Christian Lindner (Archivbild vom 10. April 2019)

Wohnungsmarkt Lindner irreführend zitiert

Stand: 08.01.2020 15:42 Uhr

Im Netz kursiert ein Zitat von FDP-Chef Lindner, das den Eindruck vermittelt, er wolle sich als Betroffener von teuren Mieten darstellen. Doch das Zitat wurde sinnentstellend verkürzt.

Unter anderem auf Twitter und Facebook teilen Nutzer seit einigen Tagen wieder ein Bild von FDP-Chef Christian Lindner, das mit einem Zitat von ihm versehen ist: "... ich kenne die Angespanntheit des Berliner Wohnungsmarktes, gerade ich als Abgeordneter kenne das aus eigener Betroffenheit bei der Suche nach einer Zweitwohnung …"

Diese Aussage halten viele Nutzer für zynisch und anmaßend, da Lindner sich als Betroffener von hohen Mieten und knappem Wohnraum darstelle. 

Die Aussage von Lindner ist allerdings gar nicht neu. Sie wurde bereits mehrfach auf Social Media kritisiert - seit April 2019 taucht sie immer wieder auf. Oft wird Lindner vorgeworfen, seine Luxusprobleme seien nicht mit denen von Menschen mit weniger Einkommen zu vergleichen.

Häuserzeile in Berlin

Hohe Mieten - ein Problem in Berlin, das auch die Abgeordneten im Bundestag diskutieren.

Woher kommt das Zitat?

Lindner hatte im April 2019 im Bundestag zum Thema Wohnungsmarkt gesprochen, er warf dabei Grünen sowie Linkspartei vor, beispielsweise in Berlin zu wenig neue Wohnungen zu bauen. Sie würden Neubauten sogar verhindern. Seine Rede leitete Lindner laut Plenarprotokoll und Videos so ein:

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir alle wissen, dass die Wohnungsmärkte angespannt sind. Auch gerade wir hier, die wir als Abgeordnete in Berlin tätig sind und hier einen Zweitwohnsitz haben, kennen das aus eigener Betroffenheit.

Lindner sprach also nicht von einer Zweitwohnung, die er gesucht habe, so wie es in den Zitaten im Netz heißt, sondern vom Zweitwohnsitz. 

Ein entscheidender Unterschied: Zweitwohnung kann verstanden werden als unnötiges Extra. Tatsächlich kommen die meisten Abgeordneten aber nicht aus Berlin, sondern haben hier ihren zweiten Wohnsitz, um den Aufgaben als gewählten Repräsentanten nachzukommen. Lindner ist über die Landesliste der FDP Nordrhein-Westfalen in den Bundestag gewählt worden, sein Wahlkreis ist der Rheinisch-Bergische Kreis.

Blick in den Bundestag

Ein Wohnsitz im Wahlkreis, ein zweiter in Berlin - für viele Abgeordnete ist das eine Notwendigkeit.

Lindner wies auf eigenes Einkommen hin

Ein Blick lohnt sich zudem auf die weiteren Ausführungen von Lindner, denn er betont: "Nun haben wir [die Abgeordneten] ein Einkommen, mit dem Wohnraum für uns erschwinglich bleibt. Aber wir kennen die Situation hier. Deshalb leugnet niemand die angespannte Situation, auch wir nicht."

Lindner betonte also, dass er genügend Geld hat, um sich einen Zweitwohnsitz zu leisten. Er kenne aber zumindest die Lage und leugne nicht die angespannte Situation. Dieser Teil des Zitats wird in den sozialen Medien weggelassen - und somit der Eindruck erweckt, Lindner wolle Mitleid für seine Position erreichen. Dabei stellt er eindeutig fest, dass er mit seinem Einkommen nicht von dem knappen Wohnraum betroffen ist, sondern lediglich, dass er die Situation kenne.

Verkürzte Zitate werden immer wieder verbreitet, um Personen zu diskreditieren. Besonders oft sind Politikerinnen und Politiker der Grünen betroffen, denen teilweise komplett erfundene Aussagen zugeschrieben werden.