Eine Bahnhofsangestellte trägt einen Mundschutz und eine Schutzbrille, während sie darauf wartet, die Fahrkarten der Passagiere am Bahnhof von Peking zu kontrollieren.
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Verschwörungstheorien Corona als Strafe Gottes

Stand: 09.03.2020 05:27 Uhr

Die Ausbreitung des Coronavirus wird weltweit begleitet von Verschwörungstheorien. Die Epidemie sei eine biologische Waffe oder sogar Strafe Gottes, heißt es. Die WHO appelliert an die Vernunft und warnt vor Scharlatanen.

Noch schneller als das Coronavirus selbst haben sich in den vergangenen Wochen Mythen verbreitet - und zwar weltweit. Islamische Geistliche aus Tunesien und Ägypten behaupteten beispielsweise, China werde durch die Epidemie bestraft für den Umgang mit den Uiguren.

Im Irak verbreitete ein politischer Kommentator die These, bei der Epidemie handele es sich um ein amerikanisch-jüdisches Komplott. Ziel sei es, die Weltbevölkerung zu dezimieren. Der Analyst begründete diesen Verdacht im Sender Al-Ayam mit dem Hinweis auf ein Buch des US-Autors Dean Koontz aus dem Jahr 1981. Darin habe Koontz den Ausbruch des Coronavirus prophezeit.

Tatsächlich hatte Koontz in seinem Roman "The Eyes of Darkness" über einen Virus mit dem Namen "Wuhan-400" geschrieben - und in Wuhan brach die Corona-Epidemie aus. Das war es aber auch mit den Ähnlichkeiten. So heißt das reale Virus Sars-CoV-2, hat eine Inkubationszeit von bis zu zwei Wochen und die Erkrankung COVID-19 endet bei schätzungsweise einem bis zwei Prozent der Infizierten tödlich. Virus "Wuhan-400" entgegen war in dem Buch von Koontz für jeden Infizierten tödlich - und zwar innerhalb kürzester Zeit.

Antisemitische Legenden

In vielen Verschwörungstheorien wird ein Szenario entworfen, wonach einige mächtige Strippenzieher im Hintergrund die internationale Politik lenkten und dabei auch biologische Waffen einsetzten, oft werden dabei Juden beschuldigt. So auch in diesem Fall: Der irakische Analyst sagte, hinter dem angeblichen Komplott stecke die jüdische Familie Rothschild bzw. eine "zionistische Lobby".

In Russland und dem Iran wurden wiederum Gerüchte verbreitet, bei der Epidemie handele es sich um einen US-Angriff mit biologischen Waffen. In den USA hingegen behaupten rechte Verschwörungstheoretiker sowie Impfgegner, Microsoft-Gründer Bill Gates und die Demokraten hätten mit dem Ausbruch zu tun.

Angebliche Impfung und Urin von Kühen

Neben Lügen und Gerüchten über die Ursachen von COVID19 kursieren auch falsche Versprechen zur Heilung: US-Präsident Donald Trump sagte, es werde bald eine Impfung zur Verfügung stehen, obwohl dies überhaupt noch nicht absehbar ist, wie WHO und andere Experten einhellig betonen.

In Nigeria behauptete ein Priester laut BBC sogar, eine Suppe könne Erkrankte heilen, auch Knoblauch wurde laut AfricaCheck in sozialen Medien als angebliche Medizin empfohlen. In Indien empfahl ein nationalistische Hindu-Aktivist, Urin oder Dung von indischen Kühen als Medizin gegen das Virus.

Ratgeber und überteuerte Produkte

Die Weltgesundheitsbehörde WHO warnt immer wieder eindringlich vor solchen Scharlatanen, die falsche Hoffnungen wecken, sei es aus politischem oder religiösem Fanatismus - oder schlicht aus finanziellen Interessen. Denn die Angst vor dem Virus wird zu Geld gemacht, das Geschäft boomt im Netz: Innerhalb kürzester Zeit sind diverse Bücher erschienen, die als Ratgeber dienen oder vermeintliche Geheimnisse über die Epidemie aufdecken sollen.

Die Plattform Amazon teilte Ende Februar mit, man habe Zehntausende Produkte entfernt, die angeblich Schutz vor Corona bieten sollten und/oder vollkommen überteuert gewesen seien.

Appell an die Vernunft

Fakt ist: Es ist noch nicht absehbar, wann es eine Impfung gegen COVID19 geben wird. Das neuartige Virus ist zudem für alle Menschen eine Gefahr, unabhängig von Nationalität oder Religion; hingegen spielen das Alter der Betroffenen sowie Vorerkrankungen wohl eine wichtige Rolle beim Verlauf der Krankheit.

Die WHO appelliert daher an Politikerinnen und Politiker, sich besonders verantwortungsbewusst zu verhalten, alle Länder sollten sich auf die Epidemie vorbereiten.

WHO-Forscherin Soumya Swaminathan betonte zudem, es sei "wirklich wichtig, dass Politiker Dinge sagen, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen" beruhen und rational seien. Mit Fake News und "alternativen Fakten" lässt sich zwar durchaus Politik machen und Stimmung beeinflussen - ein Virus aber nicht aufhalten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk Kultur am 07. März 2020 um 13:05 Uhr und Deutschlandfunk am 09. März 2020 um 15:36 Uhr.