
Zyklon vor Indien und Bangladesch "Zwei Katastrophen zur gleichen Zeit"
Stand: 20.05.2020 14:09 Uhr
Der Super-Zyklon "Amphan" hat die Küstengebiete von Indien und Bangladesch erreicht. Mitten in der Corona-Krise müssen die Behörden Millionen Menschen vor den Fluten retten.
Von Silke Diettrich, ARD-Studio Neu Delhi
Seit Tagen bereiten sich die Menschen in den Küstengebieten nun schon auf den Super-Zyklon "Amphan" vor. Sie versuchen, ihre Häuser vor dem Sturm und den Fluten zu schützen. In einem Dorf in Westbengalen, einem Bundesstaat im Osten von Indien, bauen die Menschen Schutzwälle.
Menschen in Indien und Bangladesch bringen sich vor Zyklon "Amphan" in Sicherheit
tagesschau 12:00 Uhr, 20.05.2020
"Wir füllen Sand in Säcke ab und bauen damit einen Damm, um das Meerwasser von unserem Ort abzuhalten", sagt ein Dorfbewohner einem TV-Team der Nachrichtenagentur Reuters. "Alle packen hier gerade mit an."
Meterhohe Flutwellen erwartet
Heftiger Wind und Regen ist schon an der Ostküste von Indien angekommen. Wenn der Super-Zyklon heute richtig auf Land treffe, werde es meterhohe Flutwellen, extrem starken Wind, Regen und Überflutungen geben, sagt Mrutyunjay Mohapatra, der Chef-Meteorologe von Indien.
"Wir schätzen, dass die Windgeschwindigkeit mindestens 165 Kilometer pro Stunde betragen wird, einige Böen könnten sogar 185 Kilometer pro Stunde erreichen", sagt er. Er rechne damit, dass dieser starke Wind von heute Nachmittag bis in die Nacht hinein anhalten wird. "Das sind heftige Windgeschwindigkeiten, die sehr große Schäden anrichten können."
Schulen werden zu Notunterkünften
Seit Tagen fahren Mitarbeiter des indischen Katastrophenschutzes durch die Küstendörfer und warnen die Menschen vor dem Super-Zyklon. Mehr als 300.000 Menschen haben sie nun schon in Sicherheit gebracht. Es mussten viel mehr Busse zum Einsatz kommen, um den Sicherheitsabstand zu gewährleisten, der jetzt in der Corona-Krise angebracht ist. Vor allem Schulen sind nun zu Unterkünften umfunktioniert worden, auch hier stehen die Betten weiter auseinander als sonst.
"Als das Wetter immer heftiger wurde, haben wir uns hierher aufgemacht. Wir wollten nicht voller Angst mitten im Sturm in unserem Haus bleiben", sagt eine Dorfbewohnerin in einer Sammelunterkunft
1999 starben Tausende
In Bangladesch sollen bis zu fünf Millionen Menschen in Sicherheit gebracht werden. Die Einwohner am Golf von Bengalen kennen das Prozedere. Jedes Jahr fegen tropische Wirbelstürme über sie hinweg. Aber dieses Mal handelt es sich im einen Super-Zyklon, der in so einer Wucht selten auf Land trifft.
Der letzte Wirbelsturm, der diese Einstufung hatte, richtete an der Ostküste von Indien verheerende Schäden an. Das war im Jahr 1999. Fast 10.000 Menschen kamen damals ums Leben. Seitdem haben die Behörden eine Menge dazu gelernt.
Dennoch sei der Super-Zyklon gerade jetzt eine doppelte Herausforderung, sagt S.N. Pradhan, der Leiter des nationalen Katastrophenschutzes in Indien: "Zum ersten Mal müssen wir mit zwei Katastrophen zur gleichen Zeit umgehen. Die Infektionen durch das Coronavirus in Indien steigen immer noch an. Und jetzt kommt noch der Zyklon auf uns zu, inmitten der Covid-19-Krise."
Ungeschützte Flüchtlinge
Große Sorgen machen sich Hilfsorganisationen im Süden von Bangladesch. Hier liegt eines der größten Flüchtlingslager der Welt. Rund eine Million Menschen leben in provisorischen Hütten, die sich kaum vor den heftigen Windböen und Regenfällen eines Super-Zyklons schützen können.
Super-Zyklon trifft heute auf Küste von Indien und Bangladesch
Silke Diettrich, ARD Neu-Delhi
20.05.2020 08:04 Uhr
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