Windräder, eine Hochspannungsleitung und das stillgelegte Kohlekraftwerk Mehrum stehen hinter einem Rapsfeld im Landkreis Peine in Niedersachsen.

Beschluss der Ampel-Fraktionen Deutschland soll aus Energiecharta austreten

Stand: 11.11.2022 22:25 Uhr

Bei Umweltschützern steht die Energiecharta schon länger in der Kritik. Nun soll Deutschland nach dem Willen der Ampel-Fraktionen aus dem Abkommen aussteigen, um die Energiewende und damit den Klimaschutz voranzubringen.

Die Fraktionen der Ampel-Regierung wollen, dass Deutschland aus einem umstrittenen internationalen Energieabkommen aussteigt, um den Klimaschutz voranzubringen. Bundestagsabgeordnete von SPD, Grünen und FDP teilten mit, dass geplant sei, wie Frankreich oder die Niederlande möglichst schnell aus der sogenannten Energiecharta auszutreten.

Das 1998 in Kraft getretene Abkommen soll Investitionen in Energieprojekte schützen und steht bei Umweltorganisationen schon länger in der Kritik. Es erlaubt Investoren beispielsweise Klagen gegen Staaten vor Schiedsgerichten. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge lobte den geplanten Schritt als "Meilenstein".

CETA soll schnell ratifiziert werden

Zugleich einigten sich Abgeordnete der Regierungsfraktionen darauf, das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen CETA schnell zu ratifizieren. Das entsprechende Gesetz soll in der am 28. November beginnenden Bundestagssitzungswoche aufgesetzt werden.

Beide Themen sind offenbar ein Kompromiss der Koalition: Aus FDP-Kreisen wurde bekannt, der Ausstieg aus der Energiecharta sei Teil einer Gesamteinigung, um die CETA-Ratifizierung zu erreichen. Hier waren die Grünen zuvor kritisch. Die EU wollte sich eigentlich dafür einsetzen, die Energiecharta zu reformieren. Auch im Koalitionsvertrag steht: "Wir setzen uns für eine Reform des Energiecharta-Vertrages ein."

Das Verhandlungsergebnis habe die Erwartungen allerdings nicht ausreichend erfüllt, erklärten die Abgeordneten Verena Hubertz (SPD), Andreas Audretsch (Grüne) und Lukas Köhler (FDP). Das sei auch auf ein unzureichendes Verhandlungsmandat der EU-Kommission zurückzuführen.

"Vertrag ist Hindernis für die Energiewende"

Dröge sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Kein anderes internationales Handels- oder Investitionsabkommen der Welt hat mehr Investorenklagen ausgelöst als der Energiecharta-Vertrag." Das sei auch ein gutes Zeichen vor dem Hintergrund der Weltklimakonferenz. "Dieser Vertrag ist ein Hindernis für die Energiewende und kostet den Staat Milliarden."

Dröge kritisierte weiter, dass Konzerne die Charta nutzen, um Verbote von Ölbohrungen, die Ablehnung von Pipelines, Steuern auf fossile Brennstoffe und Entscheidungen für den Kohleausstieg anzufechten und "horrende Entschädigungssummen" zu erklagen. "Der Vertrag war auch die Grundlage für Klagen gegen den deutschen Atomausstieg oder den niederländischen Kohleausstieg." Es sei konsequent, mit diesem Schritt Staaten wie den Niederlanden, Frankreich, Polen, Spanien und Italien zu folgen.

Auch die Handelspolitik war Thema

Die Regierungsfraktionen einigten sich auch auf Schritte, wie die deutsche Handelspolitik weiterentwickelt werden soll. So setzen sich die Abgeordneten dafür ein, dass die EU schnell Handelsabkommen mit Chile und Mexiko schließt. Außerdem soll die EU sondieren, ob die US-Regierung bereit ist, nach dem Scheitern des TTIP-Vertrages über einen neuen Anlauf für ein Handelsabkommen zu verhandeln.

Gerade angesichts der geopolitischen Lage sollten sich Deutschland und Europa breiter aufstellen, Partnerschaften stärken und politische Abhängigkeiten von einzelnen Ländern verringern, heißt es in der gemeinsamen Erklärung. "Vor allem mit Ländern, mit denen wir grundlegende Werte der liberalen Demokratie teilen, wollen wir Kooperation und Handel intensivieren."

Auch vor dem Hintergrund des russischen Krieges gegen die Ukraine und der wachsenden Spannungen mit China versucht Deutschland, sich wirtschaftlich breiter aufzustellen. So hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck gesagt, die deutsche Export- und Importstrategie solle diversifiziert werden. "Klumpenrisiken" sollten vermieden oder abgebaut werden. Mit Investitionsgarantien wolle die Regierung ein Anreiz für Firmen schaffen, nicht nur nach China zu gehen, sondern auch in andere - zum Beispiel asiatische - Länder.

Mario Kubina, Mario Kubina, ARD Berlin, 12.11.2022 15:46 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 11. November 2022 um 23:00 Uhr.