US-Präsident Donald Trump
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US-Kritik an der WHO Wie Trump China stärkt

Stand: 19.05.2020 17:05 Uhr

US-Präsident Trump setzt die WHO per Ultimatum unter Druck. Doch seine Forderungen sind unkonkret. Entzieht er der WHO den US-Beitrag, verliert sein Land an Einfluss und stärkt weiter China.

Von Silvia Stöber, tagesschau.de

Es ist ein Brief voller Vorwürfe an die Weltgesundheitsorganisation WHO. Auf vier Seiten führt US-Präsident Donald Trump auf, wie die Nähe der UN-Organisation zu China dazu geführt habe, dass sich das Corona-Virus weltweit ausbreiten konnte. Er endet mit einem Ultimatum: Ändere die WHO innerhalb eines Monats nichts, werde er alle Zahlungen nicht nur befristet, sondern permanent einstellen und einen Austritt der USA erwägen.

Einige der angesprochenen Punkte kritisieren auch Experten an der WHO, wenn es etwa um die Frage geht, wann die Organisation auf die Lage in China reagiert und wie sehr sie den Angaben Chinas vertraut hat. Ein anderer Punkt ist der Umgang mit Taiwan. Obwohl das Land die Ausbreitung des Virus schnell eindämmte, dürfen dessen Experten an den meisten WHO-Treffen nicht teilnehmen. Taiwan ist auf Druck Chinas noch immer nicht Mitglied der Organisation.

Keine konkreten Forderungen

Doch ist das alles längst bekannt. Trump thematisierte die Kritik selbst und auch den Zahlungsstopp hatte er bereits angekündigt. Wenn es ihm um öffentlichen Druck geht, dann ist die Frage, warum er die Forderungen an die WHO in einem Satz abhandelt.

Die Rede ist lediglich von "wesentlichen grundlegenden Verbesserungen in den nächsten 30 Tagen". Es gibt noch keinen Hinweis auf bereits stattfindende Gespräche seiner Regierung mit der WHO. Naheliegend ist deshalb die Interpretation, Trump wolle von seinen eigenen Fehlleistungen ablenken und die Feindbilder seiner Anhänger stärken. Da Trump keine konkreten Forderungen nennt, könnte er bestimmen, ob er die Zahlungen an die WHO auf Dauer einstellt.

Trump verfügt über hohes Druckpotenzial, da die USA bislang bei weitem der größte staatliche Geldgeber sind. Ohne Amerika als zahlendes Mitglied gehen dem WHO-Budget in den Jahren 2020 und 2021 etwas mehr als 15 Prozent der Einzahlungen verloren. Davon wiederum sind 26,5 Prozent reguläre Beiträge, die die USA in Höhe von 116 Millionen US-Dollar für die Jahre 2020 und 2021 zahlt. Die weiteren knapp 74 Prozent leisten die USA als freiwillige Finanzierung zahlreicher Programme.

Danach folgen als Staaten Großbritannien mit fast acht und Deutschland mit mehr als fünf Prozent. Doch während der US-Beitrag konstant blieb, zahlt China zunehmend mehr ein. Für die Jahre 2018 und 2019 waren es 37,9 Millionen US-Dollar, dieses und nächstes Jahr sind es 57 Millionen US-Dollar.

China nutzt bereits den Freiraum

Setzt China diese Entwicklung fort, gewinnt das Land in der WHO auch mehr Einfluss. Die WHO weist selbst auf ihre Abhängigkeit von Geldgebern hin: "Die WHO war immer in der Kritik, wenn es um einzelne Geldgeber geht - egal, wer es ist. In dem Moment, in dem er viel Geld zahlt, hat er einen gewissen Einfluss als Mitgliedsland oder als privater Geldgeber. Das war immer die Annahme", sagte WHO-Sprecher Christian Lindmeier dem rbb Inforadio.

China weiß dies zu nutzen. Bei der virtuell ausgetragenen WHO-Jahrestagung kündigte Präsident Xi Jinping finanzielle Unterstützung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar an. Sobald chinesische Forscher einen Impfstoff entwickelt haben, soll er weltweit bereitgestellt werden, versprach Xi zudem. Dann stimmte China auch noch einer WHO-Resolution zur Corona-Pandemie zu, die eine Untersuchung zur Ausbreitung des Virus vorsieht.

Damit gelingt es der Führung in Peking ein Stück weit, ihren Anteil an der Ausbreitung der Krankheit in den Hintergrund zu rücken - was sie bereits mit einer aggressiven Außen- und Informationspolitik anstrebt. Mit ihrer weltweiten wirtschaftlichen Expansion bindet sie ohnehin viele Staaten an sich.

Trump dagegen schlug das Angebot aus, eine Rede bei der WHO-Jahrestagung zu halten und überließ damit China die virtuelle Bühne. Die USA lehnten auch die Corona-Resolution ab. So ist es China, das derzeit als Vorreiter dasteht in einer globalen Krise, deren Überwindung internationale Koordination erfordert.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 19. Mai 2020 um 09:00 Uhr.