
Weinstein-Prozess Geschworene noch uneins
Stand: 22.02.2020 08:50 Uhr
Im Vergewaltigungsprozess gegen Ex-Hollywoodmogul Weinstein ist die Jury offenbar in zwei Anklagepunkten uneins. Falls die Geschworenen sich nicht zusammenraufen, könnte der Prozess platzen
Die Geschworenen im Vergewaltigungsprozess gegen den früheren Hollywoodmogul Harvey Weinstein sind sich offenbar noch nicht einig. Die zwölf Mitglieder der Jury fragten den Vorsitzenden Richter James Burke, ob sie in allen fünf Anklagepunkten zu einer einstimmigen Entscheidung kommen müssten oder ob sie nur in drei Punkten ein solches Votum fällen und bei den beiden anderen Punkten uneinig sein könnten.
Burke leitete die Frage an Anklage und Verteidigung weiter. Während Weinsteins Anwälte sich mit einer Teilentscheidung einverstanden erklärten, wies Staatsanwältin Joan Illuzzi-Orbon dies zurück. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge antwortete auch Richter James Burke den Geschworenen, dass das Gericht keine Teilentscheidungen akzeptiere und sie ihre Beratungen fortführen sollten. Danach beendete er den Sitzungstag. Die Jury kommt am Montag wieder zusammen.
Zwei Anklagepunkten könnten Lebenslang bedeuten
Der Hintergrund ist juristisch kompliziert. Weinstein wird in dem Prozess zur Last gelegt, 2006 einer Produktionsassistentin Oralsex aufgezwungen und 2013 eine Jungschauspielerin vergewaltigt zu haben. Aus den Vorwürfen wurden fünf Anklagepunkte abgeleitet: Zwei Anklagepunkte zu Vergewaltigung mit unterschiedlicher Schwere, ein Anklagepunkt zu einer kriminellen sexuellen Tat - konkret der Oralsex - sowie zwei Anklagepunkte zu wiederholten sexuellen Attacken. Die letzten beiden Anklagepunkte würden Weinstein als Wiederholungstäter brandmarken und könnten eine lebenslange Haftstrafe nach sich ziehen.
Die Geschworenen machten deutlich, dass sie in den ersten drei Anklagepunkten zu einer einstimmigen Entscheidung kommen könnten, bei den beiden anderen Anklagepunkten aber noch gespalten sind. Grundsätzlich ist für einen Schuldspruch Einstimmigkeit notwendig. Die Jury hatte am Dienstag mit ihren Beratungen begonnen. Kommt die Jury tatsächlich zu keiner einstimmigen Entscheidung in allen Anklagepunkten, könnte der Prozess platzen und müsste wohl neu aufgerollt werden.
Weinstein sieht sich in der Opferrolle
In den vergangenen Wochen versuchte die Staatsanwaltschaft in dem Verfahren, mithilfe von insgesamt sechs Hauptzeuginnen in teils drastischer Detailtiefe ein Bild von angeblichen Handlungsmustern Weinsteins zu zeichnen - nämlich das eines gewissenlosen Triebtäters, der seine Macht in der Filmindustrie systematisch ausnutzte, um sich junge Frauen gefügig zu machen, der ihnen für Sex Karrierehilfe versprach und sie bei einem Nein zum Geschlechtsverkehr zwang.
Die Verteidigung hingegen gab den Zeuginnen eine Mitschuld und stellte Weinstein als Opfer dar. Frauen hätten ihn über Jahrzehnte wegen seines Einflusses und Geldes ausgenutzt und seien sich ihrer Handlungen und Signale an ihn bewusst gewesen. Jeglicher Sex habe einvernehmlich stattgefunden.
Das Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den Gründer des Miramax-Filmstudios hatte die weltweite #MeToo-Bewegung gegen sexuelle Übergriffe und Gewalt ausgelöst. Inzwischen haben mehr als 80 Frauen Weinstein sexuelle Vergehen vorgeworfen.
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