Joe Rogan
faktenfinder

Corona-Fehlinformationen Spotifys Problem mit Joe Rogan

Stand: 31.01.2022 12:32 Uhr

Impfstoffe als Gentherapie; Geimpfte, die Mutationen entwickelten und Behauptungen über eine geplante Pandemie: Der Spotify-Podcaster Joe Rogan hat diverse Fehlinformationen verbreitet. Er verteidigt die Aussagen als Meinungen.

Von Von Patrick Gensing, Redaktion ARD-faktenfinder

Der Musik-Streamingdienst Spotify hat nach einem Protest von Sänger Neil Young und anderen wegen der Verbreitung von Coronavirus-Falschinformationen Schritte zur Aufklärung angekündigt. Der Geschäftsführer von Spotify, Daniel Ek, teilte mit, dass in Warnungen vor Podcasts mit dem Thema Coronavirus auf eine faktenbasierte Informationssammlung von Spotify verlinkt werde. Damit solle gegen Falschinformationen vorgegangen werden.

Neil Young hatte am Mittwoch veranlasst, dass seine Musik bei Spotify nicht mehr erhältlich ist. Anlass dafür war, dass der Streamingdienst Folgen des Podcasts "The Joe Rogan Experience" nicht entfernen wollte, der wegen der Verbreitung von Falschinformationen in der Kritik steht.

Erfolgreicher Podcaster mit großer Reichweite

Rogan tritt als Comedian sowie Kampfsport-Moderator auf und betreibt seit mehr als zehn Jahren einen erfolgreichen Podcast, den Spotify 2020 unter Vertrag nahm. Einem politischen Spektrum lässt Rogan sich nicht eindeutig zuordnen; so setzt er sich für die Legalisierung von Cannabis ein, unterstützte die "Eat-what-you-kill"-Bewegung, die sich gegen Massentierhaltung einsetzt, und lud sowohl linke Politiker als auch rechte Verschwörungsanhänger in seinen Podcast ein. Er beklagt auf seiner riesigen Podcast-Bühne mit vielen Millionen Zuhörerinnen und Zuhörern eine angebliche "Cancel Culture" und dass weiße, heterosexuelle Männer zum Schweigen gebracht werden sollten.

In der Pandemie entwickelte sich Rogan zunehmend zu einem Star von Impfgegnern. So behandelte er seine Corona-Infektion mit dem Entwurmungsmittel Ivermectin - das in einer Reihe steht mit anderen angeblichen Wundermitteln gegen Corona, vor denen Fachleute warnen.

Rogan spricht von Gentherapie

Der Podcaster tritt nicht als genereller Impfgegner auf, verbreitet aber falsche Behauptungen über die mRNA-Vakzine. So sagte er im Sommer 2021, diese seien eine echte Gentherapie. Das sei "absolut falsch", erklärte Cindy Prins, Professorin für Epidemiologie an der Universität von Florida. "Impfstoffe nehmen keine Veränderungen an der eigenen DNA vor, sie verändern also nicht die eigene DNA, wie es bei der Gentherapie der Fall ist. Sie ersetzen auch keine mutierten Gene in ihrem Körper".

Die Impfstoffe wirken, indem sie die Zellen anweisen, Versionen eines harmlosen Spike-Proteins zu bilden, das sich auf der Oberfläche des Coronavirus befindet, so dass das Immunsystem das Protein erkennen und im Falle einer künftigen Infektion eine Antikörperreaktion gegen das Virus auslösen kann. Es verändert aber keine Gene, so wie es oft behauptet wird.

Keine ganz neue Technik

Die mRNA-Technologie wird bereits seit Jahren erforscht, vor allem für Krebstherapien. Fachleute meinen, die derzeitige intensive Forschung an den Impfstoffen eröffne vollkommen neue Möglichkeiten - insbesondere beim Kampf gegen Krebs.

Bei den mRNA-Impfstoffen gebe es "Vorarbeiten seit 20 bis 30 Jahren, da hatten wir Glück, dass wir diese nun anwenden konnten", erklärt Immunologe Carsten Watzl. "Man wusste bereits, wie effiziente Impfstoffe entwickelt werden können. Es war relativ leicht, diese für Corona anzupassen."

Auf Anfrage von Politifact wollten sich im August 2021 weder Spotify noch Rogan zu der Falschbehauptung äußern. Der Streaming-Dienst wusste also durchaus von den problematischen Inhalten.

Studie falsch interpretiert

Dazu zählte auch die Behauptung, geimpfte Menschen würden Corona-Varianten produzieren. Eine Aussage, die auf einer falschen Interpretation einer Studie aus dem Jahr 2015 basiert.

Die Autorin der Untersuchung wies die Behauptung öffentlich zurück. Auch der Studienleiter sprach sich deutlich gegen die unzulässigen Schlussfolgerungen der Studie aus.

"Joe Rogan versteht das völlig falsch", betonte Andrew Read, Professor für Biologie und Entomologie an der Pennsylvania State. "Er nimmt eine sehr sorgfältige Arbeit über evolutionäre Zukunftsszenarien und zieht daraus fälschlicherweise den Schluss, dass Menschen jetzt nicht geimpft werden sollten." Rogan reiße lediglich eine Zeile aus der Zusammenfassung der Arbeit aus dem Zusammenhang und interpretiere sie in seinem Sinn.

Im Dezember suggerierte ein Arzt in Rogans Podcast unter anderem, die Pandemie sei geplant gewesen und es seien Behandlungsmethoden unterdrückt worden, um die Corona-Impfungen durchzusetzen. Der Mediziner hatte zuvor bereits verschiedene irreführende Aussagen verbreitet.

Rogan spricht von Meinungen

Rogan äußerte sich auf Instagram nun zu den Vorwürfen. Darin verteidigte er zwei umstrittene Interviews und bezeichnete seine Gesprächsgäste als angesehene Experten, die lediglich andere Meinungen geäußert hätten. Allerdings handelt es sich bei den entsprechenden Aussagen nicht um Meinungen, sondern um Tatsachenbehauptungen, die teilweise unbelegt oder falsch waren.

Screenshot eines Instagrambeitrags vom US-Podcaster Joe Rogan zur aktuellen Debatte um Spotify

Rogan verteidigte die kritisierten Behauptungen als Meinungen.

Rogan sagte, er führe in dem Podcast lediglich Gespräche und gebe sein Bestes, um die Wahrheit zu erfahren. Es sei nie sein Ziel gewesen, Fehlinformationen zu verbreiten, sondern es gehe um interessante Gespräche.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR Aktuell Radio am 31. Januar 2022 um 11:30 Uhr in den Nachrichten.