
Nach Besuch in der Ukraine Parlamentarier für schnelles Ölembargo
Drei führende Ampel-Politiker haben nach ihrer Ukraine-Reise ein schnelles Ölembargo gefordert. Nach der Absage eines Besuchs von Bundespräsident Steinmeier hat die Ukraine nun Kanzler Scholz eingeladen. Kritik daran kommt von der FDP.
Nach ihrem Besuch in der Ukraine haben drei führende deutsche Parlamentarier der Ampel-Koalition von Deutschland und der EU weitere Maßnahmen gegen Russland gefordert. "Die EU soll schnellstmöglich ein Ölembargo gegen Russland verhängen", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth.
"Das wäre ein ganz wichtiges Signal, weil es die Haupteinnahmequelle Russlands betrifft", so Roth weiter. Ein schneller EU-Beschluss könne mit einer Übergangsphase wie beim Importstopp für russische Kohle verbunden werden. Die Bundesregierung hält einen Ausstieg aus dem Bezug russischen Öl bis Ende des Jahres für möglich.
Hofreiter: Ölembargo "innerhalb weniger Wochen" möglich
Roth war zusammen mit der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, und dem Vorsitzenden des Europaausschusses, Anton Hofreiter, am Dienstag zu einem Treffen mit ukrainischen Parlamentarierinnen in die Westukraine gereist und am späten Abend nach Polen zurückgekehrt.
Auch Strack-Zimmermann sprach sich gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters für ein schnellstmögliches Ölembargo aus. "Das geht innerhalb weniger Wochen, weil es andere Lieferanten gibt", sagte auch Hofreiter. "Das von der EU beschlossene Kohleembargo sieht zudem eine viel zu lange Übergangsphase vor und muss schneller umgesetzt werden. Ansonsten finanzieren wir Putins Kriegsmaschine immer weiter", so der Grünen-Politiker.
"Ukraine braucht schwere Waffen"
Außerdem sprachen sich die drei Parlamentarier für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine aus. "Die Ukraine braucht schwere Waffen, und das schnell", sagte Roth der Nachrichtenagentur Reuters.
Es sind die hochrangigsten deutschen Politiker, die seit Kriegsbeginn vor sieben Wochen die Ukraine besuchten. Aus Polen, Großbritannien, Österreich Tschechien, Slowenien und der Slowakei sind bereits die Regierungschefs nach Kiew gereist, um der Ukraine im Kampf gegen die russischen Angreifer den Rücken zu stärken. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen war am Freitag dort.
Kiew lädt Scholz zu Besuch ein
Nach dem Wunsch der ukrainischen Regierung soll nun auch Bundeskanzler Olaf Scholz in die Ukraine reisen. Nachdem der Besuch des deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier von der ukrainischen Regierung abgelehnt wurde, wurde Scholz nach Kiew eingeladen.
"Das haben wir auch so kommuniziert, dass mein Präsident und die Regierung sich darauf sehr freuen würden, wenn der Bundeskanzler Olaf Scholz Kiew besucht", sagte der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, bei ProSieben und SAT.1. Bei dem Besuch solle es darum gehen, wie Deutschland der Ukraine mit schweren Waffen im Kampf gegen Russland helfen kann.
Scharfe Kritik von Kubicki
Nach dem Affront um den Besuch Steinmeiers schloss der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki eine Fahrt von Scholz nach Kiew vorerst aus. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Kanzler einer von der FDP mitgetragenen Regierung in ein Land reist, das das Staatsoberhaupt unseres Landes zur unerwünschten Person erklärt", sagte Kubicki.
Er habe jedes Verständnis für die politische Führung der Ukraine. Das Land kämpfe um sein Überleben. "Aber alles hat auch Grenzen. Ich glaube nicht, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gut beraten war, das Angebot eines solchen Besuchs nicht nur aus Deutschland zurückzuweisen."
Außenpolitiker: Scholz muss mit Selenskyj sprechen
Der Unions-Außenpolitikexperte Jürgen Hardt bezeichnete die Absage an Steinmeiers Besuch als "schwere Belastung" des Verhältnisses beider Länder. Scholz müsse noch heute mit dem ukrainischen Präsidenten telefonieren, forderte der CDU-Politiker im ARD-Morgenmagazin. Scholz sollte mit Selenskyj "unter zwei Ohren die Dinge besprechen, auch alle Beschwernisse auf beiden Seiten auf den Tisch legen", sagte Hardt. Dadurch könne auch eine "neue Basis" für die deutsch-ukrainischen Beziehungen gefunden werden. "Früher oder später muss Scholz auch selbst das direkte Gespräch mit Selenskyj in der Region suchen, idealerweise in Kiew", fügte er an.
Hardt äußerte Verständnis für die ukrainische Entscheidung gegen einen Besuch Steinmeiers. Dieser habe als Kanzleramtsminister unter Bundeskanzler Gerhard Schröder die Erdgaspipeline Nordstream 1 "mit möglich gemacht" und als Außenminister bei den Verhandlungen über das Minsker Abkommen eine Rolle gespielt, wobei die Ukraine den damaligen Prozess lediglich als "Hinhaltetaktik" des russischen Präsidenten Wladimir Putin betrachte. Die ukrainische Regierung werfe Deutschland vor, das "zu lange toleriert zu haben", sagte Hardt.