Eine Honigbiene fliegt über Apfelblüten hinweg | imago images / Arnulf Hettrich

Volksbegehren in Baden-Württemberg Bienen am Bodensee haben's schwerer

Stand: 24.09.2019 14:24 Uhr

Im CSU-regierten Bayern wurde das Volksbegehren "Rettet die Bienen" zum Landesgesetz. In Baden-Württemberg startet heute ein gleichnamiges Volksbegehren. Doch dort gibt es Widerstand - selbst bei den Grünen.

Von Cecilia Knodt, SWR

Die Apfelernte am Bodensee ist in vollem Gang. Dabei sorgen sich viele Obstbauern gerade weniger um die Ernte dieser Saison als um das Volksbegehren "Rettet die Bienen". Einer von ihnen ist Thomas Romer. Sein Obsthof ist ein Familienbetrieb. Seit 300 Jahren wachsen hier Äpfel, Erdbeeren oder Kirschen. Er hat Angst, dass es damit bald vorbei sein könnte.

Das Problem: Seine Bäume und Sträucher stehen in einem Naturschutzgebiet. Sollte sich das Volksbegehren durchsetzen, dann dürfte er hier bald gar keine Pflanzenschutzmittel mehr verwenden, um seine Obstsorten vor Krankheiten zu schützen. Denn wenn es nach den Naturschützern geht, dürften in Naturschutzgebieten künftig gar keine Pestizide mehr gespritzt werden.

Mehr Bio, weniger Pestizide

"Wir brauchen die Artenvielfalt für unsere Zukunft" - so der Leitsatz der Naturschützer, denen es nicht nur um die Rettung der Bienen geht. Sie wollen dem Insekten- und Artensterben entgegenwirken und den Artenschutz im Gesetz verankern. Nur wenn jeder zehnte wahlberechtigte Baden-Württemberger sie mit der Unterschrift unterstützt, wird ihr Gesetzentwurf dem Landtag vorgelegt.

Und so sieht er aus: Die Flächen, auf denen Pestizide verwendet werden, sollen sich halbieren. In Naturschutzgebieten soll der Einsatz sogar vollständig verboten werden. In den kommenden Jahren soll außerdem stufenweise mehr ökologische Landwirtschaft entstehen. Bis 2025 soll der Biolandbau 25 Prozent ausmachen, bis 2035 soll er auf 50 Prozent angestiegen sein. Außerdem soll der Bestand an Streuobstwiesen geschützt werden.

Bayern macht Volksbegehren zum Gesetz

Die Naturschützer aus Baden-Württemberg orientieren sich mit ihren Forderungen am Volksbegehren in Bayern, das als erfolgreichstes in die Geschichte Bayern eingegangen war. Dort hatten fast 20 Prozent der Bevölkerung die Forderungen unterschrieben, die Landesregierung hat den Gesetzentwurf im Juni unverändert gebilligt.

Die Forderungen aus Bayern: 30 Prozent Öko-Landwirtschaft bis 2030, mehr Biotope, Verbot der Umwandlung von Dauergrünland in Ackerflächen und Einschränkung bei der Verwendung von Pestiziden. Das in Baden-Württemberg geforderte Pestizidverbot gilt im Vergleich dazu als besonders hart. Zudem hat Baden-Württemberg bereits strengere Regeln zum Artenschutz als Bayern vor dem Volksbegehren.

Strenges Pestizidverbot in der Kritik

Die Forderungen des Volksbegehrens richten sich an die Landesregierung, die Anreize und entsprechende Förderungen bereitstellen sollte, um die Ziele zu erreichen. Trotzdem fühlen sich besonders Winzer- und Ackerbaufamilien an den Pranger gestellt. Sie würden zu unrecht als alleinige Insektenvernichter dargestellt. Eine pauschale Reduktion von Pflanzenschutzmitteln sei für sie schlicht nicht umsetzbar.

Sollten die Forderungen rechtskräftig werden, könnte sich der Anbau bestimmter Lebensmittel nicht mehr rechnen. Die kämen dann in Zukunft aus dem Ausland. Auch der Landesbauernverband weist darauf hin, dass für den Artenschutz alle gesellschaftlichen Gruppen und auch andere Wirtschaftsbereiche einbezogen werden müssten.

Tierökologe Johannes Steidle von der Uni Hohenheim forscht zum Insektenaufkommen in Baden-Württemberg. Er kritisiert, dass das Volksbegehren mit seinem strengen Pestizidverbot zu kurz gedacht ist: "Ein wesentliches Problem, das im Volksbegehren nicht vorkommt, sind die Monokulturen in der Landwirtschaft. Dabei sind sie vermutlich der Hauptfaktor beim Insektensterben."

Äpfel in der Nähe von Immenstaad (Bodenseekreis) | imago/Manngold

Für Bauern, die Äpfel anbauen, sind Bienen immens wichtig. Bild: imago/Manngold

Bienen retten - das wollen doch eigentlich alle

Und auch in den Reihen der grün-schwarzen Regierung gibt es Skepsis. Martin Hahn, agrarpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion und selbst Öko-Bauer, warnt vor einem Preiswettbewerb in der Bio-Branche, der viele Bauern die Existenz kosten könnte. Der Markt für Bio-Produkte sei noch nicht da.

Zurück bei Obstbauer Romer am Bodensee. Auch für ihn sind die Bienen wichtig. Denn gerade die Landwirtschaft braucht die Bienen als Nutztiere. Das Bienensterben sieht er aber nicht so drastisch: "Es gibt genügend Bienen. Bei jeder Frucht, die hier wächst, war vorher eine Biene dran und hat sie befruchtet." Wenn es nach ihm ginge: Bienen retten ja, Bauern retten aber bitte auch.

Über dieses Thema berichtete SWR aktuell am 26. Juli 2019 um 19:30 Uhr.