte sie. Sie hoffe aber bis zur Bundesrat-Sitzung an diesem Freitag auf eine Lösung.
Das Angehörigen-Entlastungsgesetz war am 7. November vom Bundestag verabschiedet worden. Demnach sollen Familien für die Pflege von Angehörigen erst zur Kasse gebeten werden, wenn sie mehr als 100.000 Euro im Jahr verdienen. Dieselbe Einkommensgrenze soll für Eltern volljähriger Menschen mit Behinderungen gelten.
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