Benny Gantz bei einer Wahlkampfveranstaltung in Tel Aviv
Porträt

Wahl-Herausforderer Gantz Der Anti-Netanyahu

Stand: 17.09.2019 09:59 Uhr

Herausforderer Gantz hat im israelischen Wahlkampf auf Zurückhaltung gesetzt und sich so als Anti-Netanyahu inszeniert. Und dabei hat er so manches Fettnäpfchen mitgenommen.

Eine Wahlkampfveranstaltung im Norden von Tel Aviv: Benny Gantz läuft durch die Menge in Richtung Bühne. Er schüttelt viele Hände. Aber so richtig laut und euphorisch wird es nicht. Gantz wirkt etwas müde.

Die Moderatorin fragt, was viele Wählerinnen und Wähler umtreibt: Ob er das alles wirklich wolle. Den Wahlkampf und später das Amt des Premierministers von Israel. Denn Gantz, so sehen es viele Israelis, führt einen recht leisen Wahlkampf. "Ich will das, weil ich weiß, dass ich es machen muss. Glauben Sie mir: Das macht mir keinen Spaß", erklärt er. Es macht ihm keinen Spaß? Gantz muss sich korrigieren. Doch, es mache Spaß, ergänzt er nun.

Es ist nicht der erste verbale Ausrutscher von Gantz. Im März stammelte er in einem Interview immer wieder den Namen einer Moderatorin. Im August fiel ihm vor laufender Kamera nicht der Nachname eines 18-jährigen Israelis ein, der gerade im Westjordanland von Palästinensern getötet wurde.

Benny Gantz bei einer Wahlkampfveranstaltung in Yasud HaMaala, im Norden von Israel

Gantz bei einer Wahlkampfveranstaltung in Yasud HaMaala

Gantz keilt nur selten zurück

Es sind Kleinigkeiten, die nichts mit Inhalten zu tun haben. Doch den Gegnern von Gantz, allen voran Premier Benjamin Netanyahu, bieten sie eine Angriffsfläche. Denn Gantz, der frühere Chef der israelischen Armee, keilt nur selten zurück. Er setzt ganz bewusst auf Zurückhaltung und inszeniert sich so als Anti-Netanyahu.

"Ihr hört mich nicht fluchen oder pöbeln", sagte er im israelischen Fernsehen. "Der Staat Israel bekommt mit mir jemanden, der mit den Menschen auf Augenhöhe spricht, sich die Probleme anhört, wirklich zuhört. Und der sich nicht jeden Tag mit irgendwelchen Tatsachenverdrehungen beschäftigt."

Netanyahu, so sieht es Gantz, sei wegen der Korruptionsvorwürfe vor allem mit sich selbst beschäftigt. Ihm gehe es längst nicht mehr um die Bürgerinnen und Bürger des Landes. Viele Israelis sehen es genauso.

Für welche Politik steht Gantz?

Eigentlich ist das eine große Chance für Gantz. Doch welche Politik der 60-Jährige als Premierminister umsetzen würde, ist gar nicht so klar. Er setzt einerseits auf ein liberales, säkulares Israel und auf Respekt gegenüber den arabischen Israelis.

Bei anderen Themen aber gibt er den Hardliner. Er fordert ein härteres Vorgehen gegen die Hamas im Gazastreifen. Kürzlich reklamierte er, als Netanyahu ankündigte, das besetzte Jordantal annektieren zu wollen: Die Idee habe Netanyahu von ihm geklaut.

Benjamin Netanyahu präsentiert die Pläne zur Annexion des Jordantals

Für seine Pläne, das Jordantal annektieren zu wollen, erntete Netanyahu weltweit Kritik. (Archiv)

Nur schwer einzuordnen

Gantz lässt sich nur schwer in ein politisches Lager einordnen. Damit soll er für möglichst viele Israelis wählbar werden. Doch jene Wählerinnen und Wähler, die klare politische Kante fordern, frustriert dieser Kurs. Der Kandidat jedenfalls gibt sich optimistisch: "Blau-Weiß wird die Wahl gewinnen. Wir werden die stärkste Kraft, um die sich eine Koalition bilden wird."

Blau-Weiß, das Wahlbündnis von Gantz und dessen Mitstreitern, liegt laut Umfragen ungefähr gleichauf mit der Likud-Partei von Netanyahu. Israelis, die es mit Gantz gut meinen, vergleichen ihn übrigens mit dem früheren Premierminister Yitzhak Rabin. Auch Rabin war einmal Armeechef. Auch er wirkte auf Bühnen und vor Kameras manchmal etwas hölzern. Dennoch wurde Rabin Premierminister.

Benjamin Hammer, Benjamin Hammer, ARD Tel Aviv, 13.09.2019 09:34 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 13. September 2019 um 07:44 Uhr.