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Weidel-Rede Hustenanfall statt Morddrohung?

Stand: 29.10.2019 17:29 Uhr

AfD-Politikerin Weidel hat bei einer Rede einen Zuhörer aus dem Saal werfen lassen. Der Mann soll eine "Kopf ab"-Geste gezeigt haben, im Netz ist von einer Morddrohung die Rede. Augenzeugen berichten hingegen von einem Hustenanfall.

Von Patrick Gensing, ARD-faktenfinder

"Die Verrohung nimmt täglich zu" - das beklagte Alice Weidel am Montag im Netz. Anlass war eine Veranstaltung im oberschwäbischen Weingarten in Baden-Württemberg, dort habe ein Mann ihr mit einer "Kopf-ab-Geste" gedroht. Sie veröffentlichte dazu ein Video mit einem Ausschnitt ihres Auftritts. Darin ist zu sehen, wie sie ihre Rede unterbricht und in Richtung eines Zuschauers sagt: "Sie da vorne mit dem Pferdeschwanz, Sie da mit dem Vollbärtchen, Sie haben mir eben 'Kopf ab' gezeigt - und ich möchte, dass Sie aus dem Raum verschwinden. Hauen Sie ab!"

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Weidel zeigt auf einen Mann im Publikum, der sie bedroht haben soll. Der Mann wird aus dem Saal geworfen.

Weidel verlässt das Rednerpult und geht begleitet von mehreren Security-Mitarbeitern in Richtung des Mannes im Publikum. Die Sicherheitsleute führen den Mann daraufhin aus dem Saal, wie auf einem weiteren Video zu sehen ist.

"Mich kotzt das an"

Weidel hingegen kehrt zum Pult zurück und fragt ins Publikum: "Wer will noch gehen?" In Richtung von AfD-Gegnern, die sich ebenfalls im Saal befanden, sagt sie: "Wir sind ordentliche Demokraten. Hauen Sie einfach ab, mich kotzt das an." 

Weidels Vorgehen gegen den vermeintlichen Störer wird im Netz gefeiert: "Frau Weidel, super wie sie reagiert haben", heißt es beispielsweise. Oder: "Alice bleib stark! Keiner kann euch stoppen!" In rechtsradikalen Blogs und auf YouTube ist von einer Morddrohung gegen Weidel die Rede. In Tausenden Kommentaren wird unter anderem gefordert, die "terroristische Antifa und ihre Unterstützer wegzusperren" oder mit Gegengewalt zu reagieren.

Video gelöscht

Allerdings soll es sich bei dem Mann um gar keinen AfD-Gegner handeln, sondern um einen Sympathisanten der Partei, wie ein Gemeinderat aus Weingarten dem ARD-faktenfinder sagte. Er kenne den Mann bereits und habe nach dem Vorfall länger mit ihm gesprochen. Die ganze Angelegenheit soll demnach bereits direkt nach der Rede von Weidel am Sonntag geklärt worden sein. Andere Augenzeugen bestätigen diese Darstellung. Der Betroffene wollte zunächst nicht direkt zu der Sache Stellung nehmen, erklärte jedoch später gegenüber der "Schwäbischen Allgemeinen", er habe Weidel auch in keiner Weise kritisieren, geschweige denn bedrohen wollen.

Das Video ist mittlerweile von Weidels Konten in sozialen Medien gelöscht worden. Denn Augenzeugen widersprechen der Darstellung, es habe überhaupt eine Drohung gegeben. Vielmehr habe der betreffende Mann Weidel immer wieder applaudiert - und dann einen Hustenanfall gehabt und sich daher an die Brust gegriffen.

Weidel nimmt Darstellung "zur Kenntnis"

Der Pressereferent von Alice Weidel teilte auf Anfrage des ARD-faktenfinder mit, die AfD-Politikerin habe "die Handbewegung der entsprechenden Person eindeutig als 'Kopf-ab-Geste' interpretiert". Sie nehme die Darstellung, es handle sich um eine Handbewegung aufgrund eines Hustenreizes, "jedoch zur Kenntnis". Einen Strafantrag stelle sie nicht. Das besagte Video sei auf den Social-Media-Kanälen gelöscht worden.