
Winter in Afghanistan Hunderttausende Kinder von Kälte bedroht
Stand: 01.01.2021 02:21 Uhr
Hunderttausende Kinder leiden in afghanischen Flüchtlingslagern unter der Kälte. In den provisorischen Unterkünften sind den eisigen Temperaturen weitgehend schutzlos ausgeliefert.
Von Bernd Musch-Borowska, ARD-Studio Südasien
Der kalte Winter in Afghanistan trifft vor allem die Ärmsten der Armen und die Jüngsten. Die Kinder in den Flüchtlingslagern am Stadtrand von Kabul und anderswo in Afghanistan, sind den eisigen Temperaturen weitgehend schutzlos ausgeliefert, wie auf Filmmaterial der Nachrichtenagentur AP zu sehen war.
Vor allem nachts sei es bitter kalt, klagt Mohammad Dad, der mit seinen Eltern und Geschwistern in einem Lager für "internally displaced persons" lebt, Flüchtlinge im eigenen Land. Es gebe kein Holz und keine Kohle zum Heizen oder Kochen, so der zehnjährige Junge. Und sowieso hätten sie weder Reis noch Mehl, um etwas zu essen zuzubereiten. Auch Decken gebe es keine.
In dem Flüchtlingscamp am nördlichen Stadtrand von Kabul leben mehr als 700 Familien, die vor den Kämpfen geflohen sind. Sie verbrennen Müll, den sie auf den Straßen einsammeln, um mit einem Feuer am Abend wenigstens ein bisschen Wärme zu erzeugen.
Hunderttausenden fehlt es am Nötigsten
Die Kinder seien alle krank, klagt Großmutter Raihan. "Sie husten die ganze Nacht. Wir haben kein Geld, um Medizin zu kaufen oder mit ihnen zum Art zu gehen. Unser Leben ist wirklich sehr schwer."
Allein im abgelaufenen Jahr sind nach UN-Angaben Hunderttausende Menschen infolge der Kämpfe zu Flüchtlingen im eigenen Land geworden. Ohne angemessene Winterkleidung und Heizung seien mehr als 300.000 Kinder von Krankheit oder sogar Tod bedroht, so die Hilfsorganisation Save the Children.
Neue Kämpfe und früher Wintereinbruch
Der frühe Schneefall im Norden Afghanistans habe die Menschen hart getroffen, teilte das UN-Welternährungsprogramm WFP bereits vor einigen Wochen mit. Der anhaltende Konflikt und die Corona-Pandemie mache die Lage noch schlimmer, so WFP-Sprecherin Frances Kennedy.
"Wir beobachten eine Zunahme von Kampfhandlungen im ganzen Land und das zwingt viele Menschen aus ihren Siedlungsgebieten zu fliehen", sagt Kennedy. Der frühe Schneefall in diesem Jahr habe das Leben noch schwieriger gemacht, vor allem in den abgelegenen Regionen.
Besonders schlimm ist es nach Einschätzung der Hilfsorganisation Save the Children in der nördlichen Provinz Balkh, wo auch die Bundeswehr ihren Standort hat. Dort lägen die Temperaturen jetzt bei -10 Grad Celsius. Doch in den kältesten Regionen Afghanistans können die Temperaturen im Winter auf unter -20 Grad sinken.
Winter-Hilfspakete für mehr als 100.000 Familien sollen die größte Not lindern helfen. Dazu gehörten ein Heizgerät und Brennstoff, Decken und Winterkleidung für Kinder.
Afghanistan - Hunderttausende Kinder von Kälte bedroht
Bernd Musch-Borowska, ARD Neu-Delhi
31.12.2020 23:13 Uhr
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